Entscheidungsstichwort (Thema)
Filesharing: Haftung für volljährigen Sohn
Leitsatz (amtlich)
1.) Die Inhaberin eines Internet-Anschlusses haftet auf Unterlassung und den Ersatz von entstandenen Abmahnkosten, wenn ihr volljähriger Sohn im Wege des Filesharing an Tauschbörsen teilnimmt und sie bei der Überlassung des dafür genutzten Anschlusses keine Maßnahmen ergriffen hat, dies zu verhindern. Der erforderliche Umfang der Einwirkung bleibt offen.
2.) Die Abmahnung kann auch dann hinreichend bestimmt sein, wenn aus ihr nicht hervorgeht, an welchen von 2.164 zum Herunterladen angebotenen Titeln dem Abmahnenden die Nutzungsrechte zustehen.
Der in einem Prozesskostenhilfeverfahren ergangene Beschluss ist nicht anfechtbar.
Normenkette
UrhG §§ 19a, 97a
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 19.03.2012; Aktenzeichen 28 O 1113/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 1113/11 - vom 19.3.2012, durch den ihrem Prozesskostenhilfegesuch unter einer Einschränkung teilweise stattgegeben und der Antrag im Übrigen zurückgewiesen worden ist, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass den beigeordneten Rechtsanwälten keine höheren Kosten zustehen als diejenigen, die bei zusätzlicher Einschaltung eines Verkehrsanwaltes anfallen würden.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Rechtsmittel gibt lediglich Anlass, die Beschränkung des Vergütungsanspruches der der Beklagten beigeordneten Sozietät klarzustellen.
I. Zu Recht hat das LG die begehrte Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung verweigert (§ 114 ZPO), soweit die Beklagte sich hinsichtlich des von ihr anerkannten Klageanspruches zu 1) gegen die Kostenlast verwehrt und hinsichtlich der geforderten Erstattung von Abmahnkosten die Abweisung der Klage erstrebt.
1.) Die auf den anerkannten Unterlassungsantrag entfallenden Kosten wären nur dann nicht der Beklagten, sondern den Klägerinnen aufzuerlegen, wenn die Voraussetzungen des § 93 ZPO erfüllt wären. Das ist aber nicht der Fall. Die Beklagte hat den Unterlassungsanspruch zwar im Sinne der Vorschrift sofort anerkannt, sie hatte aber Anlass zur Klageerhebung gegeben, weil sie zuvor wegen dieses Anspruches abgemahnt worden war. Die unter dem 17.4.2008 ausgesprochene, als Anlage K 5 mit der Klageschrift vorgelegte Abmahnung war berechtigt.
a) Es ist unstreitig, dass von dem Internetanschluss der Beklagten aus an dem Tattage 2.164 Musikdateien zum Herunterladen durch Dritte bereitgehalten worden sind, was den Tatbestand der gem. § 19a UrhG unzulässigen öffentlichen Zugänglichmachung erfüllt. An der von ihr auch nicht in Abrede gestellten Verantwortlichkeit der Beklagten besteht kein Zweifel. Auch wenn ihr Sohn, der die Musiktitel heruntergeladen haben soll, zum Tatzeitpunkt bereits volljährig war, oblag es ihr doch, bei der Überlassung des Anschlusses an diesen Maßnahmen zu ergreifen, um derartigen Rechtsverletzungen entgegenzuwirken. Es bedarf hierzu keiner Abwägung, wie weit diese Obliegenheiten gingen, weil die Beklagte, die den Anspruch inzwischen anerkannt hat, selbst nicht vorgetragen hat, überhaupt in irgendeiner Form auf ihren Sohn eingewirkt zu haben.
b) Die Abmahnung war auch hinreichend bestimmt. Es trifft allerdings zu, dass die Klägerinnen mit ihr zum Ausdruck gebracht haben, nicht Inhaberinnen der Rechte aller zum Herunterladen angebotener 2.164 Musikdateien zu sein, und aus der Abmahnung nicht hervorging, hinsichtlich welcher einzelnen Titel eine von ihnen aktivlegitimiert sei. Gleichwohl ist die Beklagte auf diese Weise wirksam abgemahnt worden. Die Verletzung der Rechte an einzelnen Titeln löst einen Unterlassungsanspruch aus, der sich nicht auf den betreffenden Titel beschränkt, sondern auch andere Titel und öffentliche Zugänglichmachungen erfasst, die im Kernbereich dieser Verletzungshandlung liegen. Ob die Klägerinnen mit der undifferenziert auf das zu ihren Gunsten geschützte (nach Kenntnis des Senats sehr umfangreiche) Musikrepertoire abstellenden Abmahnung gleichwohl mehr verlangt haben, als ihnen zusteht, kann dahinstehen.
Im gewerblichen Rechtsschutz ist anerkannt, dass den Gläubiger nicht eine Obliegenheit trifft, der Abmahnung den Entwurf einer Unterlassungserklärung beizufügen. Daher ist es grundsätzlich auch unschädlich, wenn er mit der einer Abmahnung beigefügten vorgeschlagenen Unterwerfungserklärung mehr verlangt, als ihm zusteht; es ist dann Sache des Schuldners, die Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer Unterwerfungserklärung in dem dazu erforderlichen Umfang auszuräumen (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 12 Rz. 1.17). Nach Auffassung des Senats (vgl. GRUR-RR 2011, 336) können diese Grundsätze allerdings auf Abmahnungen, die gegenüber einem nicht geschäftlich handelnden Rechtsverletzer ausgesprochen werden, nicht uneingeschränkt angewandt werden. Die Abmahnung soll dem Schuldner einen Weg weisen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der ...