Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein selbständiges Verfallsverfahren gegen Unternehmen bei rechtskräftiger Verurteilung des Vertreters
Leitsatz (redaktionell)
Ein selbständiges Verfallsverfahren gegen ein Unternehmen (hier: eine Aktiengesellschaft) findet nicht statt, wenn der für dieses handelnde Angestellte als Betroffener im Bußgeldverfahren rechtskräftig verurteilt ist.
Verfahrensgang
AG Aachen (Entscheidung vom 09.12.2002; Aktenzeichen 51 OWi 380/99) |
Gründe
I. Im Anschluss an einen von dem Staatlichen Umweltamt B erlassenen Bußgeldbescheid hat das Amtsgericht Aachen in dem Verfahren 71 Js 31/98 StA Aachen mit Urteil vom 26. Oktober 1998 (51 OWi 120/98) gegen den bei der damaligen Firma A-Aktiengesellschaft in C beschäftigten Mitarbeiter K Q wegen vorsätzlicher Nichteinrichtung einer Gasrückführungsanlage bei Tankstellen auf eine Geldbuße von 3.000,00 DM erkannt. Gegenstand dieser Verurteilung ist die Nichtausrüstung der A-Tankstelle U-Straße xxx in B bis zum 01.01.1997 mit sogenannten "Saugrüsseln". Dieses Urteil ist seit einer die Rechtsbeschwerde des Betroffenen verwerfenden Senatsentscheidung vom 23. März 1999 rechtskräftig. Die Geldbuße ist gezahlt.
Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens 71 Js 80/99 StA Aachen ist ein Bescheid des Staatlichen Umweltamts B vom 21. Januar 1999. In diesem ist gegen die A AG in C gemäß § 29 a Abs. 4 OWiG wegen desselben Tatgeschehens der Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 15.672,00 DM angeordnet worden. In dem auf den Einspruch der Verfallsbeteiligten hin fortgeführten Verfahren änderte sich die Firmenbezeichnung der Verfallsbeteiligten mehrfach: Nach Umwandlung firmierte die Verfallsbeteiligte als A AG & Co. KG, gesetzlich vertreten durch den geschäftsführenden Gesellschafter A Management AG, gesetzlich vertreten durch den Vorstand, geschäftsansässig X-Straße 45, ... C (vgl. Bl. 69 d.A.). Mit Wirkung zum 01.10.2002 wuchs die vorgenannte Firma auf die B1 Fuels Deutschland GmbH, N-C-Straße 2, .... I, gesetzlich vertreten durch die Geschäftsführer Dr. N D und Dr. J F, an (vgl. Bl. 134 d.A.). Unter diesem Rubrum wird das Verfahren auch derzeit noch geführt. Unter dem 29. November 2002 teilte der Verteidiger der Verfallsbeteiligten mit, dass das streitbefangene Tankstellenvermögen inzwischen im Wege der Umwandlung auf eine Firma A Management AG mit Sitz in C übergegangen sei (Bl. 204 d.A.).
Nachdem das Amtsgericht Aachen mit Urteil vom 16. Mai 2001 den Einspruch gegen den Verfallsbescheid nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen hatte und diese Entscheidung durch Beschluss des Senats vom 20. November 2001 aufgehoben worden war, hat das Amtsgericht erneut Termin zur mündlichen Verhandlung, zuletzt auf den 9. Dezember 2002 anberaumt und das Erscheinen der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten zur Sachaufklärung angeordnet. Der Einwand der Verfallsbeteiligten, dass zur Sachaufklärung lediglich der Angestellte Q beitragen könne, ist unberücksichtigt geblieben.
Nachdem die Geschäftsführer im Termin vom 09.12.2002 nicht erschienen sind, hat das Amtsgericht mit Urteil vom selben Tage den Einspruch "der Betroffenen" gegen "den Bußgeldbescheid" gemäß "§§ 433 Abs. 2 StPO i.V.m. §§ 46 und 73 OWiG" verworfen.
Gegen diese am 19.12.2002 zugestellte Entscheidung richtet sich die schon am 10.12.2002 eingelegte Rechtsbeschwerde, erhoben im Namen der A Management AG und unter dem 19.12.2002 wiederholt unter dem Namen der B1 Fuels Deutschland GmbH. Die ergänzende Beschwerdebegründung vom 03.02.2003 rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Aachen beantragt.
II. Auf die nach §§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 87 Abs. 5 und 6 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hin (die dem Senat erst am 18. Februar 2004 vorgelegt worden ist) ist das Verfahren einzustellen. Es fehlt an einer Verfahrensvoraussetzung, die auch in der Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdeinstanz noch erfüllt sein muss (vgl. hierzu BGHSt 21, 55).
Prozessvoraussetzung für das auf die Anordnung der Einziehung oder des Verfalls gerichtete selbständige Verfahren ist im Straf- wie im Ordnungswidrigkeitenrecht die Unmöglichkeit der Durchführung eines subjektiven Straf- oder Bußgeldverfahrens (RGSt 65, 176; BGH aaO. S. 56; OLG Hamburg wistra 97, 72; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., vor § 430 Rdnr. 5 und § 440 Rdnr. 6; Göhler-König, OWiG, 13. Aufl., § 87 Rdnr. 59 h). Dementsprechend bestimmt § 29 a Abs. 4 OWiG, dass der Verfall dann selbständig angeordnet werden kann, wenn gegen den Täter ein Bußgeldverfahren nicht eingeleitet oder eingestellt wird.
Vorliegend hingegen ist gegen den Betroffenen Q als Täter ein Bußgeldverfahren durchgeführt und mit einer rechtskräftigen Verurteilung beendet worden. Demgegenüber ist die Verfallsbeteiligte - von dem Amtsgericht als "Betroffene" bezeichnet - als Dritte anzusehen. Daran ändert es nichts, dass der Betroffene Q als - so das Amtsgericht im Urte...