Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 48 Abs. 2 GKG ist im Zivilverfahren vor den ordentlichen Gerichten in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach billigem Ermessen zu bestimmen.

2. Für die Höhe des festzusetzenden Streitwerts ist dabei auf das jeweilige "Angreiferinteresse" abzustellen. Demnach besteht für eine analoge Anwendung des in verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Auffangstreitwerts von 5.000 EUR in § 52 Abs. 2 GKG mangels Regelungslücke kein Bedürfnis.

3. Neben dem durch den Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DS-GVO vermittelten Schutz von immateriellen Grundrechtspositionen ist auch das wirtschaftliche Interesse des Gläubigers zu berücksichtigen, wenn dieser mit der Auskunftsverfolgung zumindest auch mittelbar ein wirtschaftliches Ziel verfolgt, wie z.B. die Durchsetzung einer versicherungsrechtlichen Leistung.

4. In diesen Fällen ist regelmäßig ein pauschaler Streitwert für den Datenauskunftsanspruch gem. Art. 15 DS-GVO von bis zu 5.000 EUR angemessen, dies jedenfalls dann, wenn der Wert des immateriellen und materiellen Angreiferinteresses insgesamt nach billigem Ermessen nicht offenkundig geringer anzusetzen ist.

5. Die Festsetzung eines geringeren Streitwerts für einen Auskunftsanspruch aus Art. 15 DS-GVO ist dann nicht zu beanstanden, wenn mit dem Datenauskunftsanspruch lediglich durch ein immaterielles Interesse verfolgt wird, das im konkreten Einzelfall durch einen geringeren Streitwert adäquat bewertet ist.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 20 O 241/19)

 

Tenor

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf bis zu 11.000,00 EUR festgesetzt, wobei auf den Klageantrag zu 2) bis zu 5.000,00 EUR entfallen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

 

Gründe

Die Streitwertbeschwerde des Klägervertreters ist zulässig und begründet.

1. Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des Landgerichts vom 24.06.2020 ist nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthaft und innerhalb der hierfür gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 3, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG geltenden Frist eingelegt worden. Der klägerische Prozessbevollmächtigte ist aus eigenem Recht beschwerdebefugt. Sein erklärtes eigenes Interesse an der begehrten Erhöhung des Streitwerts, die er mit seiner Streitwertbeschwerde verfolgt, ergibt sich zwanglos aus seinen Schriftsätzen vom 27.05.2020 (dort S. 5 f., BI. 215 f. GA), vom 14.10.2020 (dort S. 3 ff., BI. 361 ff. GA) sowie vom 29.10.2020 (dort S. 2 ff., BI. 377 ff. GA). In diesen hat er jeweils ausdrücklich auf sein anwaltliches Vergütungsinteresse - insbesondere unter den Bedingungen der Corona-Pandemie - hingewiesen.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Das Landgericht hat den Streitwert für den auf Datenauskunft gemäß Art. 15 DS- GVO gerichteten Klageantrag zu 2) mit 1.000,00 EUR im Ergebnis zu gering bewertet.

Nach § 48 Abs. 2 GKG ist im Zivilverfahren vor den ordentlichen Gerichten in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Für die Höhe des festzusetzenden Streitwerts ist dabei auf das jeweilige "Angreiferinteresse" der geltend machenden Partei zum Zeitpunkt der Einreichung (§ 4 Abs. 1 ZPO) abzustellen. Demnach besteht für eine analoge Anwendung des in verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Auffangstreitwerts von 5.000,00 EUR in § 52 Abs. 2 GKG entgegen der Auffassung des Klägervertreters mangels Regelungslücke kein Bedürfnis.

Ausgehend von diesen für die Streitwertfestsetzung im Zivilverfahren maßgebenden Grundsätzen ist nach Auffassung des Senats neben dem durch den Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DS-GVO vermittelten Schutz von immateriellen Grundrechtspositionen auch das wirtschaftliche Interesse des Gläubigers zu berücksichtigen, wenn mit der Geltendmachung zumindest mittelbar auch ein wirtschaftliches Ziel, nämlich - wie vorliegend - die Erleichterung der Durchsetzung eines versicherungsrechtlichen Leistungsanspruch verfolgt wird. Im Anschluss an die Rechtsprechung des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln, Beschlüsse vom 25.07.2019 und 03.09.2019 - 20 W 10/18, jeweils juris; Beschluss vom 06.02.2020 - 20 W 9/19, juris) ist unter diesen Voraussetzungen auch nach Auffassung des Senats regelmäßig ein pauschaler Streitwert für einen Datenauskunftsanspruch gemäß Art. 15 DS-GVO von bis zu 5.000,00 EUR angemessen; dies jedenfalls dann, wenn der Wert des immateriellen und materiellen Angreiferinteresses insgesamt nach billigem Ermessen nicht offenkundig geringer anzusetzen ist. Dies ist hier indes angesichts des Streitwerts des ebenfalls geltend gemachten Leistungsanspruchs von 6.000,00 EUR nicht der Fall.

Die Festsetzung eines geringe...

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