Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bei gleicher Erziehungsgeeignetheit. Elterliche Sorge: Kindeswohlabwägung bei begehrter Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für ein 4 1/2-jähriges Kind auf den Kindesvater
Leitsatz (amtlich)
Sind beide Eltern in gleicher Weise erziehungsfähig und besteht zu beiden Eltern eine gute Bindung des Kindes und hat das Kind keinerlei Präferenzen für den einen oder anderen Elternteil gezeigt und sind auch beide Eltern in der Lage, die künftige schulische Entwicklung des Kindes angemessen zu fördern, so kann für die Frage, auf wen das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ein 4 ½ Jahre altes Kind zu übertragen ist, von entscheidender Bedeutung sein, dass jedenfalls zur Zeit die Mutter nicht auf eine Fremdbetreuung angewiesen ist, da sie nach der Geburt eines zweiten Kindes jedenfalls zunächst zuhause bleibt, während der Vater während seiner Kernarbeitszeiten von 9.00 bis 16.00 Uhr das Kind fremd betreuen lassen muss und das Kind bereits eine Bindung zu seiner kleinen Halbschwester aufgebaut hat, so dass es kindeswohldienlich erscheint, wenn das Kind bei einem Aufenthalt bei der Mutter mit seiner Halbschwester aufwachsen kann.
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 03.07.2009; Aktenzeichen 44 F 29/08) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bonn vom 3.7.2009 - 44 F 29/08 - wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das AG das Aufenthaltsbestimmungsrecht für G., der jetzt ca. 4 ½-jährigen gemeinsamen Tochter der Parteien, auf die Mutter, die Antragsgegnerin übertragen.
Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf die überzeugenden Ausführungen des AG. Die mit der Beschwerde vorgebrachten Einwendungen des Antragstellers führen nicht zu einem anderen Ergebnis.
Auch der Senat ist der Meinung, dass es jedenfalls zur Zeit dem Wohl des Kindes am besten entspricht, wenn es seinen ständigen Aufenthaltsort bei der Mutter nimmt.
Es kann hier dahinstehen, wie das bislang im Rahmen eines Zwischenvergleichs gelebte Wechselmodell - 1 Woche beim Vater in C. und 1 Woche bei der Mutter in G. - dem Kind bekommen ist. Fest steht aber, dass dieses Wechselmodell spätestens mit der Einschulung des Kindes nicht mehr praktiziert werden kann. Das Kind wird aber schon in ca. 1 1/2 Jahren 6 Jahre alt und es erscheint sinnvoll, das Wechselmodell geraume Zeit vor der Einschulung zu beenden, damit das Kind nicht zwei einschneidende Veränderungen seiner Lebensumstände gleichzeitig verarbeiten muss. Deshalb erscheint die Beendigung des Wechselmodells nunmehr angebracht.
Die Sachverständige hat ausführlich dargelegt, dass beide Eltern in gleicher Weise erziehungsfähig sind und zu beiden Eltern eine gute Bindung des Kindes besteht und das Kind keinerlei Präferenzen gezeigt hat.
Grundsätzlich sind auch beide Eltern in der Lage, die schulische Entwicklung des Kindes angemessen zu fördern.
Ebenso wenig wie das AG hält es der Senat für entscheidend, dass die deutsche Sprache dem Kind besser von dem Vater vermittelt werden kann als von der Mutter. Denn diese Sprachförderung braucht nicht unbedingt von den Eltern persönlich geleistet zu werden. Demgegenüber stellt es allerdings einen unbestreitbaren Vorteil dar, dass das Kind bei der Mutter mehrsprachig aufwachsen kann.
Gleichwohl gibt es Gesichtspunkte, die entscheidend für einen Aufenthalt des Kindes bei der Mutter sprechen.
Dies ist zum Einen der Umstand, dass jedenfalls zur Zeit die Mutter nicht auf eine Fremdbetreuung angewiesen ist, da sie nach der Geburt des zweiten Kindes jedenfalls zunächst zuhause bleibt, während der Vater während seiner Kernarbeitszeiten von 9.00 bis 16.00 Uhr das Kind fremd betreuen lassen muss.
Auch die Befürchtung des Vaters, die Mutter werde wegen auswärtiger Engagements ihres Partners häufig umziehen müssen, hat sich jedenfalls zur Zeit nicht konkretisiert, nachdem der Partner ein längerfristiges Engagement in G. angenommen hat. Engagements an anderen Orten für Einzelvorstellungen stehen dem nicht entgegen.
Zum Anderen hat G. nach den Feststellungen der Sachverständigen bereits eine Bindung zu ihrer kleinen Halbschwester aufgebaut, so dass bei einem Aufenthalt bei der Mutter G. mit ihrer Halbschwester aufwachsen kann.
Zwar beabsichtigt der Vater, mit seiner Lebensgefährtin und deren beiden älteren Kindern zusammenzuziehen, also auch wieder eine neue "Familie" zu gründen. Wenn aber die Mutter erziehungsfähig ist und gute Bindungen zur Mutter und der Halbschwester bestehen, so wie es hier der Fall ist, dürfte ein Aufwachsen bei der Mutter mit der Halbschwester den emotionalen Bedürfnissen des Kindes eher entsprechen als ein Aufwachsen mit der neuen Stieffamilie.
Hinsichtlich der vom Vater beklagten mangelnden Bindungstoleranz der Mutter, die dies bestreitet, muss die weitere Entwicklung abgewartet werden, da vielfach die unklare La...