Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch des gerichtlich bestellten Verteidigers gegen den Beschuldigten auf Zahlung der Wahlverteidigergebühren entfällt nach teilweisem Freispruch oder sonstigem teilweisen Obsiegens des Beschuldigten nicht nur in Höhe des darauf entfallenden Anteils, sondern in Höhe der gesamten gezahlten Pflichtverteidigergebühren.
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verteidigers verworfen.
Gründe
I.
Der vom Beschwerdeführer als Pflichtverteidiger verteidigte Verurteilte wurde durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts A. vom 19.06.2012 (Az x) wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen nach Auflösung der durch Urteil des Landgerichts A. vom 24.03.2011 (Az y) gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe unter Einbeziehung der darin verhängten Einzelstrafen und unter Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach dem Tenor der Auslagenentscheidung in dem vorbezeichneten Urteil kann der Verurteilte die Erstattung seiner notwendigen Auslagen verlangen, soweit er freigesprochen wurde. Die Verurteilung erfolgte wegen der Fälle 1 und 2 aus der Anklage im Verfahren Az x , der Teilfreispruch wegen Fall 4 aus der Anklage im Verfahren Az x sowie wegen - sämtlicher - Fälle 1 bis 242 aus der Anklage im hinzuverbundenen Verfahren Az z.
Der Beschwerdeführer, der sich von dem Verurteilten die Gebührenansprüche gegen die Staatskasse mit Erklärung vom 19.06.2012 hat abtreten lassen, hat mit Schriftsatz vom 18.09.2012 die notwendigen Auslagen im Verfahren Az x auf 3.487,25 € und im Verfahren Az z auf 1.073,39 € jeweils abzüglich Pflichtverteidigergebühren von 2.962,16 € im Verfahren Az x und 898,76 € im Verfahren Az z auf 525,09 € im Verfahren Az x bzw. 174,63 € im Verfahren Az z beziffert und hiervon auf der Grundlage einer Quote von 243/246 einen Betrag von insgesamt 691,19 € geltend gemacht.
Auf Veranlassung des zu dem Antrag angehörten Bezirksrevisors hat der Vorsitzende der erkennenden Strafkammer die Kostenquote des Freispruchs mit Verfügung vom 08.10.2012 mit Zweidrittel angegeben. Entsprechend der Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 10.10.2012 hat die Rechtspflegerin mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 11.10.2012 die notwendigen Auslagen im Verfahren Az z antragsgemäß mit 174,63 € festgesetzt und die Festsetzung im Übrigen abgelehnt. Die notwendigen Auslagen im Verfahren Az x seien um die nur dem Pflichtverteidiger zustehenden Gebühren Nrn. 4116 (zweimal 108 €) auf 3.230,21 € zu kürzen, wovon 2/3 = 2.153,48 € von der Landeskasse zu tragen seien. Hierauf seien jedoch die ausgezahlten Pflichtverteidigergebühren in Höhe von 2.304,33 € in voller Höhe anzurechnen, so dass ein festzusetzender Betrag nicht mehr verbleibe.
Mit seiner sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.10.2012 nimmt der Beschwerdeführer die Quote für den Freispruch von Zweidrittel hin, wendet sich aber gegen die Absetzung der Gebühren Nrn. 4116 und vor allem gegen den Abzug der vollständigen Pflichtverteidigergebühren, den er unter Berufung auf obergerichtliche Rechtsprechung entsprechend der Freispruch-Quote nur in Höhe von 1.712 € für berechtigt hält. Auf dieser Grundlage errechnet er einen noch festzusetzenden Betrag von weiteren 554,06 €. Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel, zu dem der Bezirksrevisor mit Verfügung vom 20.11.2012 ergänzend Stellung genommen hat, nicht abgeholfen und es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Das nach § 464 b S.3 StPO, §§ 104 Abs. 3 S.1, 567 ZPO, §§ 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG zulässige Rechtsmittel, bei dem es sich um eine sofortige Beschwerde handelt, ist nicht begründet. Der Senat folgt der Auffassung der Rechtspflegerin, wonach die Bestimmung des § 52 Abs. 1 S.2 RVG dahin auszulegen ist, dass der Anspruch des gerichtlich bestellten Verteidigers auf Wahlverteidigergebühren in Höhe der gesamten aus der Staatskasse gezahlten Pflichtverteidigergebühren entfällt.
Vorausgeschickt wird, dass die notwendigen Auslagen im Verfahren Az x zu Recht um die nur dem Pflichtverteidiger zustehenden Gebühren Nr. 4116 (zweimal 108 €) auf 3.230,21 € gekürzt worden sind. Der Einwand des Beschwerdeführers, die Termine vom 30.05. und 11.06.2012 würden auf diese Weise unhonoriert bleiben, übersieht, dass ihm nur die zusätzliche Gebühr VV Nr. 4116 gestrichen wurde, die dem Wahlanwalt nicht zusteht, während die Berechtigung der Gebühr VV Nr. 4115 nicht in Zweifel gezogen worden ist.
Auf dieser Grundlage ergibt sich nach zutreffender Berechnung im Kostenfestsetzungsbeschluss ein noch festzusetzender restlicher Betrag nicht : bei einer Kostenquote von Zweidrittel beträgt der Erstattungsanspruch (2/3 x 3.230,21 =) 2.153,47 €. Bei Anrechnung der vollen Pflichtverteidigervergütung von 2.304,33 € verbleibt kein Überschuß zugunsten des Beschwerdeführers.
Zur Frage des Umfangs der Anrechnung der Pflichtverteidigergebühren werden zwei unterschiedliche Auffassunge...