Leitsatz (amtlich)

Ein selbständiges Beweisverfahren kann auch zur Feststellung der Erfolgsaussicht einer künstlichen Befruchtung im Rahmen einer privaten Krankenversicherung durchgeführt werden.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 16.08.2010; Aktenzeichen 23 OH 3/10)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 23. Zivilkammer des LG Köln - 23 OH 3/10 - vom 16.8.2010 aufgehoben.

Es soll im Wege des selbständigen Beweisverfahrens durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens Beweis erhoben werden über folgende Frage:

Bestand bei der Antragstellerin zu Beginn der im Oktober 2008, im März 2009 und im Oktober 2009 durchgeführten IVF-/ISCI-Behandlungen unter Berücksichtigung allgemeiner wie individueller Faktoren eine Erfolgsaussicht für eine künstliche Befruchtung von mindestens 15 %?

Die weiteren erforderlichen Anordnungen werden dem LG übertragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg.

Die Antragstellerin kann die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung der Erfolgsaussicht einer künstlichen Befruchtung verlangen. Nach § 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, der hier alleine in Betracht zu ziehen ist, kann der "Zustand einer Person" Gegenstand einer schriftlichen Begutachtung durch einen Sachverständigen sein. Das selbständige Beweisverfahren ist auch zur Feststellung vergangener Zustände zulässig (OLG Oldenburg MDR 1995, 746 KG, KGReport Berlin 1994, 130; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 485 Rz. 9)). Maßgebend für die Erfolgsaussicht einer künstlichen Befruchtung ist der körperliche Zustand der Antragstellerin. Die mit der Feststellung des körperlichen Zustandes eng zusammenhängende, tatsächliche und durch Sachverständigengutachten zu beantwortende Frage der Erfolgsaussichten einer künstlichen Befruchtung kann im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens geklärt werden. Auch ein rechtliches Interesse i.S.v. § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO lässt sich nicht verneinen; je nach Ergebnis der Begutachtung kann durchaus zu erwarten stehen, dass es nicht zu einem gerichtlichen Verfahren über die Erstattungsfähigkeit der entstandenen Kosten kommt.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Gegenstandswert für die Beschwerde: 14.270,78 EUR

 

Fundstellen

Haufe-Index 2593760

MDR 2011, 318

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