Nachgehend

BGH (Beschluss vom 23.09.2021; Aktenzeichen I ZB 12/21)

 

Tenor

Der von dem Schiedsgericht (bestehend aus den Schiedsrichtern A (Obmann), B und Herrn C) erlassene Zwischenentscheid vom 25.08.2020 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass das Schiedsgericht zur Entscheidung über die in der Schiedsklage vom 16.04.2019 angekündigten Anträge unzuständig ist.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

I. Herr D und Herr E gründeten die Antragsgegnerin mit Gesellschaftsvertrag vom 15.07.1997 (K1 zu HLW1). Unternehmensgegenstand der Antragsgegnerin ist die Beteiligung als persönlich haftende Gesellschafterin an der E Handelsgesellschaft mbH und Co. KG (nachfolgend KG). Sowohl Herr D als auch Herr E waren an der KG jeweils paritätisch als Kommanditisten beteiligt. An der neu gegründeten Antragsgegnerin hielten sie einen Geschäftsanteil in Höhe von jeweils 25.000 DM. § 14 des Gesellschaftsvertrages regelt die Möglichkeit eines Ausschlusses von Gesellschaftern im Beschlusswege. Unter § 19 des Gesellschaftsvertrages ist folgende Regelung enthalten:

"Schiedsgericht

Alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis zwischen den Gesellschaftern untereinander oder zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft werden unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht entschieden. Dies gilt auch für Meinungsverschiedenheiten über die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages und einzelner seiner Bestimmungen und für Gestaltungsklagen [...] sowie für Meinungsverschiedenheiten über die Wirksamkeit und Auslegung dieser Schiedsgerichtsvereinbarung."

In § 20 "Nebenbestimmungen" heißt es unter Abs. 2:

"Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages oder Teile von Bestimmungen nichtig oder unwirksam sein oder werden, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen dadurch nicht berührt. Die betreffende Bestimmung ist jedoch durch eine solche zu ersetzen, durch die der erstrebte wirtschaftliche und rechtliche Zweck weitgehend erreicht wird."

Unter dem 23.09.1997 schlossen die Antragsgegnerin sowie die Herren D und E unter Bezugnahme auf § 19 des Gesellschaftsvertrages einen Schiedsvertrag (K2 zu HLW1). Dieser enthält unter § 1 eine mit § 19 des Gesellschaftsvertrages gleichlautende Regelung.

Nachdem Herr E seinen Geschäftsanteil Nr. 1 an der Antragsgegnerin auf seine Ehefrau F E-D übertragen hatte, übertrug Herr D seinen Geschäftsanteil Nr. 2 im Jahr 2010 auf seine Kinder, die hiesigen Antragsteller, als gemeinschaftliche Inhaber zu je 1/3 Anteil. Im selben Jahr übertrug er ferner seine Kommanditistenstellung zu gleichen Teilen auf diese. Im Jahr 2013 übertrug auch E seine Kommanditistenstellung, und zwar auf seinen Sohn, Herrn G E.

Aufgrund von seit Jahren bestehender Differenzen zwischen den Gesellschafterfamilien begehrt die Antragsgegnerin den Ausschluss der Antragsteller aus der Antragsgegnerin.

Mit Schiedsklage vom 16.04.2019 (HLW1) leitete die Antragsgegnerin vor dem Schiedsgericht ein Schiedsverfahren ein mit dem Antrag, die Antragsteller als gemeinschaftliche Inhaber des Geschäftsanteils Nr. 2 aus der Antragsgegnerin auszuschließen. Die Antragsteller erwiderten unter dem 29.01.2020 (HLW1) mit dem Antrag, die Schiedsklage abzuweisen, wobei sie insbesondere die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts rügten. Auf Seite 11 ihrer Erwiderung führten die Antragsteller unter anderem aus, dass die Parteien nach § 19 des Gesellschaftsvertrages bzw. § 1 des Schiedsvertrages ausdrücklich sämtliche gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungen unter die Entscheidungsgewalt eines Schiedsgerichts hätten stellen wollen. Eine gesplittete Zuständigkeit zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit sei ersichtlich nicht gewollt gewesen. Dem trat die Antragsgegnerin nicht entgegen.

Mit Zwischenentscheid vom 25.08.2020 (HLW2) hat sich das Schiedsgericht für zuständig erklärt, über den angekündigten Sachantrag zu entscheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich seine Zuständigkeit aus § 19 der Satzung ergäbe. Diese Regelung sei zumindest insoweit wirksam, als darin solche Streitigkeiten der schiedsgerichtlichen Zuständigkeit unterworfen würden, die nicht Beschlussmängelstreitigkeiten seien. Da es sich um eine außervertragliche Schiedsklausel handele, seien die für selbstständige Schiedsabrede geltenden Formvorschriften nicht anzuwenden. Zwar sei die Klausel gemessen an den vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 06.04.2009 - II ZR 255/08 "Schiedsfähigkeit II") aufgestellten Anforderungen für die Wirksamkeit nichtig. Aus entsprechender Anwendung des § 139 BGB bliebe die Klausel jedoch gleichwohl wirksam, soweit sie Streitigkeiten, die keine Beschlussmängelstreitigkeiten sind, erfasst und der Zuständigkeit des Schiedsgerichts unterwirft. Einer unmittelbaren Anwendung von § 139 BGB stehe ihre Unteilbarkeit entgegen. Die Voraussetzung für eine analoge Anwendung lägen jedoch vor, denn die in der Klausel bezeichnete Gesamtmenge der Streitigkeiten lasse sich in die eindeutig abzugrenzenden...

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