Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine automatische Befugnis der Gemeinschaft zur Ersatzvornahme bei Verzug eines Eigentümers mit Herstellungspflichten

 

Leitsatz (amtlich)

Kommt ein Eigentümer einer sich aus der Gemeinschaftsordnung ergebenden Pflicht,bestimmte Arbeiten zu Gunsten des Gemeinschaftseigentums durchzuführen, nicht nach, ist die Gemeinschaft nicht einfach zur Ersatzvornahme befugt. Sie muß sich vielmehr den Anspruch gegen den Eigentümer titulieren lassen, um ihn dann nach § 887 ZPO zu vollstrecken.

 

Normenkette

WEG § 14 Nr. 1, § 16 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Beschluss vom 04.06.1998; Aktenzeichen 2 T 232/97 WEG)

AG Eschweiler (Beschluss vom 17.10.1997; Aktenzeichen 6 II 25/97)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Eschweiler vom 17.10.1997 – 6 II 25/97 – und des Landgerichts Aachen vom 4.6.1998 – 2 T 232/97 WEG – teilweise abgeändert. Die Antragsgegner werden verpflichtet, einen fachgerechten Randabschluß des Bodenbelags auf dem zu ihrem Sondereigentum gehörenden Balkon des Hauses K. 3 a in S. herzustellen. Im übrigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens in allen Instanzen haben der Antragsteller und die Antragsgegner jeweils zur Hälfte zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.400,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten sind neben der Ehefrau des Antragstellers und den Eheleuten K. und H. Miteigentümer der aus vier Wohneinheiten bestehenden Wohnungseigentumsanlage K. 3/3a in S.. Der Antragsteller ist zugleich Verwalter der Anlage.

In der Eigentümerversammlung vom 21.4.1995 wurde zu TOP 7 folgendes protokolliert:

„Von Seiten der Hausverwaltung wurde nochmals auf die unsachgemäße und fehlerhafte Ausführung des Fliesenbelags auf dem Balkon der Eigentümer Mannheims hingewiesen. Dieser wurde von den Eigentümern in Eigenleistung ausgeführt. Da das Gesamterscheinungsbild hierdurch erheblich beeinträchtigt wird und mit den Eheleuten – trotz mehrmaliger Versuche – keine vernünftige Einigung zu finden ist, wird mit 3 Ja und 1 Nein Stimme beschlossen, die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten gerichtlich durchzusetzen. Der Verwaltung wird für diesen Fall und für alles zukünftige Prozeßvollmacht erteilt.”

Nachdem die Antragsgegner u. a. diesen Beschluß in drei Instanzen ergebnislos angefochten hatten (vgl. Senatsbeschluß vom 8.11.1996 – 16 Wx 215/96 –, Leitsätze veröffentlicht in OLGR 1997, 91), hat der Antragsteller unter Bezugnahme auf einen Kostenvoranschlag der Fa. Bedachungen B. die Zahlung von 1.981,45 DM nebst Rechtshängigkeitszinsen zu seinen Händen und die Duldung der Durchführung von Randabschlußarbeiten auf dem Balkon, hilfsweise die Herstellung eines ordnungsgemäßen Randabschlusses begehrt. Die Antragsgegner sind dem mit der Begründung entgegengetreten, daß der Antragsteller nicht aktivlegitimiert sei, es an einem Eigentümerbeschluß über die Durchführung der Arbeiten, die solche am Gemeinschaftseigentum seien, fehle und die Arbeiten wegen einer zu tief gesetzten Balkonbrüstung behindert würden. Ferner haben sie geltend gemacht, daß die verlangten Kosten überhöht seien und sie – nach Behebung des Baumangels wegen der Balkonbrüstung – nur zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Fliesenbelags verpflichtet seien, wozu die in das Gewerk eines Dachdeckers fallenden Randabschlußarbeiten nicht gehörten.

Das Amtsgericht hat die Einwendungen der Antragsgegner nicht für durchgreifend erachtet und den Hauptanträgen auf Zahlung und Duldung der Arbeiten stattgegeben. Eine hiergegen von den Antragsgegnern eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen sie ihr Begehren auf Zurückweisung der Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§ 45 Abs. 1 WEG, §§ 27, 29 FGG) und teilweise begründet.

Die Antragsgegner sind derzeit nur zur Herstellung eines Randabschlusses entsprechend dem Hilfsantrag des Antragstellers, nicht aber zur Zahlung eines Kostenvorschusses und zur Duldung der Arbeiten verpflichtet.

1.

Das Landgericht hat mit Recht dem Mehrheitsbeschluß vom 21.4.1995 eine Ermächtigung des Antragstellers entnommen, wegen des Fliesenbelags im eigenen Namen Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft zu verfolgen. Die diesbezügliche Auslegung – nicht, wie die weitere Beschwerde geltend macht, Umdeutung – läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 20.8.1997 – 16 Wx 169/97 –) enthält eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung, mit der ein Verwalter entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG ermächtigt wird, Ansprüche der Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen, ohne daß näher geregelt wird, ob er dies im eigenen Namen oder als Ve...

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