Verfahrensgang
StA Aachen (Entscheidung vom 19.01.2011; Aktenzeichen 903 AR 51/10 V) |
AG Pszczyna (Entscheidung vom 29.06.2000; Aktenzeichen Il K 167/00) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
I.
Der Verurteilte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Pszczyna / Polen vom 29.06.2000 (Aktenzeichen II K 167/00), rechtskräftig seit dem 03.10.2000, wegen Diebstahls in besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt. Einem von den polnischen Behörden mit Europäischem Haftbefehl des Bezirksgerichts Katowice vom 23.11.2009 - Aktenzeichen XX1 Kap 60/09 - gestellten Auslieferungsersuchen zur Vollstreckung dieses Urteils ist mangels Zustimmung des Verurteilten nicht stattgegeben worden ( Aktenzeichen 6 AuslA 167/09).
Die polnischen Behörden haben daraufhin mit Schreiben vom 05.03.2010 um Übernahme der Vollstreckung dieses Urteils ersucht. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen hat zunächst mit Beschluß vom 03.09.2010 - Aktenzeichen 33b StVK 523/10 - das Urteil des polnischen Gerichts vom 29.06,2000 für vollstreckbar erklärt.
Der daraufhin zum Strafantritt geladene Verurteilte macht nunmehr geltend, es sei nach dem maßgeblichen deutschen Recht mit dem 02.10.2010 mittlerweile Vollstreckungsverjährung eingetreten.
Die Staatsanwaltschaft Aachen vertritt dagegen die Auffassung, es komme für den Beginn der Vollstreckungsverjährung auf den Zeitpunkt der Exequaturentscheidung vom 03.09.2010 an, so dass das Urteil noch vollstreckt werden könne, und hat die Sache der Strafvollstreckungskammer zur gerichtlichen Entscheidung vorgelegt. Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungskammer die Vollstreckung der Strafe aus dem Urteil des polnischen Gerichts nunmehr wegen Eintritts der Vollstreckungsverjährung für unzulässig erklärt. Gegen diese am 17.01.2011 bei ihr eingegangene Entscheidung hat die Staatsanwaltschaft Aachen unter dem 20,01.2011 sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit Verfügung vom 17.02.2011 begründet; sie hält an ihrer Auffassung fest, Vollstreckungsverjährung sei noch nicht eingetreten.
II.
Das Rechtsmittel ist gem. § 462 Abs. 3 als sofortige Beschwerde statthaft, fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig. Es bleibt jedoch ohne Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung der Strafvollstreckungskammer, dass die Strafe aus dem polnischen Erkenntnis wegen Ablaufs der Verjährungsfrist zum 02,10.2010 gern. § 79 Abs. 1 StGB nicht mehr vollstreckt werden darf.
Die Strafvollstreckungskammer hat hierzu ausgeführt:
"Für die Vollstreckung der mit Urteil vom 29.06.2000 verhängten Freiheitsstrafe sind die Vorschriften über die Vollstreckungsverjährung nach deutschem Recht maßgeblich.
Gemäß § 57 Abs. 4 IRG richtet sich die Vollstreckung der umgewandelten Sanktion nach den Vorschriften, die auf eine entsprechende in der Bundesrepublik Deutschland verhängte Sanktion anwendbar wären. Hiernach geltend für die Vollstreckungsverjährung die Vorschriften der §§ 79 ff. StGB. Gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 3 StGB beträgt die (Vollstreckungs)Verjährungsfrist bei einer Freiheitsstrafe von mehr als 1 Jahr und bis zu 5 Jahren zehn Jahre. Gemäß. 79 Abs. 6 StGB beginnt die Verjährung mit der Rechts- kraft der Entscheidung. Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift ist grundsätzlich diejenige, die den Rechtsfolgenausspruch enthält, mithin regelmäßig ein Strafurteil bzw. Strafbefehl, gegebenenfalls aber auch ein nachträglicher Gesamtstrafenbeschluss gemäß § 460 StPO. Ausgehend von dem Urteil des Amtsgerichts Pszczyna vom 29.06.2000, welches seit dem 03.10.2000 (in Polen) Rechtskraft erlangt hat, ist hiernach gemäß § 79 Abs. 3 StGB mit Ablauf des 02.10.2010 Vollstreckungsverjährung eingetreten.
Die Auffassung der Vollstreckungsbehörden, Entscheidung im Sinne des § 79 Abs. 6 StGB sei nicht das Urteil des Amtsgericht Pszczyna vom 29.06.2000, sondern die Exequaturentscheidung des Landgerichts Aachen vom 03.09.2010, die seit dem 15.09.2010 rechtskräftig ist, geht fehl.
Die Exequaturentscheidung eines deutschen Gerichts ist zwar Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Freiheitsentziehung in der Bundesrepublik Deutschland, weil - wie die Erklärung Deutschlands zu § 8 Abs. 3 des EG-Vollstrek in anderem Zusammenhang aus- führt - gemäß Art. 104 GG über die Zulässigkeit jeder Freiheitsentziehung im Geltungsbereich des Grundgesetzes ein deutscher Richter zu entscheiden hat. Auch wenn das ausländische Entscheidung nur durch das "Medium" der deutschen Gerichtsentscheidung vollstreckbar wird, bedeutet dies jedoch nicht, dass die Exequaturentscheidung.
das ausländische Erkenntnis ersetzt. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall.
Anders als die in § 79 Abs. 6 StGB genannten Entscheidungen enthält die Exequaturentscheidung zwar nominell einen Rechtsfolgenausspruch, nicht aber materiell. Im Rahmen der Exequaturentscheidung werden nur die in §§ 49, 54 IRG genannten Voraussetzungen geprüft, nicht aber aufgrund eigener Schuldfeststellung eine auf eig...