Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Aachen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Aachen hat den Angeklagten mit dem angefochtenen Urteil unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 6. Februar 2009 - 36 Ls 260/08 - wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln zu einer Einheitsjugendstrafe von 12 Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Hiergegen richtet sich das zunächst als Berufung bezeichnete Rechtsmittel des Angeklagten, das er mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 23. November 2009 zur Revision bestimmt hat. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

II.

1.

Das Rechtsmittel hat insofern (vorläufigen) Erfolg, als es gemäß §§ 353, 354 Abs. 2 StPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Aachen führt.

Die Begründung der Entscheidung erweist sich als materiell-rechtlich unvollständig.

a)

Grundlage der revisionsgerichtlichen Überprüfung in sachlich-rechtlicher Hinsicht sind allein die schriftlichen Entscheidungsgründe, wie sie sich aus der gemäß § 275 StPO mit der Unterschrift des Richters zu den Akten gebrachten Urteilsurkunde ergeben (vgl. dazu nur Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 337 Rdnr. 22 m. w. Nachw.; Kuckein in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Auflage 2008, § 337 Rz. 27). Für die Prüfung, ob der Tatrichter das materielle Recht richtig angewendet hat, stehen dem Revisionsgericht nur die dort niedergelegten Angaben über das Tatgeschehen, die Beweiswürdigung und die rechtliche Würdigung zur Verfügung (Hanack, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 337 Rdnr.101).

In der vorliegenden Sache gibt das zu den Akten gelangte schriftliche Urteil (Bl. 122 - 128 d.A.) die Entscheidungsgründe ersichtlich nur unvollständig wieder. Das ergibt sich sowohl aus einem Bruch im Text als auch aus den Seitenzahlen in der Kopfzeile; auf Seite 4 (= Bl. 125 d.A.) folgt nämlich Seite 6 (= Bl. 126 d.A.). Dabei sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Urteilsurkunde noch in vollständiger Form - also einschließlich einer Seite 5 - zu den Akten gelangt und erst danach der nunmehr fehlende Teil in Verlust geraten ist. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Unvollständigkeit bereits im Zeitpunkt des § 275 StPO bestanden hat.

b)

Als Folge davon enthält das angefochtene Urteil keine ausreichenden Feststellungen zum Tatgeschehen.

Die schriftlichen Urteilsgründe sollen dem Revisionsgericht die Möglichkeit sachlich-rechtlicher Überprüfung der Rechtsanwendung auf ihre Richtigkeit eröffnen. Genügen sie den aus dieser Zweckbestimmung abzuleitenden inhaltlichen Anforderungen nicht, so ist das sachliche Recht verletzt und das Urteil bereits auf die allgemeine Sachrüge hin aufzuheben (OLG Düsseldorf VRS 74, 282; Engelhardt, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Auflage 2008, § 267 Rz. 47). Das ist der Fall, wenn die Darstellung und Würdigung des festgestellten Sachverhalts unklar, widersprüchlich oder ersichtlich nicht vollständig ist, wenn sie Denkfehler enthält oder Erfahrungssätze missachtet (SenE v. 06.07.1999 - Ss 269/99 -; SenE v. 23.10.2001 - Ss 413/01).

(aa)

Zum Tatgeschehen lässt sich dem angefochtenen Urteil nur folgendes entnehmen:

"Bezogen auf die Anklageschrift 104 Js 34/09 hat die Beweisaufnahme ergeben, dass nur dem Angeklagten A das größere Päckchen mit der Marihuana-Menge und dem Angeklagten B lediglich das kleine Päckchen mit dem Tabak-Marihuana-Gemisch hat strafrechtlich verantwortlicherweise zugerechnet werden können. Die übereinstimmende Einlasssung beider Angeklagter, der Angeklagte B habe von dem beabsichtigten und auch tatsächlich durchgeführten Drogenankauf in den Niederlanden nichts gewusst, konnte nicht mit der erforderlichen Gewissheit widerlegt werden."

Streng genommen belegen diese Feststellungen noch nicht einmal, dass der Angeklagte Marihuana aus den Niederlanden nach Deutschland eingeführt hat.

(bb)Darüber hinaus bleibt jedenfalls unklar, wie groß die Rauschgiftmenge in dem - nach der Urteilsformel von dem Angeklagten eingeführten - Tabak-Marihuana-Gemisch war.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass bei einer Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz für die zutreffende Beurteilung des Schuldumfangs grundsätzlich auch Feststellungen zur Menge der tatgegenständlichen Betäubungsmittel - und weitergehend regelmäßig auch zum Wirkstoffgehalt des Rauschgifts - erforderlich sind. Der (Mindest-)Umfang der Schuld kann nicht bemessen werden, wenn nicht die Menge des Betäubungsmittels, mit dem der illegale Verkehr stattgefunden hat, festgestellt wird (BGH NStZ 1982, 65 [Schoreit]; BGH NJW 1992, 380 = NStZ 1992, 591; Weber, BtMG, 2. Aufl., Vor § 29 Rdnr. 732 ff.; SenE v. 26.05.2009 - 82 Ss 28/09 -; zum Wirkstoffgehalt: vgl. BGH NJW 1985, 273, 1406; BGH NStZ 2...

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