Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfung einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vollmacht durch das Grundbuchamt

 

Leitsatz (amtlich)

Die erst nach Eingang eines Eintragungsantrages beim Grundbuch von diesem erlangte Kenntnis eines von dem Vollmachtgeber erklärten Widerrufs einer Generalvollmacht hindert nicht mehr den Vollzug einer Grundbucheintragung.

 

Normenkette

BGB § 167; GBO §§ 19-20, 29

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. vom 27.12.2022 wird die Zwischenverfügung der Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Grundbuchamts - Köln vom 22.12.2022 - RO-32119-2 - aufgehoben.

 

Gründe

1. Die Beteiligte zu 2. ist im o.g. Grundbuchblatt als die Eigentümerin verzeichnet.

In notarieller Urkunde vom 14.04.2021 (UR.Nr. ... des Notars XXX in ..., Bl. 28 ff. d.A.) erteilte sie dem Beteiligten zu 1., ihrem Sohn, eine General- und Vorsorgevollmacht, die u.a. die Befugnisse umfasste, Grundbesitz zu verwalten, zu veräußern und zu belasten (I.2.i)). Dem Beteiligten zu 1. wurde gestattet, Rechtsgeschäfte mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten vorzunehmen (Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB) sowie in Vermögensangelegenheiten in von ihm bestimmten Einzelfällen Untervollmacht zu erteilen (I.3.). Unter II. "Regelung des Innenverhältnisses" ist ausgeführt:

"Die nachstehende Vereinbarung regelt die Anwendung der Vollmacht im Innenverhältnis. Dritte, denen gegenüber aufgrund dieser Vollmacht gehandelt wird, haben das Vorliegen der nachstehenden Voraussetzungen nicht zu prüfen. Im Außenverhältnis gilt die Vollmacht also unbeschränkt.

1. Der Bevollmächtigte darf von der Vollmacht erst und nur dann Gebrauch machen, wenn ich zugestimmt habe oder ich aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen verhindert bin, meine Angelegenheiten selbst zu regeln.

2. Die Vollmacht ist jederzeit widerruflich..."

In notarieller Urkunde vom 07.07.2022 ("Übertragungsvertrag über Grundbesitz") (UVZ-Nr. ... des Notars XXX in ..., Bl. 23 ff. d.A.) trat Herr ... als Vertreter ohne Vertretungsmacht, sich deren Genehmigung vorbehaltend, für die Beteiligte zu 2. und als Vertreter ohne Vertretungsmacht, sich dessen Genehmigung vorbehaltend, für den Beteiligten zu 1. auf. In dem Vertrag übertrug die Beteiligte zu 2. unter Auflassung das Eigentum an dem o.g. Grundbesitz auf den Beteiligten zu 1. unter Vorbehalt eines durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit gesicherten Wohnungsrechts. Bewilligt und beantragt wurden von den Beteiligten die Eintragung des Eigentumswechsels, die Löschung nicht übernommener Rechte, die Eintragung des Wohnungsrechts sowie einer durch den Tod der Berechtigten auflösend befristeten Vormerkung zur Sicherung eines im Vertrag geregelten bedingten Rückübertragungsanspruchs (Abschnitt V.). Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vertragsinhalts wird auf Bl. 23 ff. Bezug genommen.

Mit am 18.07.2022 bei dem Grundbuchamt eingegangenem Schriftsatz vom 14.07.2022 hat der verfahrensbevollmächtigte Notar im Namen aller Antragsberechtigten eine beglaubigte Abschrift seiner Urkunde vom 07.07.2022 zum Vollzug gemäß Abschnitt V. eingereicht. Beigefügt war die mit einer Unterschriftsbeglaubigung des deutschen Honorarkonsuls verbundene Genehmigung des Vertrages vom 07.07.2022 durch den Beteiligten zu 1. am 08.07.2022 im eigenen Namen und als Vertreter der Beteiligten zu 2. aufgrund der General- und Vorsorgevollmacht (Bl. 34 R f.).

Mit notariellem Vertrag vom 29.07.2022 (UVZ Nr. ... des Notars YYY in ...) übertrug die Beteiligte zu 2. das Eigentum an dem o.g. Grundbesitz auf ihre Tochter ... unter Vorbehalt eines lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauchs (Bl. 40 ff.). Eine beglaubigte Abschrift dieser Urkunde ist mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 01.08.2022 am 03.08.2022 bei dem Grundbuchamt zum Vollzug eingereicht worden (Bl. 38 ff.).

Mit einem an den Beteiligten zu 1. gerichteten Schreiben vom 03.08.2022 hat die Beteiligte zu 2. die General- und Vorsorgevollmacht vom 14.04.2022 (Bl. 46) widerrufen. Des Weiteren hat sie den Vollmachtswiderruf in einem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten an das Grundbuchamt vom 05.08.2022 erklärt (Bl. 49). Mit weiterem Schriftsatz an das Grundbuchamt vom selben Tage hat sie die Rücknahme des am 18.07.2022 bei dem Grundbuchamt eingegangenen Eintragungsantrages erklärt und geltend gemacht, aufgrund der Rücknahme des Antrages des Notars XXX sei der Antrag des Notars YYY zu bearbeiten (Bl. 57 f.).

Mit Schriftsatz vom 08.08.2022 hat der Notar XXX um vorläufige Aussetzung des Umschreibungsantrages vom 14.07.2022 gebeten (Bl. 71).

Am 24.08.2022 erließ das Landgericht Köln (2 O 128/22) auf Antrag der Beteiligten zu 2. eine einstweilige Verfügung, durch welche der Beteiligte zu 1. verpflichtet wurde, den bei dem Grundbuchamt auf der Grundlage der Urkunde vom 07.07.2022 gestellten Antrag auf Umschreibung des Eigentums zurückzunehmen, sowie es zu unterlassen, einen weiteren Eintragungsantrag auf der Grundlage dieser Urkunde zu stellen (Bl. 83 ff.). Die Entscheidung war im Wesentlichen darauf gestü...

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