Tenor
Hinsichtlich des Falles 5 der Urteilsgründe (Tat vom 12. April 2018 zum Nachteil der Fa. A, B) wird das angefochtene Urteil aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
Die insoweit entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen der Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen.
Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe verworfen, dass die Angeklagte im Hinblick auf die verhängte zweite Gesamtfreiheitsstrafe wegen Diebstahls in fünf Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt wird.
Die Angeklagte hat die verbleibenden Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Siegburg hat die Angeklagte am 14. Mai 2019 wegen Diebstahls in drei Fällen unter Einbeziehung einer Vorverurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten sowie wegen Diebstahls in sechs Fällen zu der weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Ihre hiergegen gerichtete Berufung hat das Landgericht in Anwendung des § 329 Abs. 1 StPO verworfen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der dieser die Verletzung sachlichen Rechts und insbesondere rügt, dass es hinsichtlich der Anklage vom 7. Juni 2018 (Tat vom 12. April 2018 zum Nachteil der Fa. A, B) an einem Eröffnungsbeschluss fehle.
II.
Das Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Rechtsmittel führt zur Verfahrenseinstellung hinsichtlich der Tat vom 12. April 2018 und zu einer entsprechenden Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1.
Hinsichtlich der Tat vom 12. April 2018 besteht das Verfahrenshindernis des fehlenden Eröffnungsbeschlusses.
a)
Das Fehlen eines Eröffnungsbeschlusses stellt ein absolutes Verfahrenshindernis dar, das zur Verfahrenseinstellung führt (BGH StV 1983, 318; BGH, StV 2015, 740; SenE v. 21.01.2003 - Ss 456/02 - = VRS 104, 364 [365] = NStZ 2004, 281; SenE v. 26.09.2003 - Ss 388/03 - = NStZ-RR 2003, 49 [50]; SenE v. 09.08.2005 - 8 Ss 34/05 -; SenE v. 11.08.2009 - 81 Ss 35/09 -; SenE v. 22.05.2012 - III-1 RVs 79/12 -; SenE v. 29.06.2016 - III-1RVs 128/16 -; SenE v. 25.09.2018 - III-1 RVs 191/18 -).
b)
Der Senat berücksichtigt dieses Verfahrenshindernis auch auf die gegen ein Verwerfungsurteil gerichtete Sachrüge.
aa)
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die gegen ein Verwerfungsurteil gemäß § 329 Abs. 1 StPO (bzw. - gleichsinnig - § 74 Abs. 2 OWiG) allein erhobene Sachrüge die Prüfung veranlasst, ob die für das Verfahren erforderlichen Prozessvoraussetzungen vorliegen oder ob dessen Einleitung oder Fortführung Prozesshindernisse entgegenstehen (SenE v. 15.08.2000 - Ss 189/00 -; SenE v. 16.03.2001 - Ss 66/01 -; SenE v. 13.03.2001 - Ss 65/01 -; SenE v. 12.12.2000 - Ss 446/00 - = VRS 100, 45 [49] = NJW 2001, 1223; SenE v. 03.04.2001 - Ss 92/01 -; SenE v. 27.11.2001 - Ss 468/01 -; SenE v. 21.12.2001 - Ss 507/01 B - = VRS 102, 112 [113] = DAR 2002, 178 [179] = NZV 2002, 241 [242]; SenE v. 11.03.2005 - 8 Ss 29/05 -; SenE v. 16.03.2011 - III-1 RBs 59/11 -; SenE v. 14.12.2018 - III-1 RBs 406/18 -).
bb)
Das gilt - was der Senat bislang noch nicht zu entscheiden hatte - unabhängig von der Frage, zu welchem Zeitpunkt das Verfahrenshindernis eingetreten ist, ob es also - wie der fehlende Eröffnungsbeschluss - bereits vom Amtsgericht hätte beachtet werden müssen. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der dies auf Vorlage des OLG Koblenz für das Verfahrenshindernis des fehlenden (zurückgenommenen) Strafantrags angenommen hat (BGHSt 46, 230 = NStZ 2001, 440). Dies entspricht auch der Rechtsmeinung derjenigen Oberlandesgerichte, die sich seither mit der genannten Rechtsfrage zu befassen hatten (OLG Hamm B. v. 25.10.2016 - III-3 RVs 72/16 - zitiert nach Juris [Verjährung]; OLG Düsseldorf B. v. 08.04.2014 III-2 RVs 35/14 = BeckRS 2014, 7811 [Frage des Vorliegens einer Eröffnungsentscheidung]; OLG Hamburg NJW 2012, 631 [unwirksame Anklage]; OLG Celle NStZ-RR 2012, 75 [parallele Situation der Sprungrevision gegen ein Verwerfungsurteil gemäß § 412 StPO - Verjährung]; OLG Celle NStZ 2008, 118 [Verfahrenseinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO]; s. weiter OLG Bamberg B. v. 19.01.2012 - 2 Ss OWi 1545/11= BeckRS 2012, 26002). Diese Rechtsauffassung wird auch von Teilen der Literatur vertreten (MüKo-StPO-Quentin, § 329 Rz. 11; Löwe/Rosenberg-Gössel, 26. Auflage 2012, § 329 Rz. 65; HK-StPO-Rautenberg/Reichenbach, § 329 Rz. 6; Paulus NStZ 2001, 445; a. A. - Berücksichtigung nur nachträglich entstandener Verfahrenshindernisse - aber Meyer-Goßner, Prozessvoraussetzungen und Prozesshindernisse S. 45 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Auflage 2019, § 329 Rz. 8; SK-StPO-Frisch, 5. Auflage 2016, § 329 Rz. 39; KK-StPO-Paul, 8. Auflage 2019, § 329 Rz. 13; SSW-StPO-Brunner, 3. Auflage 2018, § 329 Rz. 54; Duttge NStZ 2001, 442; wohl auch Radtke/Hohmann-Beukelmann, StPO, § 329 Rz. 37). Für einen Vorrang der Einstellung vor der Verwerfung spricht, dass es sich bei den Verfahrensvoraussetzungen um Umstände handelt, di...