Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenbefreiung für kommunale Abwasserbetriebe
Leitsatz (amtlich)
1. Ein kommunaleigenes Abwasserunternehmen einer Gemeinde in Nordrhein-Westfalen ist nach § 11 II KostO i.V.m. § 1 I Nr. 2 NWGebBefrG von der Zahlung der Gerichtsgebühren befreit.
2. Zu den "Zivilsachen" i.S.d. § 1 I Nr. 2 NWGebBefrG gehören auch die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Normenkette
KostO § 11 abs. 2; NWGebBefrG § 1 Abs. 1 Nr. 2; GO NW § 107 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 KostO
Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 29.03.2007; Aktenzeichen 6 T 358/05) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 4.5.2007 wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Bonn vom 29.3.2007 - 6 T 358/05 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 22.11.2005 werden der Beschluss der Rechtspflegerin vom 14.11.2005 - Grundbuch von Altenrath Bl. 0898 des AG Siegburg - sowie die Kostenrechnung des Grundbuchamts vom 23.11.2005 aufgehoben.
Gründe
1. Die beteiligte Anstalt des öffentlichen Rechts ist durch Umwandlung des vormaligen Eigenbetriebes "Abwasserbetrieb der Stadt U" entstanden. Am 8.3.2002 bzw. am 3.8.2004 stellte die Beteiligte zu 1) einen Grundbuchberichtigungsantrag. Nach erfolgter Berichtigung des Grundbuchs hat das Grundbuchamt mit Verfügung vom 23.11.2004 (Bl. 46 d. GA.) der Beteiligten zu 1) auf der Grundlage des von ihr angegebenen Wertes für das Grundstück von 3.254.000 EUR eine Kostenrechnung über 4.947 EUR erteilt. Die hierauf erhobene Erinnerung hatte keine Erfolg. Die von der Beteiligten zu 1) anschließend eingelegte Beschwerde vom 22.11.2005 (Bl. 79 ff. d. GA.) hat das LG mit Beschluss vom 29.3.2007 (Bl. 105 ff. d. GA.) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1).
2. Die gem. § 14 Abs. 5 Satz 1 KostO statthafte, vom LG in der angefochtenen Entscheidung zugelassene weitere Beschwerde ist begründet. Die angefochtene Entscheidung des LG vom 29.3.2007 beruht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 14 Abs. 5 Satz 2 KostO, 546 ZPO.
Zutreffend sind die Erwägungen des LG, mit der das Beschwerdegericht die Voraussetzungen einer Anwendung des § 11 Abs. 1 KostO verneint hat. Die persönliche Kostenbefreiung nach dieser Vorschrift kommt nur dem Bund und den Ländern sowie die nach den Haushaltsplänen des Bundes oder der Länder für Rechnung des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen zu. Hierunter fällt die beteiligte kommunale Anstalt des Öffentlichen Rechts nicht, da diese nach einem eigenen - haushaltsrechtlich selbständigen - Wirtschaftsplan verwaltet wird.
Rechtlich unzutreffend sind jedoch die Erwägungen der Kammer, mit der diese eine Kostenfreiheit des Beteiligten zu 1) nach § 11 Abs. 2 KostO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 NWGebBefrG abgelehnt hat. Insoweit hat das Beschwerdegericht ausgeführt:
"Nach diesen Vorschriften sind Gemeinden und Gemeindeverbände von der Zahlung von Gebühren in Zivilsachen befreit, soweit die Angelegenheit nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmen betrifft. Insoweit ist in der Rechtsprechung zwar anerkannt, dass nicht jede Anlage und Einrichtung einer Gemeinde schon deshalb als wirtschaftliches Unternehmen angesehen werden kann, weil es auch von einem Privatunternehmen mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden könnte (OLG Köln NVwZ-RR 1988, 469 f.). Hier handelt es sich jedoch - trotz der Auslagerung der hoheitlichen Aufgabe der Abfallentsorgung - um die betriebswirtschaftlich ausgerichtete und erlösorientierte Betätigung einer Gemeinde, die nach kaufmännischen Grundsätzen geführt wird. Dem Kompensationsgrundsatz, dass Bund und Länder deshalb von den Kosten befreit sind, weil sie als Träger der Justizhoheit den Aufwand für die Errichtung und Unterhaltung der Gerichtsorganisation zu tragen haben (vgl. BGH Rpfleger 1982, 81 f.) wird im Streitfall nicht Rechnung getragen, mit der Folge, dass die landesrechtliche Regelung der Gebührenbefreiung nicht einschlägig ist, wie dies im Übrigen auch für ausgelagerte Eigenbetriebe der Gemeinden gilt (vgl. Hartmann, a.a.O., § 2 GKG Rz. 8 m.w.N.; OLG Naumburg, Beschl. v. 22.10.2001, zit. nach BeckRS 2001 30213044)."
Entgegen der Auffassung des LG ist die Beteiligte zu 1) als Abwasserbetrieb in der Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 KostO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 NWGebBefrG von der Entrichtung von Gebühren für die Grundbuchberichtigung befreit. § 11 Abs. 2 Satz 2 KostO lässt im Hinblick auf Art. 74 Nr. 1, 72 GG weitergehende Befreiungen von den zu entrichtenden Gebühren ausdrücklich zu. Es soll vermieden werden, dass öffentliche Gelder von Städten, Gemeinden und Gebietskörperschaften, die aus ihnen originär zugeflossenen Abgaben oder Landesmitteln stammen, für andere öffentliche Einrichtungen wie die Justizbehörden verwandt werden (vgl. BGH, MDR 1982, 399; OLG Naumburg, Beschl. v. 1.8.2000 - 1 U 77/99, veröffentlicht bei juris; Hellstab in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl. 2005, § 11 Rz. 10)....