Leitsatz (amtlich)
1. Der Streitwert einer Datenauskunftsklage gem. Art. 15 DS-GVO ist nicht mit 1/10 des Hauptsachestreitwerts, sondern mit pauschal 5.000 EUR anzusetzen.
2. Ein Auskunftsanspruch ist nicht stets in Abhängigkeit zum wirtschaftlichen Interesse der Hauptsache zu bewerten.
3. Seiner Natur nach dient der Auskunftsanspruch nach der Datenschutz-Grundverordnung nicht speziell dazu, als "Hauptsache" Schadensersatz "durchsetzbar" zu machen, die mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung unmittelbar nichts zu tun haben.
4. Die Auskünfte, die eine natürliche Person nach Art. 15 DS-GVO fordern kann, dienen vielmehr primär dazu, ihr die Wahrnehmung der weiteren Rechte nach der DS-GVO zu ermöglichen, also insbesondere das Recht auf Berichtigung nach Art. 16, auf Löschung nach Art. 17 und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18.
5. Zwar mag eine Auskunft über personenbezogene Daten auch Erkenntnisse und Indizien hervorbringen, die einen Schadensersatzanspruch nach gänzlich anderen Vorschriften begründen oder zumindest nahelegen können. Dabei handelt es sich aber nicht um den eigentlichen Zweck der DS-GVO, sondern um einen bloß zufälligen Nebeneffekt.
6. Die Zulassung der Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes kommt in Streitwertsachen gem. §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG nicht in Betracht und damit auch keine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gem. § 574 Abs. 2 ZPO.
7. Eine Vorlage der Frage der Streitwertbemessung für den Auskunftsanspruch zum EuGH gem. Art. 267 AEUV kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die Streitwertbemessung keine Zweifel an der Gültigkeit oder Auslegung des Unionsrechts aufwirft.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 26 O 360/16) |
Tenor
Die Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 07.08.2019 gegen die mit Beschluss vom 25.07.2019 (Az. 20 W 10/18) erfolgte Streitwertfestsetzung wird zurückgewiesen.
Die Anträge auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof sowie auf Vorlage zum Europäischen Gerichtshof werden zurückgewiesen.
Gründe
Die Gegenvorstellung des klägerischen Prozessbevollmächtigten gegen die mit Beschluss vom 25.07.2019 erfolgte Streitwertfestsetzung ist zurückzuweisen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers meint, der Senat habe den Streitwert für den unter Ziffer 6) verfolgten Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO mit 5.000,00 EUR zu niedrig bemessen. Dieser sei vielmehr mit "zumindest 1/10 der Hauptsache", also 22.379,57 EUR festzusetzen.
Auch nach erneuter Prüfung und unter Berücksichtigung insbesondere des mit Schriftsatz vom 07.08.2019 erfolgten Vorbringens des Prozessbevollmächtigten des Klägers besteht, jedoch kein Anlass zu einer abweichenden. Bemessung des Streitwerts.
Mit der Festsetzung des Streitwerts für den Auskunftsanspruch auf 5.000,00 EUR hat der Senat sowohl der Bedeutung des Anspruchs aus Art. 15 DS-GVO und der hierdurch geschützten grundrechtlichen Positionen als auch dem Umstand Rechnung getragen, dass der Auskunftsanspruch im konkreten Fall nach der Vorstellung des Klägers auch einem wirtschaftlichen Ziel dienen, nämlich die Durchsetzung der Anträge zu 1) bis 5) erleichtern soll. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen im Beschluss vom 25.07.2019 Bezug genommen.
Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Streitwert für den Auskunftsanspruch auf 1/10 eines "Hauptsachestreitwerts" festgesetzt sehen möchte und hierzu meint, im geltenden Kostensystem sei ein Auskunftsanspruch stets in Abhängigkeit zum wirtschaftlichen Interesse der Hauptsache zu bewerten und deshalb mit 1/10 zu bemessen, kann dem nicht gefolgt werden. Seiner Natur nach dient der Auskunftsanspruch nach der Datenschutz-Grundverordnung nämlich - wie im Urteil des Senats vom 26.07.2019, Az. 20 U 75/18 ausführlich ausgeführt - nicht speziell dazu, als "Hauptsache" Schadensersatzansprüche "durchsetzbar" zu machen, die mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung unmittelbar nichts zu tun haben. Die Auskünfte, die eine natürliche Person nach Art. 15 DS-GVO fordern kann, dienen vielmehr primär dazu, ihr die Wahrnehmung der weiteren Rechte aus der DS-GVO zu ermöglichen, also insbesondere das Recht auf Berichtigung nach Art. 16, auf Löschung nach Art. 17 und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18. Zwar mag eine Auskunft über personenbezogene Daten auch Erkenntnisse und Indizien hervorbringen, die einen Schadensersatzanspruch nach gänzlich anderen Vorschriften begründen oder zumindest nahelegen können. Dabei handelt es aber nicht um den eigentlichen Zweck der DS-GVO, sondern um einen bloß zufälligen Nebeneffekt.
Die erfolgte Bemessung des Streitwerts für den Auskunftsanspruch auf 5.000,00 EUR steht entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers auch keineswegs im Widerspruch zu der für das unter dem Aktenzeichen 20 U 75/18. anhängig gemachte selbständige Beweisverfahren erfolgten Festsetzung des Streitwerts auf 223.795,70 EUR. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers verkennt insoweit...