Entscheidungsstichwort (Thema)

Überprüfungsbefugnis staatlicher Gerichte im Verhältnis zur Verbandsgerichtsbarkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Verbandsinterne Sportgerichtsentscheidungen unterliegen nur in eingeschränktem Umfang der Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte (hier: Disqualifizierung eines Pferdes bei einer Galopprennveranstaltung).

 

Normenkette

BGB §§ 242, 661

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 29.11.2006; Aktenzeichen 4 O 39/06)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Köln vom 29.11.2006 (4 O 39/06) gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses. Sie mag innerhalb der Frist mitteilen, ob die Berufung zur Vermeidung weiterer Kosten zurückgenommen wird.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat nach dem gegebenen Sachstand keine Aussicht auf Erfolg. Da die zugrunde liegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung durch Urteil auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO), soll über das Rechtsmittel durch Beschluss entschieden werden.

Die Klägerin kann nicht, wie im vorliegenden Verfahren geltend gemacht, verlangen, dass ihr Pferd "M T" unter Aufhebung der Entscheidungen der Rennleitung vom 28.8.2005 und des Renngerichts vom 5.10.2005 zum Sieger des Rennens "28.8.2005, H Q" am 28.8.2005 in C erklärt wird; auch die hilfsweise begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Entscheidungen der Rennleitung vom 28.8.2005 und des Renngerichts vom 5.10.2005 kommt nicht in Betracht. Denn die entsprechenden Entscheidungen der Rennleitung und des Renngerichts sind unter Zugrundelegung des unstreitigen Sachverhalts aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

1. Entscheidungen der Rennleitung und des Renngerichts über die nachträgliche Disqualifizierung eines Pferdes im Galopprennsport können nach der Rechtsprechung des BGH, von der abzuweichen der Senat keine Veranlassung sieht, in Anwendung des § 661 Abs. 2 S. 2 BGB nicht auf ihre sachliche Richtigkeit nachgeprüft werden, und zwar selbst dann nicht, wenn eine Partei geltend machen sollte, die Entscheidung sei offenbar unrichtig; nachprüfbar ist allenfalls das Verfahren, soweit es sich um schwerwiegende Mängel handelt, die offensichtlich auch die Entscheidung selbst beeinflusst haben (BGH NJW 1966, 1213; ebenso für einen Wettflug von Brieftauben OLG Hamm, SpuRt 1999, 66 f.).

Hiervon ausgehend erweist sich die landgerichtliche Entscheidung als richtig, denn jedenfalls der letztlich maßgeblichen Entscheidung des Renngerichts liegt hinsichtlich der tatsächlichen Laufwege der beteiligten Pferde unstreitig ein zutreffender Sachverhalt zugrunde; gerügt wird mit der Berufungsbegründung allein, dass dieser Sachverhalt die vom Renngericht auf einen Verstoß gegen Nr. 625 RO gestützte Disqualifizierung von "M T" nicht rechtfertige. Eine derartige Überprüfung ist den ordentlichen Gerichten jedoch nach der oben zitierten Rechtsprechung des BGH grundsätzlich untersagt (ebenso Lindemann, SpuRt 1994, 17 ff., 22, 23; Staudinger/Bergmann, 2006, § 661 Rz. 35); ein insoweit allenfalls noch beachtlicher Verstoß gegen den ordre public (dazu vgl. Staudinger/Bergmann, 2006, § 661 Rn35) liegt offensichtlich nicht vor.

2. Selbst wenn man aber hiervon abweichend eine weiter gehende Überprüfung der Entscheidungen der Rennleitung und des Renngerichts im Hinblick auf den mit der Disqualifizierung verbundenen Strafcharakter bejahen würde, ergäbe sich im vorliegenden Fall nichts Anderes.

a) Nach der Rechtsprechung des BGH unterliegen Ordnungsmaßnahmen von privatrechtlich organisierten Verbänden einer Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte dahin, dass diese Entscheidungen im Gesetz und in wirksamen - ihrerseits der Inhaltskontrolle auf ihre Angemessenheit unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben unterliegenden - Bestimmungen des maßgeblichen vereinsinternen Regelwerks eine Grundlage finden müssen; gewährleistet sein muss auch die Einhaltung eines elementaren, rechtstaatlichen Normen und der eigenen Verfahrensordnung des Verbandes entsprechenden Verfahrens, die Fehlerfreiheit der dem Spruch zugrundeliegenden Tatsachenermittlungen sowie bei sozial mächtigen Verbänden die Billigkeit der Entscheidung (BGH v. 28.11.1994 - II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 ff. = MDR 1995, 862 zur Verhängung von Bußgeldern durch einen Sportverband). Die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter die herangezogene Vorschrift gehört insoweit grundsätzlich zu den Maßnahmen, die ein Verein in Ausübung seiner Vereinsgewalt eigenverantwortlich zu treffen hat und die gerichtlich daher nur in engen Grenzen nachprüfbar sind; dabei ist der dem Verein zuzubilligende Beurteilungsspielraum allerdings umso eingeschränkter, je wichtiger die Entscheidung für den Betroffenen ist (BGH v. 9.6.1997 - II ZR 303/95, MDR 1997, 954 = NJW 1997, 3368 ff...

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