Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Nichtigkeit von Eheverträgen
Leitsatz (amtlich)
Schließen die Eheleute nach ihrer Trennung, vor Einleitung des Scheidungsverfahrens einen notariellen Ehevertrag, in welchem der Versorgungsausgleich ausgeschlossen und Gütertrennung vereinbart, andererseits aber eine längerfristige Regelung zum Betreuungsunterhalt getroffen wird, und ist nicht festzustellen, dass bei Abschluss der Vertrages eine Unerfahrenheit einer der vertragsschließenden Parteien bzw. deren Zwangslage ausgenutzt wurde, reicht es zur Annahme der Sittenwidrigkeit nicht aus, dass die ehevertragliche Regelung einseitig belastend ist.
Normenkette
BGB §§ 138, 242
Verfahrensgang
AG Eschweiler (Beschluss vom 01.07.2009; Aktenzeichen 13 F 44/09) |
Tenor
Die als sofortige Beschwerde zu wertende "Beschwerde" der Antragstellerin vom 1.7.2009 (Blatt 73 GA) gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Eschweiler vom 27.5.2009 - 13 F 44/09 - (Blatt 68 bis 69 GA), mit welchem der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen worden ist, wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige - insbesondere fristgerecht eingelegte - als sofortige Beschwerde zu wertende "Beschwerde" der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Stufenklage zurückgewiesen, da dieser die notwendige hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO) fehlt.
Mit dem Familiengericht ist der Senat der Überzeugung, dass eine Auskunftspflicht des Antragsgegners nach § 1560 BGB nicht besteht, da die Antragstellerin keinen Anspruch auf einen höheren Unterhalt als in der notariellen Vereinbarung vom 8.10.2002 zu UR.-Nr. XXXX/2002 B des Notars Dr. K. L. in T. vereinbart hat. Der vorgenannte Vertrag (vgl. Blatt 9 bis 25 GA) stellt eine abschließende Regelung zum nachehelichen Unterhalt dar, die auch einer Inhaltskontrolle gem. §§ 138, 242 BGB standhält.
Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird zunächst auf die überzeugenden Ausführungen des Familiengerichts in seinen Beschlüssen vom 27.5.2009 (Blatt 68 bis 69 GA) und vom 17.8.2009 (Blatt 95 bis 96 R GA) verwiesen. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin ist den Ausführungen des Familiengerichts in den vorgenannten Beschlüssen nur Folgendes hinzuzufügen:
Unter Berücksichtigung der vom BGH aufgestellten Grundsätze zur Nichtigkeit von Eheverträgen (vgl. hierzu u.a. BGH FamRZ 2005, 691 bis 693) kann nach Auffassung des Senates nicht davon ausgegangen werden, dass der vorliegend von der Antragstellerin angegriffene notarielle Ehevertrag zwischen den Parteien unwirksam ist. Weder eine Inhalts- noch eine Ausübungskontrolle rechtfertigt die Annahme, dass der vorgenannte Ehevertrag nach § 138 BGB sittenwidrig bzw. das sich Berufen auf diesen Vertrag durch den Antragsgegner rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) ist. Grundsätzlich sind Eheleute im Rahmen der für das Zivilrecht geltenden Vertragsfreiheit frei, Eheverträge abzuschließen, die auch für einen Vertragsteil einseitig belastend sind. Jedoch darf diese grundsätzliche Disponibilität auch der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das kann dann der Fall sein, wenn durch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse eine nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten wiegen dabei um so schwerer und die Belange des anderen Ehegatten bedürfen umso genauerer Prüfung, je unmittelbarer die Vereinbarung der Ehegatten über die Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle ist zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkung auf die Ehegatten und auf die eventuell vorhandenen Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begüns...