Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Möglichkeit des Abgebes einer Wohnungseigentumssache eines Zivilgerichts an ein Amtsgericht als Wohnungseigentumsgericht

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 21 O 304/93)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18. April 1994 – 21 O 304/93 – aufgehoben.

Die Sache wird zur Erledigung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit an das für den Bezirk des belegenen Grundstücks zuständige Amtsgericht Köln – Abteilung für Wohnungseigentumssachen – abgegeben.

Kosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weil das Landgericht für sie nicht zuständig war.

I. Die Parteien sind Eigentümer von Wohnungen im Hause … in …; die Wohnung des Beklagten liegt im dritten Obergeschoß, die des Klägers darunter im zweiten Obergeschoß. Der Beklagte hat im Jahr 1990 in seiner Wohnung den Fußboden erneuert, unter anderem durch Auswechslung tragender Balken. Der Kläger behauptet, hierdurch sei es zu Schäden an seinem Wohnungseigentum gekommen. Ob und in welchem Umfang dies der Fall ist, ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger hat Klage vor dem Landgericht erhoben und Zahlung von 12.389,12 DM vom Beklagten verlangt. Der Beklagte hat bereits in seiner Klageerwiderung unter anderem die Zuständigkeit des Landgerichts mit der Begründung gerügt, es handele sich um Schäden aus dem Bereich des Gemeinschaftseigentums, er sei nicht passivlegitimiert. Das Landgericht hat zur Schadensursache und -höhe ein Sachverständigengutachten eingeholt und den Beklagten zur Zahlung von 8.050,– DM verurteilt. Zur Frage der Zuständigkeit hat das Landgericht keinerlei Ausführungen gemacht. Mit der Berufung hat der Beklagte unter anderem die Zuständigkeit gerügt und Klageabweisung beantragt; der Kläger hat hilfsweise Verweisung an das für Wohnungseigentumsangelegenheiten zuständige Amtsgericht beantragt.

II.

1. Der Beklagte beanstandet die Zuständigkeit des vom Kläger angerufenen Landgerichts zu Recht. Das Landgericht hätte den Rechtsstreit gem. § 46 Abs. 1 WEG an das Amtsgericht verweisen müssen, da es sich um eine Angelegenheit handelt, über die nach § 43 Abs. 1 WEG im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu entscheiden war. Die Zuständigkeitszuweisung des § 43 WEG ist nach dem vom Gesetzgeber mit ihr verfolgten Zweck weit auszulegen. Über die sich aus der Gemeinschaft ergebenden Rechte und Pflichten der Beteiligten soll möglichst im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit entschieden werden. Ausschlaggebend für die Zuständigkeit ist nicht die jeweilige Rechtsgrundlage, aus der die Ansprüche hergeleitet werden, sondern allein der Umstand, ob das von einem Wohnungseigentümer in Anspruch genommene Recht oder die ihn treffenden Pflichtenin einem inneren Zusammenhang mit der Angelegenheit steht, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen ist (so BGH NJW 1972, 1318 [1319]). Wegen des weiten Normzwecks des § 43 WEG ist die funktionelle Zuständigkeit des Gerichts der freiwilligen Gerichtsbarkeit regelmäßig auch dann gegeben, wenn ein Wohnungseigentümer einen anderen Beteiligten aus unerlaubter Handlung auf Schadensersatz in Anspruch nimmt. Erforderlich ist in einem solchen Fall nur, daß die Schadensersatzforderung auf ein Verhalten des in Anspruch genommenen Wohnungseigentümers gestützt wird, das sich als Verletzung seiner sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis ergebenden Pflichten gegenüber dem Schadensersatz verlangenden Beteiligten darstellt (so BGH NJW-RR 1991, 907 [908] m.w.N.). So liegt es hier. Der Beklagte hat Instandsetzungsarbeiten an tragenden Teilen der Decke (= seines Fußbodens) durch Einziehung tragender Balken pp. durchführen lassen. Bei diesen tragenden Teilen der Decke handelt es sich gem. § 5 Abs. 2 WEG um Gemeinschaftseigentum, weil sie für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind; das ergibt sich im übrigen auch aus § 2 Ziff. 1 der Teilungserklärung (Bl. 200 d.A.). Der Kläger behauptet, durch diese Arbeiten sei sein Sondereigentum in einer dem Beklagten vorwerfbaren Weise verletzt worden, was zu den von ihm behaupteten Schäden geführt habe. Damit stützt der Kläger seinen Anspruch auf ein Verhalten des Beklagten, das in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit steht, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen ist, hier nämlich u. a. der Instandhaltung gemeinschaftlichen Eigentums. Dieses Verhalten stellt sich nach dem Klagevortrag zugleich als Verletzung von sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis ergebenden Pflichten dar, nämlich einmal der sich aus § 14 Ziff. 1 u. 2 WEG ergebenden Verpflichtung, sein Sondereigentum so instand zu halten und von ihm und dem Gemeinschaftseigentum nur so Gebrauch zu machen, daß dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer ein über das unvermeidbare Maß hinausgehender Schaden erwächst; zum anderen, Arbeiten am Gemeinschaftse...

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