Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahren nach § 826 BGB auf Unterlassen der Zwangsvollstreckung aus einem Unterhaltstitel bei präkludiertem Vorbringen nach § 767 Abs. 2 ZPO
Leitsatz (amtlich)
Nach § 767 Abs. 2 ZPO präkludierter Sachvortrag kann aber nur ausnahmsweise im Rahmen einer Schadensersatzklage nach § 826 BGB, die auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung gerichtet ist, geltend gemacht werden, wenn ein Titel arglistig erschlichen worden ist oder die Zwangsvollstreckung hieraus sich als sittenwidrig darstellt. An die Voraussetzungen einer solchen Schadensersatzklage sind aber wegen der Durchbrechung der Rechtskraft des betreffenden Vollstreckungstitels strenge Anforderungen zu stellen. Die Durchbrechung der Rechtskraft darf nur in besonders schwerwiegenden, eng begrenzten Ausnahmefällen gewährt werden. Voraussetzungen hierfür sind die materielle Unrichtigkeit des Titels, die Kenntnis der Gläubigerin hiervon sowie weitere besondere Umstände, die sich aus der Art der Titelerlangung oder der beabsichtigten Vollstreckung ergeben und die das Vorgehen des Gläubigers als sittenwidrig erscheinen lassen. Neben der materiellen Unrichtigkeit des Titels müssen also noch besondere Umstände hinzukommen, die sich aus der Art und Weise der Titelerlangung oder der beabsichtigten Vollstreckung ergeben und die das Vorgehen des Gläubigers als sittenwidrig prägen, so dass der Titelgläubigerin zugemutet werden muss, die ihr unverdient zugefallene Rechtsposition aufzugeben. Die Rechtskraft muss aber nur dann zurücktreten, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung unter Missachtung der Rechtslage zu Lasten des Schuldners ausnutzt (vgl. hierzu BGH MDR 1999, 566, 567). Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass auch bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen ein Anspruch aus § 826 BGB dann entfällt, wenn dem Antragsteller selbst eine nachlässige Prozessführung im Vorprozess vorzuwerfen ist (vgl. Hinweisbeschluss des Senates vom 28.6.2010, S. 3, 4; Bl. 180, 180 R GA).
Normenkette
BGB § 826; ZPO § 767 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Brühl (Beschluss vom 11.03.2010; Aktenzeichen 35 F 377/09) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Brühl vom 11.3.2010 - 35 F 377/09 - wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Gründe
Die an sich statthafte - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Beschwerde des Antragstellers (§§ 117 Abs. 1 und 2, 58, 59, 61, 63, 64, FamFG) hat in der Sache keinen Erfolg. Gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG war die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung als unbegründet zurückzuweisen, da von einer erneuten mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Hierauf sind die Verfahrensbeteiligten gemäß Beschluss des Senates vom 28.6.2010 - 4 UF 63/10 - gem. § 117 Abs. 3 FamFG hingewiesen worden. Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Schriftsatz vom 20.7.2010 (Bl. 186, 187 GA) rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Zur Begründung der Zurückweisung der Beschwerde verweist der Senat zunächst auf seinen Hinweisbeschluss vom 28.6.2010 (Bl. 179 - 182 GA). Nach wie vor hat der Antragsteller nicht schlüssig dargetan, dass ihm analog § 767 ZPO eine materiell-rechtliche Einrede gegen den titulierten Unterhaltsanspruch zusteht, so dass die Zwangsvollstreckung aus diesem Titel unzulässig wäre. Mit diesem Einwand ist der Antragsteller jedenfalls präkludiert, da alle Tatsachen, die nunmehr vorgebracht werden, bereits zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in dem Unterhaltsrechtsstreit hätten vorgebracht werden können.
Nach § 767 Abs. 2 ZPO präkludierter Sachvortrag kann aber nur ausnahmsweise im Rahmen einer Schadensersatzklage nach § 826 BGB, die auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung gerichtet ist, geltend gemacht werden, wenn ein Titel arglistig erschlichen worden ist oder die Zwangsvollstreckung hieraus sich als sittenwidrig darstellt. An die Voraussetzungen einer solchen Schadensersatzklage sind aber wegen der Durchbrechung der Rechtskraft des betreffenden Vollstreckungstitels strenge Anforderungen zu stellen. Die Durchbrechung der Rechtskraft darf nur in besonders schwerwiegenden, eng begrenzten Ausnahmefällen gewährt werden. Voraussetzungen hierfür sind die materielle Unrichtigkeit des Titels, die Kenntnis der Gläubigerin hiervon sowie weitere besondere Umstände, die sich aus der Art der Titelerlangung oder der beabsichtigten Vollstreckung ergeben und die das Vorgehen des Gläubigers als sittenwidrig erscheinen lassen. Neben der materiellen Unrichtigkeit des Titels müssen also noch besondere Umstände hinzukommen, die sich aus der Art und Weise der Titelerlangung oder der beabsichtigten Vollstreckung ergeben und die das Vorgehen des Gläubigers als sittenwidrig prägen, so dass der Titelgläubigerin zugemutet werden muss, die ihr unverdient zugefallene Rechtsposition aufzugeben. Die Rechtskraft muss aber nur dann zurück...