Entscheidungsstichwort (Thema)
Ein Heimträger ist verpflichtet, zuerst den auf ihn übergegangenen Sozialhilfeanspruch des verstorbenen Heimbewohners zu verfolgen, bevor er die Erben auf Erstattung der Heimkosten in Anspruch nimmt
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 18.10.2013; Aktenzeichen 9 O 310/13) |
Tenor
Auf die sofortigen Beschwerden der Beklagten wird ihnen unter teilweiser Abänderung des Beschlusses des LG Aachen vom 18.10.2013 - 9 O 310/13 - zu den Bedingungen der angefochtenen Entscheidung Prozesskostenhilfe im vollen Umfang ihrer Rechtsverteidigung gewährt.
Gründe
I. Die Beklagten wenden sich mit ihren Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des LG, durch die ihr Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe teilweise zurückgewiesen worden ist.
Im Hauptverfahren nimmt die Klägerin, Betreiberin einer Seniorenwohnanlage, die Beklagten auf Zahlung unstreitig offenstehender Unterbringungs- und Heimpflegekosten i.H.v. 15.824,52 EUR in Anspruch. Der Ehemann der Beklagten zu 1) und Vater der Beklagten zu 2) war in der Zeit zwischen dem 24.7.2012 und seinem Tod am 19.5.2013 in einer Einrichtung der Klägerin untergebracht. Beide Beklagten, die mit zwei weiteren Töchtern des Verstorbenen dessen gesetzliche Erben sind, hatten durch ihn bevollmächtigt den Heimvertrag mit der Klägerin unterzeichnet. Monatliche Abrechnungen erhielten sowohl der Verstorbene als auch die Beklagte zu 1). Die darauf geleisteten Zahlungen der Pflegeversicherung und des Verstorbenen waren jedoch nicht kostendeckend. Bereits unter dem 19.7.2012 hatte die Beklagte zu 1) für den Verstorbenen beim Sozialhilfeträger, dem Kreis E., die Übernahme der nicht gedeckten Heimkosten beantragt. Von der Klägerin wurden diese ihrer üblichen Handhabung entsprechend in Erwartung der Sozialhilfebewilligung gestundet. Vor Vertragsschluss hatten die Beklagten der Klägerin gegenüber die Frage nach einsetzbarem Vermögen des Verstorbenen wie z.B. Sparguthaben und Grundvermögen verneint. Der Verstorbene war jedoch zu ½ Miteigentümer des von ihm vor der Heimunterbringung mit der Beklagten zu 1), die dort weiter wohnhaft ist, bewohnten Hausgrundstücks.
Mit Bescheid vom 3.6.2013, gerichtet an die Klägerin, lehnte der Kreis E. die Übernahme der nicht gedeckten Heimkosten ab, weil der Verstorbene nach den ihm vorliegenden Unterlagen über verwertbares Vermögen verfügt habe, so dass die Hilfegewährung zu Lebzeiten ausschließlich als Darlehen nach § 91 SGB XII hätte gewährt und die Bewilligung von einer dinglichen Sicherung des Rückzahlungsanspruchs hätte abhängig gemacht werden können. Hiergegen legten sowohl die Klägerin als auch die Beklagte zu 1) Widerspruch ein; dem Widerspruch der Beklagten zu 1) schlossen sich die Miterbinnen an. Den Widerspruch der Beklagten wies der Kreis E. durch Bescheid vom 29.7.2013 als unzulässig zurück, weil etwaige zu Lebzeiten des Verstorbenen entstandene Sozialhilfeansprüche, über die vor seinem Tod noch nicht entschieden war, auf die Klägerin gem. § 19 Abs. 6 SGB XII übergegangen seien. Die Zurückweisung des Widerspruchs der Klägerin durch Bescheid vom 3.12.2013 als unbegründet stützte der Kreis E. darauf, dass aufgrund des Miteigentumsanteils des Verstorbenen am Hausgrundstück die Hilfe zur Pflege gem. § 91 SGB XII zunächst darlehensweise hätte gewährt werden müssen. Der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII könne nach dem Tod nicht mehr hergestellt werden. Demnach habe ein Anspruchsübergang nach § 19 Abs. 6 SGB XII nicht stattgefunden. Insoweit sei diese Rechtsnorm nicht auf Darlehensfälle nach § 91 SGB XII anzuwenden. Ansprüche aus dem Heimvertrag seien gem. §§ 1967 ff. BGB gegenüber den Erben geltend zu machen.
Die Klägerin, die behauptet, die Beklagten hätten im Zusammenhang mit dem Abschluss des Heimvertrages eine Kostenverpflichtungserklärung unterzeichnet, nehmen diese auf Zahlung der offenen Kosten in Anspruch, weil nach Lage der Dinge nicht mit einem positiven Bescheid der Sozialleistungsträgers zu rechnen sei, wenn offensichtlich verwertbares Vermögen vorhanden sei. Zumindest sei ihr nicht zuzumuten weiter zuzuwarten, bis möglicherweise nach einem Prozess in einer nicht absehbaren Zukunft eine Entscheidung ergehe. Insbesondere seien es die Beklagten gewesen, die ihr gegenüber falsche Angaben gemacht hätten. Hätten die Beklagten wahrheitsgemäß offenbart, was zwischenzeitlich das Sozialamt ermittelt habe, hätte sie die Heimaufnahme des Verstorbenen davon abhängig gemacht, dass die Kosten anderweitig gedeckt wurden oder, falls dies nicht möglich oder gewünscht gewesen wäre, die Aufnahme ablehnen müssen.
Die Beklagten wenden ein, sie hätten den Heimvertrag nicht als Vertragsparteien unterschrieben, sondern als Vertreter des Verstorbenen, der aus Gründen seiner Gebrechlichkeit hierzu nicht mehr im Stande gewesen sei und der sie bevollmächtigt habe. Der - unstreitig - noch ungeteilte Nachlass des Verstorbenen bestehe im Wesentlichen aus seinem Miteigentumsanteil an dem von der Beklagten zu 1) noch bewohnten Hausgrundstück. Der ...