Leitsatz (amtlich)
Aus einer Krankentagegeldversicherung für Selbständige kann ein Versicherungsnehmer, der inzwischen hauptberuflich einer unselbständigen, sozialversicherungs-pflichtigen Erwerbsarbeit nachgeht, nicht deshalb Leistungen beanspruchen, weil er eine selbständige Nebentätigkeit ausübt.
Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 20.05.2010; Aktenzeichen 9 O 108/10) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache nicht gerechtfertigt. Das LG hat dem Antragsteller die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mit Recht verweigert, weil die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 ZPO bietet.
Ein Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld für die Zeit vom 8.12.2009 bis zum 8.3.2010 steht dem Antragsteller nicht zu. Gemäß § 15 Buchstabe a der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (MB/KT) endet das Versicherungsverhältnis bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit zum Ende des Monats, in dem die Voraussetzung weggefallen ist. Ziff. 1 Abs. 1 der Allgemeinen Bestimmungen zu dem von den Parteien vereinbarten Tarif KT3 definiert den Begriff des versicherungsfähigen Selbständigen als Person, die ihren Beruf selbständig ausübt, regelmäßige Einkünfte erzielt und einkommensteuerpflichtig ist; nach Abs. 2 gehören hierzu Angehörige der freien Berufe sowie selbstständige Berufstätige der gewerblichen Wirtschaft, die ihr Gewerbe bei der Behörde angezeigt bzw. eine Gewerbeerlaubnis haben. Die Voraussetzungen der Versicherungsfähigkeit nach dem Tarif waren vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers entfallen; im Zeitpunkt des Verkehrsunfalls vom 16.10.2008, dessen Folgen zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben, hat der Antragsteller die Merkmale des versicherungsfähigen Selbständigen nicht mehr erfüllt. Der Antragsteller hatte bereits am 25.4.2008 dem zuständigen Gewerbeamt die vollständige Aufgabe des Betriebs eines Wellnessstudios mit Verkauf von Kosmetik, Nahrungsergänzung sowie Geschenkartikeln angezeigt und nach eigenem Vortrag dieses Gewerbe in der Folgezeit auch nicht mehr betrieben. Zwar hat er - erst - am 10.2.2010 rückwirkend auf den 1.10.2008 ein neues Gewerbe mit der Tätigkeitsbezeichnung "Mobile Wellnessmassagen" angemeldet; dazu behauptet er, in der Zeit von Ende April 2008 bis zum Unfallereignis am 16.10.2008 Massagedienste im Rahmen von Hausbesuchen geleistet und eine künftige Ausweitung dieser Erwerbsarbeit geplant zu haben. Indessen hatte der Antragsteller am 1.10.2008 und damit vor dem Eintritt des Versicherungsfalls eine unselbständige Arbeitstätigkeit aufgenommen. Gemäß dem Arbeitsvertrag mit der Firma H. Automaten vom gleichen Tage ist er mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden als Spielstättenaufsicht eingesetzt worden. Zudem ist in Ziff. 10 dieses Vertrags ausdrücklich geregelt, dass der Antragsteller seine volle Arbeitskraft in den Dienst des Arbeitgebers stellt und Nebentätigkeiten dessen Zustimmung bedürfen. Die Ausübung einer - vollschichtigen - Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer schließt eine Versicherungsfähigkeit nach dem Tarif KT3 jedoch aus.
Eine Krankentagegeldversicherung dient der sozialen Absicherung erwerbstätiger Personen (BGHZ 88,78; 117,92; VersR 1992,479; 2008,628). Bei selbständigen Er-werbstätigen, die keinen Sozialversicherungsschutz genießen, bildet die Krankenta-gegeldversicherung das Gegenstück zu den Krankengeldzahlungen, die bei sozial-versicherten Personen von den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung er-bracht werden (BGHZ 88,78; VersR 1992,479). Dieser Zweck verbietet eine Ausle-gung des Tarifs KT3 der Antragsgegnerin dahin, dass ein Versicherungsnehmer, der hauptberuflich einer unselbständigen, sozialversicherungspflichtigen Erwerbsarbeit nachgeht, Krankentagegeld deshalb beanspruchen kann, weil er eine selbständige Nebentätigkeit ausübt. Diese Erwägung trifft auf den Antragsteller zu: Seit der Aufnahme einer Beschäftigung als Arbeitnehmer im Rahmen einer 40-Stunden-Woche war der Antragsteller nicht mehr, wie dies dem Zweck des Krankentagegeldes entsprechen würde (vgl. BGHZ 117,92; VersR 1992,479), zu seiner sozialen Absicherung auf eine Krankentagegeldversicherung angewiesen. Der Umstand, dass der Arbeitsvertrag vom 1.10.2008 auf ein Jahr befristet war, rechtfertigt keine davon abweichende Beurteilung. Zwar bedeutet für denjenigen, der in Zukunft möglicherweise wieder auf den Schutz einer solchen Versicherung angewiesen ist, die endgültige und ersatzlose Beendigung einer einmal begründeten Krankentagegeldversicherung eine empfindliche Beeinträchtigung seiner Position in rechtlicher wie wirtschaftlicher Hinsicht; der Wegfall der Versicherungsfähigkeit darf dem Versicherungsnehmer daher nicht aufgezwungen werden, sofern dieser damit die Chance verliert, sich erforderlichenfalls wieder sachgerecht in einer Krankentagegeldversicherung versichern zu können. Der Versicherungsnehm...