Entscheidungsstichwort (Thema)

Honorierung des Anwaltsbetreuers bei versagter Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anwaltsbetreuer, der u.a. zur Geltendmachung möglicher zivilrechtlicher Ansprüche des Betreuten bestellt ist, hat nach Versagung von Prozesskostenhilfe zur prozessualen Durchsetzung dieser Ansprüche keinen nach anwaltlichem Gebührenrecht zu liquidierenden Aufwendungsersatzanspruch nach § 1835 BGB, wenn die Ablehnung der Prozesskostenhilfe nicht völlig unerwartet war.

 

Normenkette

BGB § 1835

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 06.01.2009; Aktenzeichen 1 T 512/08)

AG Köln (Beschluss vom 06.06.2008; Aktenzeichen 6092 XVII B 355)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3. wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Köln vom 6.1.2009 - 1 T 512/08 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des AG Köln vom 6.6.2008 - 6092 XVII B 355 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 2. ist im Jahr 2005 vom AG zum Ergänzungsbetreuer der seit langem unter Betreuung stehenden Betroffenen bestellt worden, weil es um Ansprüche der sonst vermögenslosen Betroffenen gegen den Nachlass ihrer verstorbenen Mutter ging und ihr damaliger Betreuer als Bruder und Ehemann der Alleinerbin von der Wahrnehmung etwaiger Rechte der Betroffenen wegen der Interessenkollision ausgeschlossen war. Die Ergänzungsbetreuung, die sich zunächst auf die Geltendmachung des Pflichtteils der Betroffenen erstreckte, ist in 2007 dahin erweitert worden, dass sie auch die "Geltendmachung und Realisierung möglicher Ansprüche der Betroffenen aus dem notariellen Testament" der verstorbenen Mutter umfasst. Zwei Monate nach dem Ergänzungsbeschluss ist der Beteiligte zu 2. als Berufsbetreuer zum alleinigen Betreuer für sämtliche in Betracht kommenden Aufgabengebiete bestellt worden. Während seiner Bestellung als Ergänzungsbetreuer hat der Beteiligte zu 2. beim LG einen Prozesskostenhilfeantrag der Betroffenen eingereicht, mit dem eine Zahlungsklage über rund 46.000 EUR gegen die Alleinerbin vorbereitet werden sollte. Das LG hat das Gesuch auf Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, die beabsichtigte Klage biete aus Rechtsgründen keine Aussicht auf Erfolg. Der Beteiligten zu 2., der für die Zeit als Ergänzungspfleger die nach VBVG vorgesehene Vergütung erhalten hat, beantragt für die Tätigkeit anlässlich des Prozesskostenhilfeantrags eine Vergütung nach RVG, die gegen die Staatskasse festgesetzt werden soll. Das AG hat diesen Antrag abgelehnt; die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2. hatte Erfolg. Gegen diese Entscheidung des LG wendet sich nunmehr der Beteiligte zu 3. mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft (§§ 69e S. 1, 56g Abs. 5 S. 2 FGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt.

Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg und führt zur Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung. Der Beschluss des LG hält im Ergebnis der rechtlichen Überprüfung nicht stand (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Der Anwaltsbetreuer kann im Fall der Versagung von Prozesskostenhilfe regelmäßig keinen nach anwaltlichem Gebührenrecht zu liquidierenden Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 3, Abs. 4 BGB von der Staatskasse verlangen. Ein solcher Anspruch kann für den als Berufsbetreuer tätig werdenden Rechtsanwalt nur ausnahmsweise bestehen, wenn mit der Ablehnung der beantragten Prozesskostenhilfe nicht gerechnet werden konnte (BGH v. 20.12.2006, FamRZ 2007, 381). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

Zutreffend hat das LG die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Honorierung eines Anwaltsbetreuers, der für einen mittellosen Betreuten einen Zivilprozess vorbereiten will, zugrunde gelegt. Nach dieser Rechtsprechung (BGH v. 20.12.2006, a.a.O.), der sich der Senat anschließt, ist der Berufsbetreuer gehalten, bei der Prozessführung regelmäßig keine Kosten auslösenden Maßnahmen zu ergreifen, deren Finanzierung durch Prozesskostenhilfe oder im Vorfeld durch Beratungshilfe nicht gewährleistet werden kann. Denn das Betreuungsverhältnis kann nicht rechtfertigen, dass der Anwaltsbetreuer eines mittellosen Betreuten aus der Staatskasse eine höhere Vergütung erhält als bei Tätigwerden für einen anderen mittellosen Mandanten. Für den Fall der Versagung der Prozesskostenhilfe hat der BGH für den Regelfall einen Aufwendungsersatzanspruch nach anwaltlichem Gebührenrecht verneint. Der erwähnte Ausnahmefall, dass mit einer ungünstigen Entscheidung nicht gerechnet werden konnte, weil u.a. die Ablehnung auf einer nicht mehr tragfähigen Begründung beruht, lässt sich hier nicht feststellen. Die Ablehnung der Prozesskostenhilfe war nicht unerwartet. Vielmehr steht die landgerichtliche Entscheidung mit der Rechtslage in Einklang. Die beabsichtigte Zahlungsklage hat der Beteiligte zu 2. auf eine Auflage in dem notariellen Testament gestützt. Eine Auflage nach § 2192 BGB begründet indessen keinen Ans...

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