Leitsatz (amtlich)
Der Ausschluss des persönlichen Umgangs mit einem Elternteil darf nur angeordnet werden, um eine konkrete, gegenwärtig bestehende Gefährdung der körperlichen und/oder geistig-seelischen Entwicklung des Kindes abzuwenden.
Nur ausnahmsweise, das heißt bei Voraussetzungen, die von üblicherweise auftretenden Schwierigkeiten deutlich abweichen, kann daher nach dem jetzt geltenden Recht der Umgang eines nicht sorgeberechtigten Elternteils mit seinem Kind als dessen Wohl gefährdend verstanden werden.
Die immer wieder anzutreffende Unwilligkeit des sorgeberechtigten Elternteils zum Kontakt und dessen Wunsch, das Kind möge seinen jetzigen Lebenspartner als Ersatz des fehlenden anderen Elternteils annehmen sowie (Rück)Gewöhnungsschwierigkeiten des Kindes bei den ersten Kontakten bzw. nach längerer Trennung genügen demnach nicht, einen Elternteil vom Umgang auszuschließen.
Es liegt grundsätzlich im Interesse des Kindes und dient seinem Wohl, wenn die Beziehung zu einem Elternteil durch persönliche Kontakte gepflegt wird. Nach diesen Grundsätzen ist auch ein zeitweiliger Ausschluss von Umgangskontakten i.d.R. nicht gerechtfertigt.
Normenkette
GG Art. 6 Abs. 2; BGB § 1684 Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
AG Brühl (Aktenzeichen 32 F 333/00) |
Tenor
Die befristete Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG – FamG – Brühl vom 17.7.2002 – 32 F 333/00 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Gründe
Die gem. § 621e Abs. 1 ZPO i.V.m. § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung statthafte und auch im Übrigen zulässige, insb. fristgerecht (§§ 621e Abs. 3 S. 2, 517 ZPO) beim Beschwerdegericht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet. Das FamG hat zu Recht dem Antragsteller ein Umgangsrecht mit seiner Tochter K.Q. zugesprochen und eine Umgangspflegschaft angeordnet.
Zu Recht hat das FamG es nicht mit dem Kindeswohl für vereinbar gehalten, das Umgangsrecht des Antragstellers bis auf weiteres auszuschließen. Der Ausschluss des Umgangsrechts stellt den schwerstmöglichen Eingriff in dieses Elternrecht dar. Er ist immer dann erforderlich, wenn das Kindeswohl nachhaltig gefährdet wird, bzw. die konkrete Gefahr besteht, dass die Entwicklung des Kindes in eine ungünstige Bahn einzutreten droht. Aus Gründen der Rechtsklarheit muss die Zeitdauer in diesen Fällen für einen solchen Ausschluss festgelegt werden. Dabei kann nach § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB das Umgangsrecht „für längere Zeit” oder „auf Dauer” eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass auch der zeitweise Ausschluss des Umgangsrechtes bereits einen tiefgreifenden Eingriff in das unter dem Schutz von Art. 6 Abs. 2 GG stehende Elternrecht darstellt. Es liegt zudem grundsätzlich im Interesse des Kindes und dient seinem Wohl, wenn die Beziehung zu einem Elternteil durch persönliche Kontakte gepflegt wird. Der Ausschluss des persönlichen Umgangs mit einem Elternteil darf daher nur angeordnet werden, um eine konkrete, gegenwärtig bestehende Gefährdung der körperlichen und/oder geistig-seelischen Entwicklung des Kindes abzuwenden (st. Rspr. des Senates: so u.a. Beschl. v. 26.6.2002 – 4 UF 22/02 = 35 F 114/99 AG Brühl, vgl. auch Ölkers, FuR 2002, 492 ff. [494] m.N. zur Rspr.). Es dient grundsätzlich der Selbstfindung und psychischen und stabilen Entwicklung eines Kindes, beide Elternteile zu erleben. Deshalb ist in das Gesetz in seiner nunmehrigen Fassung auch ein Recht des Kindes auf Umgang korrespondierend mit einer entsprechenden Pflicht des jeweiligen Elternteils aufgenommen worden. Nur ausnahmsweise, d.h. bei Voraussetzungen, die von üblicherweise auftretenden Schwierigkeiten deutlich abweichen, kann daher nach dem jetzt geltenden Recht der Umgang eines nicht sorgeberechtigten Elternteils mit seinem Kind als dessen Wohl gefährdend verstanden werden. Die immer wieder anzutreffende Unwilligkeit des sorgeberechtigtne Elternteils zum Kontakt und, dessen Wunsch, das Kind möge seinen jetzigen Lebenspartner als Ersatz des fehlenden anderen Elternteils annehmen sowie (Rück)Gewöhnungsschwierigkeiten des Kindes bei der ersten Kontakten bzw. nach längerer Trennung genügen demnach nicht, einen Elternteil vom Umgang auszuschließen. Bei den vorerwähnten Gegebenheiten handelt es sich um häufig anzutreffende Schwierigkeiten. Der Gesetzgeber, dem dies durchaus bewusst war, hat gleichwohl den Umgang des Kindes auch mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil als i.d.R. kindeswohlfördernd verankert (vgl. OLG Bamberg v. 24.3.1999 – 7 UF 25/99, OLGReport Bamberg 2000, 7 = FamRZ 2000, 46 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen ist auch ein zeitweiliger Ausschluss von Umgangskontakten zwischen dem Antragsteller und seiner Tochter nicht gerechtfertigt. insb. hat die Antragsgegnerin auch mit der Beschwerde keine gravierenden Gründe vorgebracht, die eine andere als die familiengerichtliche Entscheidung rechtfertigen könnten.
Nicht stichhaltig erscheint dem Senat der Vortrag der Antragsgegnerin...