Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine nachträgliche Beschwerde nach Entlassung aus dem Polizeigewahrsam

 

Leitsatz (amtlich)

Wird eine Person gem. § 35 PolG NW in Polizeigewahrsam genommen, so richtet sich das Verfahren über die herbeizuführende richterliche Entscheidung nach dem FEVG, das wiederum auf die Vorschriften des FGG verweist. Diese richterliche Entscheidung ist, sobald der Betroffene wieder in die Freiheit entlassen ist, nicht mehr nachträglich mit der Beschwerde überprüfbar. Ein Fortsetzungsfeststellungsverfahren ist dem FGG fremd.

 

Normenkette

PolG NW §§ 35-36

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 26.03.1997; Aktenzeichen 1 T 73/97)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen vom 26. März 1997 gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. Februar 1997 – 1 T 73/97 – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gemäß § 36 Abs. 2 S. 2 Polizeigesetz NW, §§ 3 S. 2, 7 FEVG, §§ 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei die sofortige Beschwerde des Betroffenen vom 23.02.1997 gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom selben Tag als unzulässig verworfen. Mit Ablauf der Zeitdauer, für die die Freiheitsentziehung angeordnet wurde (23.02.1997, 19.00 Uhr) hatte sich die Hauptsache erledigt und war das zulässige Rechtsmittel unzulässig geworden.

Wird eine Person gemäß § 35 Polizeigesetz NW in Polizeigewahrsam genommen, so richtet sich das Verfahren über die gemäß § 36 Abs. 1 Polizeigesetz NW herbeizuführende richterliche Entscheidung gemäß § 36 Abs. 2 S. 2 Polizeigesetz NW nach den Vorschriften des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (FEVG), das in § 3 S. 2 auf die Vorschriften des FGG verweist.

In einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat sich die Hauptsache erledigt, wenn nach seinem Beginn ein Umstand eingetreten ist, der den Verfahrensgegenstand hat wegfallen lassen, so daß eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen kann. Das ist im gerichtlichen Verfahren bei Freiheitsentziehungen stets dann der Fall, wenn der Betroffene endgültig entlassen worden ist oder wenn der Zeitraum, für den das Gericht die Freiheitsentziehung angeordnet hat, abgelaufen ist (vgl. BGH NJW 1990, 1048).

Mit dem Ablauf der angeordneten Freiheitsentziehung am 23.02.1997 um 19.00 Uhr ist der im Rechtsmittelzug auf Rechtmäßigkeit zu überprüfende Verfahrensgegenstand weggefallen und die Anordnung unwirksam geworden. Damit hat sich die Hauptsache erledigt. Eine sachliche Überprüfung nach Erledigung der Hauptsache kann nicht mehr erfolgen.

Die Fortsetzung eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens zum Zwecke der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer richterlichen Entscheidung ist im FGG nicht vorgesehen. Auch die Vorschrift des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO ist nicht entsprechend anwendbar, da sie der Überprüfung von Verwaltungsakten dient, nicht der Kontrolle richterlicher Maßnahmen. Wird der von Artikel 104 Grundgesetz vorgesehene Schutz der persönlichen Freiheit durch eine richterliche Entscheidung gewährt, so läßt sich weder aus der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) noch aus dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip oder dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ein Anspruch auf eine zweite richterliche Instanz herleiten (vgl. BVerfG NJW 1979, 154, 155).

Die sofortige Beschwerde vom 23.02.1997 war daher im Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts unzulässig und deshalb zu verwerfen. Eine andere Entscheidung wäre auch dann nicht möglich gewesen, wenn der Kammer bei ihrer Beschlußfassung der Beschwerdeschriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen vom 25.02.1997 (Bl. 5 f. d.A.) vorgelegen hätte. Auch im Zeitpunkt des Eingangs dieses Schriftsatzes bei Gericht am selben Tag war das Rechtsmittel bereits unzulässig. Der Betroffene ist daher durch die verspätete Vorlage des Schriftsatzes nicht in seinen Rechten verletzt.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1675789

NWVBl. 1999, 197

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