Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 5 AR 56/00) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) bis 4) wird unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Bonn vom 12.2.2001 – 5 AR 56/00 – das Ablehnungsgesuch vom 4.12.2001 gegen den Richter am Amtsgericht Dr. P. für begründet erklärt.
Gründe
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
1.
Das am 8.12.2000 eingegangene Ablehnungsgesuch ist zulässig. Die Beschwerdeführer sind mit ihren Ablehnungsgründen jedenfalls nicht vollständig ausgeschlossen.
Zwar haben die Beteiligten zu 2) – 4) mit dem Schriftsatz vom 21.10.00 einen Antrag im Sinne des § 43 ZPO gestellt, so dass für bereits bis dahin entstandene und bekannte Ablehnungsgründe das Ablehnungsrecht verloren gegangen ist. Gleichwohl sind die Beteiligten zu 2) – 4) bis zur landgerichtlichen Entscheidung vom 12.2.2001 nicht mit ihren Ablehnungsgründen ausgeschlossen, da sie ihre Ablehnung des zuständigen Vormundschaftsrichters auf einen „Gesamttatbestand” der Voreingenommenheit und Parteilichkeit stützen, der sich aus ihrer Sicht als „innerlich zusammenhängende Kette von Verfahrensverstößen” darstellt (so Schriftsatz v. 4.12.2000, S. 2). Ihr Gesuch wird abweichend von der Ansicht des Landgerichts nicht auf einzelne isolierte Ablehnungsgründe, die zeitlich vor dem 25.10.2000 liegen, gestützt, sondern führt zur Begründung eine insgesamt voreingenommene und parteiliche Haltung des zuständigen Richters an. Demnach kann auf der Grundlage dieses Vorbringens als weiteres Indiz für diese Haltung des Richters Form und Inhalt des Beschlusses v. 4.12.2000 herangezogen werden. Dieses Verständnis des Ablehnungsgesuchs wird u.a. deutlich durch den innerhalb einer Frist zur Stellungnahme eingereichten Schriftsatz vom 1.1.2001, in dem ausdrücklich zur weiteren Begründung auf den Beschluss vom 4.12.2000 verwiesen wird. Demnach ist die (spätere) Ergänzung des Ablehnungsgesuchs hier als zulässig, nämlich als letzten „Teilakt” eines Gesamtgeschehens (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 43 Rz. 8) zu sehen.
Sieht man hingegen – wie das Landgericht – die von den Antragstellern aufgeführten Umstände als einzelne, isolierte Ablehnungsgründe an, die – folgerichtig – durch die Antragstellung vom 25.10.2000 ausgeschlossen wären, soweit sie zeitlich davor liegen, gelangt man gleichwohl zu demselben Ergebnis, da in diesem Fall im Schriftsatz vom 1.1.2001 ein neuer Ablehnungsantrag zu sehen wäre, der nunmehr auf den Beschluß v. 4.12.2000 gestützt würde. Über diesen (neuen) Antrag hat das Landgericht konkludent durch seine Hilfserwägungen zur Unbegründetheit des Gesuchs ablehnend entschieden (s. S. 6 ff des angegriffenen Beschlusses).
2.
Das Ablehnungsgesuch ist begründet.
Wegen Besorgnis der Befangenheit hat eine Ablehnung Erfolg, wenn Gründe vorliegen, die aus der Sicht einer Partei oder eines Beteiligten geeignet sind, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, § 42 II ZPO. Hierbei kommen nur solche Gründe in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtungsweise die Befürchtung erwecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber, wobei hierzu die Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei zu Grunde zu legen ist (vgl. Zöller/Vollkommer, aaO., § 42, Rz. 9 m.w.N.).
Ebenso wie das Landgericht geht der Senat davon aus, dass der Richter am Amtsgericht Dr. P. tatsächlich nicht befangen ist. Seine Sachbehandlung des vorliegenden Verfahrens läßt dies zweifelsfrei erkennen. Auch die von den Verfahrensbeteiligten zu 2) – 4) gerügten Verfahrensfehler vermögen ihr Ablehnungsgesuch nicht zu begründen, wobei die Frage, ob tatsächlich Verfahrensverstöße vorliegen, an dieser Stelle nicht zu klären ist. Denn – unterstellte – Verfahrensfehler sind grundsätzlich nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. beispielsweise MünchKomm/Feiber, ZPO, § 42 Rz. 28; OLG München v. 16.1.1995, OLGR 95, 107).
Entscheidend ist jedoch, dass aus der Sicht der Ablehnenden objektive Gründe vorliegen, die auch nach Meinung einer vernünftig denkenden Partei Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters aufkommen lassen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Beteiligten zu 2) – 4) aufgrund der Formuliereungen in der Begründung des Beschlusses vom 4.12.2000 Anlaß haben, an der Unparteilichkeit des Vormundschaftsrichters zu zweifeln. So wird in diesem Beschluß auf S. 3 festgestellt, „dass eine Zeugenvernehmung den Verdacht sexuellen Fehlverhaltens (zulasten des Vaters der Betroffenen) ergeben dürfte” und der Vater danach „die nötige Distanz zur der Betreuten hätte fehlen lassen”. Dadurch entsteht für beteiligte Dritte der Eindruck, der Vormundschaftsrichter sei bereits davon überzeugt, der Vater der Betroffenen, der Beteiligte zu 2), habe sich eines sexuellen Fehlverhaltens schuldig gemacht, obwohl zum damaligen Zeitpunkt der Ausgang des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens völlig offen war und eine Einstellung, wie si...