Leitsatz (amtlich)

1) Wird ein WEG-Verfahren dadurch nicht weiterbetrieben, daß der vom Gericht angeforderte Kostenvorschuß nicht bezahlt wird, so ist der Antrag nicht wegen mangelnder Förderung des Verfahrens zurückzuweisen, das Verfahren ruht vielmehr.

2) Auch wenn im WEG-Verfahren der Grundsatz der Amtsermittlung gilt, kann ein Eigentümer sich nicht damit begnügen, die Jahresrechnung schlechthin anzufechten, ohne die Positionen, die er im einzelnen beanstandet, und den Grund der Beanstandung namhaft zu machen. Das gilt auch dann, wenn die Hausverwaltung ihm – zu Unrecht – die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen verweigert.

 

Normenkette

FGG § 12

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 27.07.1995; Aktenzeichen 29 T 128/94)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers vom 20.09.1995 wird der Beschluß der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27.07.1995 – 29 T 128/94 – unter Zurückweisung des weiteren Rechtsmittels teilweise abgeändert. Der Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft R.weg 2-12 vom 03.04.1992 zu Tagesordnungspunkt 8 wird für ungültig erklärt. Die Gerichtskosten aller Rechtszüge werden dem Antragsteller zu 9/10, den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern zu 1/10 auferlegt. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG, 20, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässig, hat aber in der Sache nur zum Teil Erfolg.

Das Rechtsmittel des Antragstellers hat nicht insgesamt deshalb Erfolg, weil das Ruhen des Verfahrens hätte angeordnet werden müssen.

Der Senat hat in seinem Beschluß vom 27.01.1995 – 16 Wx 170/94 – ausgeführt, daß nach Anforderung eines Kostenvorschusses nach § 8 Abs. 1 KostO ein Antrag nicht wegen Nichtzahlung des Vorschusses zurückgewiesen werden darf, sondern daß das Ruhen des Verfahrens angeordnet werden muß. Aus § 8 Abs. 2 S. 1 KostO ergibt sich nämlich nicht, daß ein Antrag zurückzuweisen ist, wenn der Vorschuß nicht gezahlt wird, sondern daß das beantragte Geschäft unterbleibt, also das Verfahren solange ruht, wie der Vorschuß nicht gezahlt ist (vgl. BVerfGE 10, 264, 269; BayObLGZ 1971, 289, 292).

Dies kann jedoch nur dann gelten, wenn überhaupt ein Vorschuß angefordert wurde. Dies ist vorliegend offenbar nicht der Fall; eine Anforderung ist in den Akten nicht vermerkt.

Entgegen der Auffassung des Amts- und Landgerichtes kann dem Antragsteller nach dem Vorstehenden mangelnde Förderung des Verfahrens wegen Nichtzahlung des Auslagenvorschusses nicht zur Last gelegt werden. Eine solche dürfte überdies nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzinteresses, sondern unter dem der Verwirkung relevant sein. Ein gerechtfertigtes Interesse an der Entscheidung über eine Beschlußanfechtung kann solange nicht verneint werden, wie der angefochtene Beschluß die Rechtsstellung des Anfechtenden berührt, unabhängig von der Frage, ob dieser das beantragte Verfahren fördert.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 03.04.1992 zu Tagesordnungspunkt (TOP) 2 und 6 nicht beanstandet.

Die Anfechtung des Beschlusses zu TOP 2 betreffend die Genehmigung der Jahresabrechnung für 1991 und die Entlastung der Verwalterin bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Auffassung vertreten, daß der Antragsteller konkret darlegen muß, wogegen er sich wendet.

Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt nach § 12 FGG der Grundsatz der Amtsermittlung; das Gericht hat danach bei der Feststellung des Sachverhaltes von Amts wegen die Wahrheit zu ermitteln. In den Antragsverfahren trifft die Beteiligten jedoch eine gewisse Darlegungslast; es obliegt ihnen, durch Vorbringen des ihnen bekannten Sachverhaltes und Angabe der Beweismittel dem Gericht Anhaltspunkte dafür zu liefern, in welche Richtungen es seine Ermittlungen ansetzen kann (vgl. Bumiller/Winkler, 6. Aufl. 1995, § 12, Anm. 1 m.w.Nw.).

Dieser Verpflichtung ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Bei einem komplexen Rechenwerk wie einer Jahresabrechnung müssen die beanstandeten Streitpunkte konkret bezeichnet werden, damit das Gericht einen Ansatzpunkt für seine Prüfung hat. Keinesfalls kann es dem Gericht überlassen bleiben, ohne weitere Eingrenzung des entscheidungserheblichen Streitstoffes durch den Antragsteller etwa das gesamte Rechenwerk zu überprüfen.

Wenn dem Wohnungseigentümer die Einsicht in die Abrechnungen, auf die er einen Anspruch hat, seitens der Hausverwalterin versagt wird, darf er sich nicht auf die Anfechtung der Beschlüsse beschränken, durch die die Jahresabrechnung genehmigt und der Hausverwalterin Entlastung erteilt wird, sondern er muß diese auf Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen in Anspruch nehmen und seinen Anspruch gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht auch den Antrag auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens bezüglich der Anfechtung des Beschlusses zu TOP 6 ...

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