Leitsatz (amtlich)

Ein Mehrheitsbeschluss, durch den die Eigentümer den in der Teilungserklärung vorgesehenen Kostenverteilungsschlüssel für die Zukunft generell abändern, ist nichtig. Die Berufung auf diese Nichtigkeit hat ein Eigentümer nicht dadurch verwirkt, dass er in einem gerichtlichen Vergleich mit der Eigentümergemeinschaft vor der Entscheidung des BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99 – nach Hinweis auf die damals ganz herrschende anderslautende Rechtsprechung einen diesen Beschluss betreffenden Anfechtungsantrag zurückgenommen hatte.

 

Normenkette

WEG §§ 10, 15

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Aktenzeichen 12 UR II 97/01)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) bis 4) gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Aachen vom 13.6.2002 – 2 T 33/02 – wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Beteiligten zu 2) bis 4) zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Rechtsbeschwerdewert: 4.000 Euro

 

Gründe

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer der vorgenannten aus 6 Wohneinheiten bestehenden Anlage, die seit dem 1.1.1996 von dem Beteiligten zu 1) zugleich verwaltet wird. In der Teilungserklärung vom 18.3.1981 ist unter § 6 bestimmt, dass die gesamten Betriebskosten (einschließlich der Kosten der Verwaltung) im Verhältnis der Miteigentumsanteile umzulegen sind, soweit sie nicht individuell feststellbar sind, und in § 7, dass bei der Beschlussfassung in einer Versammlung jeder Sondereigentümer je 1/1000stel Miteigentumsanteil eine Stimme hat (Bl. 15 bzw. 16 GA). Der Beteiligte zu 1) begehrt die Feststellung der Nichtigkeit zweier Beschlüsse aus länger zurückliegenden Eigentümerversammlungen vom 31.5.1987 und 10.5.1995. In der erstgenannten Versammlung hatten die Eigentümer zum TOP 7 beschlossen, dass „künftig alle Entscheidungen und Allgemeinabrechnungen nach Wohnungen und nicht nach Stimmanteilen getroffen werden” (Bl. 32 GA). In der zweitgenannten Versammlung (einberufen aufgrund eines im Verfahren AG Aachen UR II 80/94 geschlossenen Vergleichs) wurde zum TOP 4 (Umlage der Gebäudeversicherung) „mehrstimmig (alle anwesenden Eigentümer)” beschlossen, dass abweichend von dem Beschluss vom 31.5.1987 die Gebäudeversicherung ab dem Wirtschaftsjahr 1.7.1994 nach Miteigentumsanteilen umzulegen ist (Bl. 33 der GA). Dem letzteren Beschluss war vorausgegangen, dass mit Antrag vom 11.10.1994 die Beteiligten zu 1) und 6) als neue Eigentümer (Erwerb in 1994 bzw. 1993) drei Mehrheitsbeschlüsse der Eigentümerversammlung vom 28.9.1994 (TOP 1, 2 und 4: Umlage der Gesamtkosten in 6 gleiche Teile und Weiteranwendung des Beschlusses aus 1987, Wirtschaftsplan 94/95 und Jahresabrechnung 93/94/Bl. 8 der BA) angefochten hatten mit der Begründung, dass die die Teilungserklärung abändernde Regelung des Beschlusses vom 31.5.1987 mangels Grundbucheintrags für sie als Rechtsnachfolger mit den beiden kleinsten Wohnungen bei entsprechend kleineren Miteigentumsanteilen (122 bzw. 126/1000stel gegenüber 2 × 182 und je 1 × 201 bzw. 187/1000stel) nicht bindend und außerdem ihrer Ansicht nach wegen unangemessener Benachteiligung auch sittenwidrig sei. In der mündlichen Verhandlung vom 4.5.1995, in der die Beteiligten zu 1) und 6) einerseits und die Beteiligten zu 2) und 3) andererseits anwesend bzw. vertreten waren, wurde auf Vorschlag des Gerichts folgender Vergleich geschlossen:

„Für den Fall, dass in der nächsten Eigentümerversammlung unangefochten beschlossen wird, dass ab 1.7.1994 die Kosten der Gebäudeversicherung nach Miteigentumsanteilen verteilt werden und es Im Übrigen bei der Regelung gem. dem Eigentümerversammlungsbeschluss vom 31.5.1987 (dort Tagesordnungspunkt 7) bleibt, verpflichten sich die Antragsteller und die Wohnungseigentümer S. und W., ihre Anträge vom 11.10.1994 bzw. 23.2.1995 jeweils gegenüber dem Gericht zurückzunehmen. Dies gilt nur dann, wenn eine entsprechende Beschlussfassung in der unmittelbar bevorstehenden Wohnungseigentümerversammlung nicht durch einen Antrag bei Gericht auf Ungültigkeitserklärung dieses neu gefassten Beschlusses angefochten wird” (Verfahren AG Aachen UR II 80/94/BA Bl. 68).

Nach der – eingangs bereits teilweise wörtlich mitgeteilten und unangefochten gebliebenen – Beschlussfassung in der Versammlung am 10.5.1995 nahmen sämtliche Beteiligte ihre Anträge dem Gericht gegenüber zurück, dh auch die Beteiligten zu 2) und 3) ihren im Februar 1995 gestellten Antrag, die beiden Mehrheitsbeschlüsse der – auf Vorschlag des Gerichts nur zum Kostenverteilungsschlüssel einberufenen – Eigentümerversammlung vom 25.1.1995 zur Verteilung a) der Kosten der Gebäudeversicherung sowie b) der Kosten der Instandhaltung von Balkonen, Fenstern und Rolläden jeweils nach Eigentumsanteilen für ungültig zu erklären (Bl. 53 BA).

Gestützt auf die Entscheidung des BGH vom 20.9.2000 (BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = NJW 2000, 3500 = MDR 2000, 1367), d.h. wegen Nichtigkeit der Eigentümerbeschlüsse vom 31.5.1987/7 und 10.5.1995/4 erstellte der Beteiligte zu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?