Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 20.07.2016; Aktenzeichen 28 O 67/16)

 

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 20.07.2016 verkündete Urteil des LG Köln (28 O 67/16) durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 4 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses gegeben.

 

Gründe

1. Die Berufung des Klägers hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat einen Anspruch des Klägers auf Unterlassung aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu Recht verneint. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des LG Bezug. Der Senat sieht - in Ansehung der Berufungsbegründung - nur zu folgenden Ausführungen Anlass:

a) aa) Die Berichterstattung betrifft wahre Tatsachen aus der Sozialsphäre des Klägers. Eine solche Berichterstattung darf nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind. Tritt der Einzelne. als ein in der Gemeinschaft lebender Bürger in Kommunikation mit anderen, wirkt er durch sein Verhalten auf andere ein und berührt er dadurch die persönliche Sphäre von Mitmenschen oder Belange des Gemeinschaftslebens, dann ergibt sich aufgrund des Sozialbezuges eine Einschränkung des Bestimmungsrechts desjenigen, über den berichtet wird (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 - VI ZR 259/05 -, AfP 2007,44; Urt. v. 20.12.2011 - VI ZR 262/10 -. ZUM-RD 2012, 253).

bb) Allein den Medien obliegt es, nach publizistischen Kriterien über Gegenstand und Inhalt ihrer Berichterstattung zu entscheiden (BGHZ 178, 213; BVerfGE 120, 180); sie können zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch nicht grundsätzlich auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 - VI ZR 259/05 -, AfP 2007, 44; BVerfG, Beschl. der 1. Kammer des Ersten Senats v. 25.01.2012 - 1 BvR 2499/09, 1 BvR 2503/09 -, AfP 2012, 143). In Ansehung dessen darf nicht die Frage aufgeworfen werden, ob auch ohne Identifizierung des Klägers hätte berichtet werden können. Vielmehr ist der Umfang und die Notwendigkeit einer Identifizierung bei der wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts gebotenen Abwägung zwischen dem durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit (vgl. BGH, Urt. v. 30.09.2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014,534) zu berücksichtigen.

b) Nach diesen Maßstäben ist der Senat mit dem LG der Auffassung, dass die Schutzinteressen des Klägers nicht überwiegen.

aa) Ein für den Artikel der Beklagten streitendes erhebliches Berichterstattungsinteresse bestand nicht nur hinsichtlich der - jedenfalls im thematischen Zusammenhang mit Seminaren von "Dating-Coaches" wie dem Kläger stehenden - "Pick-Up-Szene" auf dem Campus der Universität in Frankfurt und den dort von Frauen gemeldeten Übergriffen. Vielmehr resultierte das von der Beklagten transformierte Interesse der Öffentlichkeit vor allem daraus, dass eine die "Pick-Up-Szene" sowie die Übergriffe auf dem Hochschulgelände und den damit verbundenen Sexismus anprangernde, den Kläger mittelbar identifizierende Berichterstattung in der Asta-Zeitung der Universität auf dessen Antrag gerichtlich verboten wurde, obwohl der Kläger als Frankfurter Student auf der Website von Casanova Coaching von ihm gehaltene Seminare bewirbt, einen eigenen Facebook-Auftritt hat-sowie in einem Fernsehbeitrag als so bezeichneter "Pick-Up-Artist" aufgetreten ist; thematisiert wird in der Berichterstattung insoweit auch der - nach Auffassung der Beklagten - augenfällige Widerspruch zwischen dem extrovertierten Verhalten des Klägers bei der Ausübung seiner nebenberuflichen Tätigkeit, insbesondere soweit er dieses in dem vorgenannten Fernsehbeitrag gezeigt hat, und seinem mit dem Recht auf Anonymität begründeten Unterlassungsbegehren. Mit einer hierauf gerichteten Berichterstattung maßt sich die Beklagte nicht - wie der Kläger aber meint - an, über das Verbot des Oberlandesgerichts Frankfurt zu entscheiden, sondern nimmt ihr durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK geschütztes Recht wahr, die Entscheidung des Oberlandesgerichts ebenso wie das Verhalten des Klägers zu kritisieren.

bb) Zwar wird mit der Identifizierung des Klägers in dessen Persönlichkeits recht eingegriffen, weil eben dieses auch das Recht beinhaltet, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 - VI ZR 259/05 -, AfP 2007, 44; BVerfGE 54, 148; 35, 220). Jedoch ist der Eingriff aus den vom LG zu Recht hervo...

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