Leitsatz (amtlich)
Die Anhörung des Betreuten vor der Betreuerbestellung lediglich durch einen ersuchten Richter ist nicht grundsätzlich verboten. Sie darf von dem ersuchten Gericht daher nur verweigert werden, wenn das Rechtshilfeersuchen offensichtlich rechtsmissbräuchlich ist.
Normenkette
GVG § 158 Abs. 2
Tenor
Das AG Wermelskirchen hat dem Rechtshilfeersuchen vom 1.4.2003 zu entsprechen.
Gründe
Auf die zulässige Vorlage war gem. § 2 FGG i.V.m. § 159 Abs. 2 GVG auszusprechen, dass das AG Wermelskirchen verpflichtet ist, dem Rechtshilfeersuchen auf Anhörung der Betroffenen Folge zu leisten.
Der Senat teilt die Auffassung des AG Wermelskirchen, dass die Voraussetzungen für eine gem. § 68 Abs. 1 S. 4 FGG nur ausnahmsweise zulässige Anhörung der Betroffenen durch den ersuchten Richter nach Aktenlage ersichtlich nicht vorliegen. Davon zu trennen ist indes die Frage, ob das ersuchte Gericht eine im Wege der Rechtshilfe nachgesuchte Anhörung ablehnen darf. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Ein Rechtshilfeersuchen darf nach § 2 FGG i.V.m. § 158 Abs. 2 S. 1 GVG nur abgelehnt werden, wenn die vorzunehmende Handlung verboten ist, wenn also das ersuchte Gericht die Anhörung der Betroffenen im Rahmen des Betreuungsverfahrens nicht vornehmen darf. Dies wiederum ist nur dann der Fall, wenn die Handlung in dem betreffenden Verfahren allgemein und nicht nur in der konkreten Verfahrenslage verboten ist. Das ersuchte Gericht ist deshalb nicht befugt zu prüfen, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Vornahme der erbetenen Handlung im konkreten Einzelfall vorliegen (vgl. z.B. BayObLG v. 27.5.1992 – 2 W 41/92, MDR 1992, 970 = FamRZ 1993, 450 = BayObLG 1992, 271; Keidel/Kayser, FGG 15. Aufl., § 68 Rz. 10 m.w.N.).
Anders als etwa bei Entscheidungen nach § 69d Abs. 3 FGG, bei denen eine Anhörung durch den ersuchten Richter kraft Gesetzes ausgeschlossen ist (§ 69d Abs. 3 S. 1, 2 FGG), ist indes bei der Anhörung vor einer Betreuerbestellung – wie § 68 Abs. 1 S. 4 FGG zeigt – eine solche durch den ersuchten Richter nicht allgemein verboten. Dass hierfür im konkreten Fall die Voraussetzungen nicht vorliegen, rechtfertigt daher eine Ablehnung des Ersuchens grundsätzlich nicht (vgl. BayObLG v. 27.5.1992 – 2 W 41/92, MDR 1992, 970 = FamRZ 1993, 450 = BayObLG 1992, 271; Keidel/Kayser, FGG 15. Aufl., § 68 Rz. 10 m.w.N.).
Dahingestellt bleiben kann es, ob etwas anderes dann gilt, wenn ein Rechtshilfeersuchen auf Anhörung eines Betroffenen offensichtlich rechtsmissbräuchlich ist (so OLG Schleswig, FamRZ 1995, 1596, abl. Keidel/Kayser, FGG 15. Aufl., § 68 Rz. 10 m.w.N.), da sich hierzu Feststellungen nicht treffen lassen. Alleine der zu missbilligende Umstand, dass das Ersuchen in einem Formular enthalten ist, das primär ein Ersuchen um Übernahme des Verfahrens enthält, und bedingt ist für den Fall der fehlenden Übernahmebereitschaft, rechtfertigt noch nicht die Annahme eines Rechtsmissbrauchs.
Dr. Schuschke Appel-Hamm Jennissen
Fundstellen
Haufe-Index 1107484 |
FamRZ 2004, 818 |
www.judicialis.de 2003 |