Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bonn zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Vorlageverfügung vom 27. März 2018 zum Verfahrensgang Folgendes ausgeführt:

"Das Amtsgericht - Jugendrichterin - Bonn hat den Angeklagten mit Urteil vom 14.11.2017 - 602 Ds 147/17 - (Bl. 207 ff. d. A.) wegen gemeinschaftlicher Nötigung schuldig gesprochen und ihn angewiesen, nach Weisung der Jugendgerichtshilfe an einem Verkehrserziehungskurs teilzunehmen und eine Geldbuße in Höhe von 750 Euro zu zahlen.

Gegen dieses, dem Verteidiger am 11.12.2017 zugestellte Urteil (Bl. 219 d. A.) hat der Angeklagte mit Verteidigerschriftsatz vom 21.11.2017, eingegangen bei dem Amtsgericht Bonn am selben Tag (Bl. 202 d. A.), Rechtsmittel eingelegt. Mit weiterem, bei dem Amtsgericht am 11.01.2018 eingegangenem Verteidigerschriftsatz vom selben Tage hat der Angeklagte das Rechtsmittel als (Sprung-)Revision bezeichnet und mit der Verletzung materiellen Rechts begründet (Bl. 231 ff. d. A.). Er hat hierzu insbesondere ausgeführt, das Urteil sei nicht wirksam unterzeichnet. Mit am 07.02.2018 dem Verteidiger zugestelltem Schreiben (Bl. 245 d. A.) hat die Abteilungsrichterin die Rücknahme der Revision anheimgestellt, da die Schriftsätze vom 21.11.2017 (Rechtsmitteleinlegung) und vom 11.01.2018 (Revisionsbegründung) nicht wirksam unterschrieben seien, so dass die Revision gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen sei (Bl. 237 d.A). Mit Verteidigerschriftsatz vom 14.02.2018 hat der Angeklagte hierzu Stellung genommen und mit weiterem Schriftsatz vom selben Tage, bei Gericht am 14.02.2018 eingegangen, wegen der Versäumung der Rechtsmitteleinlegungsfrist und der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und gleichzeitig Revision eingelegt, die er mit der allgemeinen Sachrüge begründet hat.

Am 07.03.2018 hat die Abteilungsrichterin vermerkt, die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung dürften vorliegen, so dass nach § 46 StPO das Rechtsmittelgericht zu entscheiden habe und hat um Vorlage der Akten bei dem Oberlandesgericht gebeten (Bl. 260R d. A.)."

Darauf nimmt der Senat Bezug.

II.

1.

Das Rechtsmittel ist als Sprungrevision gemäß § 335 StPO zulässig. Es ist insbesondere gemäß § 341 Abs. 1 StPO frist- und formgerecht eingelegt und sowie nach § 345 Abs. 2 StPO frist- und formgerecht begründet worden.

a.

Zur Schriftform im Sinne des § 341 Abs. 1 StPO gehört, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, schon im Zeitpunkt des Eingangs der Erklärung bei Gericht hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Auch muss feststehen, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern das Schriftstück mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage, Einl. Rn. 128 m. w. N.), wobei eine handschriftliche Unterzeichnung nicht unbedingt erforderlich ist (BVerfGE 15, 288, 291). Diesen Anforderungen an die Schriftform genügt die Rechtsmitteleinlegungsschrift, welche schon aufgrund des Briefkopfes und des gedruckten Namenszuges unter dem Dokument die Zuordnung zum Ersteller einwandfrei ermöglicht. Dass es sich nicht lediglich um einen Entwurf handelt, kann im Übrigen dem händisch beigefügten Zusatz unter dem Schriftsatz hinreichend entnommen werden.

b.

Auch ist die Revision mit Verteidigerschriftsatz vom 11.01.2018 ordnungsgemäß nach § 345 Abs. 2 StPO begründet worden. Die Vorschrift verlangt die Unterzeichnung durch einen Verteidiger oder Rechtsanwalt. Dabei muss die Unterschrift in der Regel aus der Wiedergabe des vollen Namens bestehen, der indes nicht lesbar sein muss. Ausreichend ist vielmehr ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender individueller Schriftzug, der einmalig ist, entsprechende charakteristische Merkmale aufweist und sich als Unterschrift eines Namens darstellt. Dabei muss ein Mindestmaß an Ähnlichkeit in dem Sinne bestehen, dass ein Dritter, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, ihn aus dem Schriftbild noch herauslesen kann. Der unter dem Schreiben händisch angebrachte - in seiner Länge dem vollen (Nach-) Namen des Verteidigers entsprechende und deutlich individuelle Züge aufweisende - Zusatz genügt - noch - den Anforderungen an eine Unterzeichnung im Sinne der Vorschrift. Dies gilt auch im Lichte des seitens des Bundesgerichtshofs formulierten Erfordernisses einer Herauslesbarkeit jedenfalls einzelner Buchstaben (vgl. dazu BGH NJW 74, 1090; 82, 1467). Diese Anforderung steht im Kontext der Frage nach einer einwandfreien Einordnung des einzelnen Gebildes als Schrift und zwar in Abgrenzung zu sonstigen Zeichen oder geometrischen Formen. Der hier angebrachte händische Zusatz lässt, wenngleich die konkrete Zuordnung zu den einzelnen Buchstaben des Namen...

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