unanfechtbar

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Miet- & Raumrecht. Nichtiger Mehrheitsbeschluß zu Lasten des Kernbereichs des Sondereigentums

 

Leitsatz (amtlich)

Ein auf Durchführung einer baulichen Maßnahme gerichteter Mehrheitsbeschluß ist dann nichtig, wenn in den Kernbereich eines Sondereigentumsrechts eingegriffen wird. Die Nichtigkeit kann auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist geltend gemacht werden.

 

Normenkette

WEG § 23

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 29 T 37/00)

AG Bergisch Gladbach (Aktenzeichen 35 II 37/99)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27.07.2000 – 29 T 37/00 – aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Geschäftswert wird unter Abänderung der in den Vorinstanzen ergangenen Wertfestsetzungen für alle drei Instanzen auf 10.732,37 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind Mitglieder der im Rubrum bezeichneten Eigentümergemeinschaft. An den Balkonen und Terrassen der Anlage, deren Fußbodenoberbelag aus Fliesen besteht, sind Isolierschäden aufgetreten, die eine Sanierung notwendig machen. Diese Sanierung ist nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen J. vom 30.12.1995 Gegenstand mehrerer Eigentümerversammlungen gewesen. Mit Schreiben des damaligen Verwalters vom 07.08.1998 wurden die Antragsteller zu einer Eigentümerversammlung vom 03.09.1998 eingeladen, deren TOP 3 mit „Sanierung der Balkone” beschrieben war. In der Versammlung, an der die Antragsteller nicht teilgenommen hatten, wurde sodann beschlossen, den Auftrag zur Sanierung von 4 Balkonen, u.a. desjenigen einer Wohnung der Antragsteller „auf der Grundlage des Kostenangebots” der Fa. B. zu vergeben. Diese Maßnahme sieht vor, dass anstelle der bisher über einer bituminösen Abdichtungsbahn in einem Zementmörtel verlegten keramischen Fliesen lose verlegte auf Stelzen Betonplatten aufgebracht werden. Diese Verlegeart wurde gewählt, um bei etwaigen späteren Undichtigkeiten durch ein bloßes Aufnehmen der Platten ohne Zerstörung des Oberbelags und des Estrichs an die Abdichtungsbahn zu gelangen.

Den Antragstellern, die sich zu diesem Zeitpunkt in Urlaub befanden, wurde das Versammlungsprotokoll Mitte September 1998 zugeleitet. Mit Fax vom 01.10.1998 baten sie den damaligen Verwalter, ihnen eine Kopie des Angebots der Fa. B. zuzuleiten. Dies geschah trotz mehrmaliger telefonischer und einer weiteren schriftlichen Erinnerung mit Fax vom 13.04.1999 nicht. Erst mit einem ihrem damaligen Verfahrensbevollmächtigten am 29.04.1999 zugegangenen Anwaltsschreiben wurde den Antragstellern die Ausführungsart erläutert. Das Kostenangebot der Fa. B. erhielten sie am 03.05.1999.

Mit ihrem am 12.05.1999 eingereichten Antrag haben die Antragsteller den Beschluss zu TOP 3 über die Sanierung der Balkone angefochten und wegen Versäumung der Anfechtungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt. Das Amtsgericht hat unter Ablehnung des Wiedereinsetzungsgesuchs den Antrag zurückgewiesen. Mit der sofortigen Beschwerde haben die Antragsteller ergänzend einen Hilfsantrag auf Feststellung gestellt, dass sie nicht verpflichtet seien, die Kosten der am 03.09.1998 beschlossenen Sanierungsmaßnahme zu tragen. Das Landgericht hat das Rechtsmittel wegen des Hauptantrags nicht für begründet erachtet und zu dem Hilfsantrag gemeint, dessen Zulassung im Beschwerdeverfahren sei nicht sachdienlich i. S. d. entsprechend anzuwendenden §§ 263, 523 ZPO. Im übrigen sei dieser Antrag auch nicht begründet.

Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie Haupt- und Hilfsantrag weiterverfolgen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Insbesondere beträgt die Beschwer der Antragsteller mehr als 1.500,00 DM (§ 45 Abs. 1 WEG). Die Beschwer ist nach dem Anteil der Antragsteller an den Kosten für die Balkonsanierung zu bemessen und zwar im vorliegenden Fall eines Beschlussanfechtungsantrags nur an den Kosten für die in der Versammlung vom 03.09.1998 beschlossene Sanierung von 4 Balkonen und nicht an den Kosten für die Erneuerung aller Balkone der Wohnungseigentumsanlage. Die Kosten der am 03.09.1998 beschlossenen Maßnahme betragen laut Angebot der Firma B. 10.732,37 DM, woraus sich bei 157/1000 Miteigentumsanteilen der Antragsteller eine Beschwer von 1.695,71 DM ergibt.

In der Sache führt das Rechtsmittel zu einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, weil dieser nicht frei von Rechtsfehlern ist.

Das Landgericht hat zwar zutreffend entschieden, soweit es festgestellt hat, dass der Beschlussanfechtungsantrag verfristet und den Antragstellern auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Diese Feststellung rechtfertigt alleine noch nicht die Zurückweisung des Antrags, weil im Falle einer Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses gem. § 23 Abs. 4 S. 2, 2. HS WE...

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