Leitsatz (amtlich)
1) Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit müssen Entscheidungen, die in die Rechtsstellung eines Beteiligten eingreifen und nicht dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten entsprechen, begründet werden. Dies galt schon vor Inkrafttreten des FamFG und folgt jetzt aus § 38 Abs. 3 und 4 FamFG.
2) Diesem Begründungserfordernis genügt es nicht, wenn der Richter des Nachlassgerichts den Rechtspfleger durch eine nicht mit einer Begründung versehenen Verfügung anweist, die Nachlasspflegschaft anzuordnen und der Rechtspfleger diese Anordnung dann nur damit begründet, dass er auf Anweisung des Richters handele.
Normenkette
GG Art. 3, 20 Abs. 1; FamFG § 38 Abs. 3-4; BGB § 1960; FGG-RG Art. 111 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Köln (Beschluss vom 21.09.2010; Aktenzeichen 33 VI 523/09) |
Tenor
Der Beschluss der Rechtspflegerin des AG Köln vom 21.9.2010 - 33 VI 523/09 - wird aufgehoben, soweit darin die Vorlage der Sache an das OLG Köln angeordnet worden ist. Die Sache wird an das AG Köln zurückgegeben. Eine weitere Entscheidung des OLG in der Sache ergeht nicht.
Gerichtskosten des Verfahrens vor dem OLG Köln werden nicht erhoben.
Gründe
1. Am 23.11.2008 verstarb der Erblasser F. I. (im Folgenden: Erblasser). Mit einem undatiertem Schriftsatz, der am 10.7.2009 bei dem AG Köln eingegangen ist, haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligte zu 1) in deren Namen die Erteilung eines Erbscheins beantragt, welcher sie als alleinige (gesetzliche) Erbin des Erblassers ausweist. Dieser Schriftsatz enthält auch die Bitte "um Überprüfung, ob die Nachlasspflegschaft angeordnet werden soll". Mit Verfügung vom 5.8.2009, die den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) und 2) mit abweichendem Datum, nämlich als Verfügung vom 6.8.2009, zur Kenntnis gebracht worden ist, hat der Richter des AG angekündigt, das Gericht beabsichtige, einen Nachlasspfleger zu bestellen. Dieser Ankündigung sind die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2), der Ehefrau des Erblassers, mit Schriftsatz vom 10.8.2009 entgegen getreten.
Am 17.8.2009 ist im Notariat Waiblingen III - unter Urkundenrolle III UR 674/2009 - ein (weiterer) Antrag der Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Erbscheins beurkundet worden, nach dessen Inhalt der Erblasser "in Ermangelung einer rechtswirksamen Verfügung von Todes wegen" von der Beteiligten zu 1) als seiner Tochter und von der Beteiligten zu 2) als seiner Witwe zu je ½-Anteil beerbt worden sei. Eine unter dem 17.8.2009 gefertigte Ausfertigung dieser Urkunde hat der Notarvertreter mit Schreiben vom selben Tage dem AG Köln übersandt. Dieses Schreiben und die Ausfertigung sind bei dem AG Köln eingegangen; wann dies geschehen ist, ergibt sich aus der Akte nicht, weil es das AG versäumt hat, einen Eingangsvermerk anzubringen.
Nachdem die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) mit einem am 5.10.2009 bei dem AG eingegangenen Schriftsatz vom 30.9.2009 u.a. ausgeführt hatten, die Bestellung eines Nachlasspflegers sei unbedingt geboten, und nachdem die Beteiligte zu 2) am 20.10.2009 zu Protokoll der Rechtspflegerin des AG einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gestellt hatte, der sie, die Beteiligte zu 2) als (testamentarische) Alleinerbin des Erblassers ausweist, hat die Rechtspflegerin die Akte dem Abteilungsrichter des AG am 21.10.2009 mit der Frage vorgelegt: "Soll nach eine Nachlasspflegschaft angeordnet werden ... oder kann davon abgesehen werden?".
Auf der Rückseite des Protokolls vom 20.10.2009 (Bl. 76 R) findet sich sodann eine unter dem Datum "22/10" erstellte, paraphierte, mutmaßlich von der Hand des Abteilungsrichters des AG stammende Verfügung. Ziff. 1a) dieser Verfügung ist ein Vermerk. Er hat folgenden Wortlaut:
"Vermerk: Anruf RAin S.. Sie erklärt erneut, eine NL-Pflegschaft sei unumgänglich".
Ziff. 1 des Vermerks besteht aus folgendem Text:
"1) Frau RPfl. bitte NL-Pflegsch. ohne Erbenermittlung"
Durch Beschl. v. 27.10.2009 - 33 VI 523/09 - hat die Rechtspflegerin die Nachlasspflegschaft angeordnet und den Beteiligten zu 3) zum Nachlasspfleger mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses bestellt. Die Gründe des Beschlusses vom 27.10.2009 bestehen nur aus einem Satz. Er lautet:
"Die Einrichtung der Nachlasspflegschaft erfolgte aufgrund richterlicher Anordnung".
Der Beschluss vom 27.10.2009 ist den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) nach der Angabe ihres entsprechenden Empfangsbekenntnisses am 5.11.2009 zugestellt worden. Bereits mit Schriftsatz vom 31.10.2009, der am Tage seiner Abfassung per Telefax bei dem AG eingereicht worden ist, haben sie namens der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss vom 27.10.2009 "Erinnerung, hilfsweise Beschwerde" eingelegt und beantragt, die Nachlasspflegschaft aufzuheben.
Mit einem Schreiben des AG vom 7.9.2010, welches den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) - soweit ersichtlich - von dem AG nicht zur Kenntnis gebracht worden ist, ist den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) aufgrund einer V...