Entscheidungsstichwort (Thema)
Produkthaftung; Beweis der Kausalität bei fehlerhaftem Produkt
Leitsatz (amtlich)
Kommt es in einem Wohnraum, in dem sich ein mit einer erhöhten Brandgefahr behaftetes elektrisches Produkt befindet, zu einem Brand, kommen für die Entstehung des Brandes indes mehrere andere Ursachen ernsthaft in Betracht, insbesondere andere elektrische Geräte, Unachtsamkeit des Bewohners oder Einwirkung von außen, kann ein Beweis des ersten Anscheins für die Ursächlichkeit des Produktfehlers nicht angenommen werden.
Normenkette
ProdHaftG § 1; BGB § 823; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 14.01.2011; Aktenzeichen 15 O 599/04) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den ihren Prozesskostenhilfeantrag für das erstinstanzliche Verfahren zurückweisenden Beschluss des LG Bonn vom 14.1.2011 - 15 O 599/04 - wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
3. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 14.1.2011 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Bonn - 15 O 599/04 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten aus ererbtem Recht ihrer Mutter gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG, § 823 Abs. 1 BGB die Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 50.000 EUR nicht verlangen.
Das LG hat mit zutreffender Begründung angenommen, dass sich nicht feststellen lässt, dass einer der Produktfehler des Pflegebetts, nämlich der durch die Kabelführung und die Materialauswahl bedingte unzureichende Schutz der Netzanschlussleitung und der Verbindungsleitungen gegen mechanische Beschädigungen oder der unzureichende Schutz der elektrischen Bauteile gegen Feuchtigkeit, am 18.12.2001 den Brand im Einfamilienhaus X. 6 in C./H. verursacht hat.
1. Wie die Klägerin nicht in Zweifel zieht, trägt der Geschädigte im Ausgangspunkt die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen Fehler und Schaden (vgl. § 1 Abs. 4 Satz 1 ProdHaftG), bei dem es sich um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt.
Eine Beweislastumkehr kann die Klägerin weder aus den in der Berufungsbegründung angeführten Urteilen des BGH v. 26.11.1968 - VI ZR 212/66 (BGHZ 51, 91 ff.); v. 7.6.1988 - VI ZR 97/87 (BGHZ 104, 323 ff.) noch aus sonstigen Gesichtspunkten herleiten. In dem zuerst angeführten Urteil ("Hühnerpestfall") hat der BGH entschieden, dass der Hersteller im Falle der Schädigung einer Person oder einer Sache durch einen Produktfehler beweisen muss, dass ihn hinsichtlich des Fehlers kein Verschulden trifft. Nach dem Urteil vom 7.6.1988 ("Limonadenflaschenfall") kommt für den Beweis, dass ein Produktfehler im Verantwortungsbereich des Herstellers entstanden ist, zugunsten des Geschädigten eine Beweislastumkehr in Betracht, wenn der Hersteller aufgrund der ihm im Interesse des Verbrauchers auferlegten Verkehrssicherungspflicht gehalten war, das Produkt auf seine einwandfreie Beschaffenheit zu überprüfen und den Befund zu sichern, er dieser Verpflichtung aber nicht nachgekommen ist. Vorliegend geht es aber weder um die Frage einer schuldhaften Verkehrssicherungspflichtverletzung noch um die Frage, ob der Produktfehler des Pflegebetts im Verantwortungsbereich der Beklagten verursacht worden ist, sondern darum, ob der erwiesenermaßen aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten herrührende Produktfehler des Pflegebetts den Schaden der Klägerin, mithin den Brand des Hauses, verursacht hat. Auch aus dem den Urteilen vom 26.11.1968 und 7.6.1988 zugrunde liegenden Rechtsgedanken, dass der Verlauf der maßgeblichen Vorgänge im Herrschafts- und Gefahrenbereich einer Partei die Beweislast modifizieren oder ändern kann, ergibt sich nichts zugunsten der Klägerin. Der Brand des Hauses hat sich in der ihr als Rechtsnachfolgerin zurechenbaren Sphäre ihrer Mutter ereignet.
2. Anders als in der Berufungsbegründung geltend gemacht wird, kommen der Klägerin auch die Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht zugute.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind die Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins nur bei typischen Geschehensabläufen anwendbar, das heißt in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist. Dabei bedeutet Typizität nicht, dass die Ursächlichkeit einer bestimmten Tatsache für einen bestimmten Erfolg bei allen Sachverhalten dieser Fallgruppe notwendig immer vor...