Leitsatz (amtlich)
Beantragt ein Rechtsanwalt Akteneinsicht, und wird die Akte deshalb vom aktenführenden Gericht durch einen Kurierdienst zu einem anderen Gericht transportiert, wo der Rechtsanwalt sein Fach hat, fällt die Versendungspauschale nach Nr. 9003 Nr. 1 KV-GKG an.
Normenkette
GKG § 17 Abs. 2, § 28 Abs. 2; KV-GKG Nr. 9003 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 07.11.2008; Aktenzeichen 9 T 138/08) |
AG Bergisch Gladbach (Aktenzeichen 68 C 217/06) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Rechtsmittelführer ist Rechtsanwalt und zum Abwickler der Kanzlei des Rechtsanwaltes C. in L. bestimmt. In dieser Eigenschaft beantragte er beim AG D. Einsicht in die zugrunde liegende Akte, was antragsgemäß gewährt wurde. Die Akte des AG wurde zu diesem Zweck zum LG L. transportiert und dort in das Fach des Antragstellers eingelegt. Für diese Leistung fordert das AG vom Rechtsmittelführer die Zahlung einer Auslagenpauschale i.H.v. 12 EUR gem. Nr. 9003 KV-GKG.
Dieser vertritt die Ansicht, es liege keine "Versendung" vor, wenn die Akte in ein nahe gelegenes Gericht gebracht und dort in das Fach des Rechtsanwaltes zur Abholung eingelegt werde. Hierzu beruft er sich auf eine Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein. Es sei nicht einzusehen, dass für einen Vorgang wie den zugrunde liegenden 12 EUR "kassiert" würden. Vor Anwendung von Nr. 9003 KV-GKG sei in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen, ob besondere Aufwendungen entstanden seien. Eine andere Auslegung der genannten Gebührenvorschrift führe zu einer verfassungswidrigen Bereicherung der Staatskasse zu Lasten des Bürgers.
Der Bezirksrevisor verweist darauf, dass auf Grund des neuen Dienstleistungsvertrages zwischen der L.-er Anwaltsverein Service GmbH und dem LG L. die Justizverwaltung für den Transport der Dienstpost zwischen dem LG und den AG des Bezirks entgeltpflichtig sei. Die Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein stehe der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen, da dort ein entgeltfreier Transport ins lediglich ein paar Hundert Meter vom ArbG entfernte Fach des Anwaltes beim LG bewerkstelligt worden sei.
Das AG D. hat die Erinnerung mit Beschluss vom 7.8.2008 zurückgewiesen und wegen grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde zugelassen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass infolge des Dienstleistungsvertrages Kosten entstanden seien und von daher die Pauschale von 12 EUR erhoben werden dürfe.
Das LG hat die Beschwerde des Antragstellers mit Beschluss vom 7.11.2008 zurückgewiesen und wegen grundsätzlicher Bedeutung die weitere Beschwerde zugelassen. Es hat entscheidend darauf abgestellt, dass nach Nr. 9003 KV-GKG der Zusatzaufwand, der mit einer Aktenversendung verbunden sei, pauschal abgegolten werden solle, und zwar unabhängig vom Umfang der zu versendenden Akten und der Art und Weise der Versendung.
Hiergegen richtet sich der Antragsteller mit seiner weiteren Beschwerde. Das LG hat dieser nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die weitere Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG zulässig, da sie vom LG, das als Beschwerdegericht entschieden hat, wegen grundsätzlicher Bedeutung der Entscheidung zugelassen wurde. Sie hat in der Sache selbst jedoch keinen Erfolg, da dem LG eine Rechtsverletzung, § 66 Abs. 4 Satz 2 GKG, § 546 ZPO, nicht vorzuwerfen ist. Es hat Nr. 9003 Nr. 1 KV-GKG richtig angewendet, so dass der Antragsteller gem. §§ 17 Abs. 2, 28 Abs. 2 GKG zur Zahlung der geforderten 12 EUR verpflichtet ist.
1. Das Tatbestandsmerkmal der "Versendung" ist erfüllt. Von einer Versendung der Akten ist nach allgemeiner Ansicht u.a. dann auszugehen, wenn auf Antrag eines Prozessbeteiligten die Akten vom aktenführenden Gericht an ein anderes verbracht werden, bei dem der antragstellende Rechtsanwalt sein Gerichtsfach hat und wo er die Akte abzuholen gedenkt. Nach nahezu einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur ist vom Antragsteller in einem solchen Fall der in Nr. 9003 Nr. 1 KV-GKG vorgesehene Pauschalbetrag von 12 EUR zu entrichten (LG Detmold NJW 1995, 2801; LG Frankenthal NJW 1995, 2801; AG Ahaus AnwBl. 1995, 154; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., Nr. 9003 KV-GKG Rz. 2; Meyer, Gerichtskostengesetz, 8. Aufl., Nr. 9003 KV-GKG Rz. 42; Notthoff AnwBl. 1995, 538, 540; Zimmermann, in: Binz/Dorndörfer/Petzold/Zimmermann, GKG-JVEG, Nr. 9003 KV-GKG Rz. 4). Damit soll der durch die Aktenversendung entstehende zusätzliche Aufwand an Kosten abgegolten werden, und zwar gerade ohne dass im Einzelfall zu prüfen ist, ob der Pauschalbetrag kostendeckend ist oder nicht.
Erfasst werden diejenigen Zusatzkosten, die etwa für Porto, Verpackung, das Anlegen eines Retents, das Versehen der Akte mit einem Begleitschreiben, das Überwachen der Aktenrückführung sowie Transportkosten entstehen. Nach der amtlichen Begründung für die Einführung der in Rede stehenden Vorschrift (BT-Ds 12/6962, S. 87 f.) ist kein Grund dafür ersichtlich, Aufwendungen, die durch eine solc...