Normenkette
BGB §§ 1643, 2180, 2307
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 29.07.2005; Aktenzeichen 17 O 113/03) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 29.7.2005 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des LG Köln - 17 O 113/03 - durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Beklagte erhält Gelegenheit, hierzu bis zum 21.12.2005 Stellung zu nehmen.
Gründe
1. Die zulässige Berufung des Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Der Klägerin steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Vermächtnisanspruch zu, § 2174 BGB.
Entgegen der Auffassung der Berufung hat die Klägerin das ihr durch die Erblasserin im Testament vom 18.2.1991 zugewandte Barvermächtnis nicht ausgeschlagen. Eine wirksame Ausschlagung kann insb. nicht darin gesehen werden, dass die damals noch minderjährige Klägerin, vertreten durch ihre Mutter, Pflichtteilsansprüche gegen den Beklagten geltend gemacht hat. Gemäß § 2180 Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt die Ausschlagung eines Vermächtnisses durch Erklärung ggü. dem Beschwerten. Die Ausschlagung bedarf keiner Form und kann auch durch einen Bevollmächtigten oder durch einen gesetzlichen Vertreter sowie durch schlüssiges Verhalten erklärt werden (OLG Köln, Beschl. v. 12.7.2002, 2 Wx 2/02; BGH v. 18.10.2000 - IV ZR 99/99, BGHReport 2001, 19 = MDR 2001, 276 = NJW 2001, 520 [521]; OLG Colmar, OLGE 4, 442 [443]; OLG Stuttgart v. 31.10.1996 - 19 U 80/96, OLGReport Stuttgart 1998, 9 für die Annahme; AnwK/J. Mayer, BGB, 2004, § 2180 Rz. 2, 7; Erman/Schmidt, BGB, 11. Aufl. 2004, § 2180 Rz. 2; Schlichtung in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. 2004, § 2180 Rz. 2; Palandt/Edenhofer, BGB, 64. Aufl. 2005, § 2180 Rz. 2; Staudinger/Otte, BGB, 13. Aufl. 1996, § 2180 Rz. 5).
Ausdrücklich hat die Klägerin bzw. ihre gesetzliche Vertreterin indes nicht die Ausschlagung des Vermächtnisses erklärt. Daneben kann in dem Verlangen des vollen Pflichtteils eine schlüssige (konkludente) Erklärung der Ausschlagung des Vermächtnisses liegen. Gemäß § 2307 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht für den mit einem Vermächtnis Bedachten nur dann der volle Pflichtteil, wenn er das Vermächtnis ausschlägt. In der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs kann jedoch noch nicht zwangsläufig eine Ausschlagung des Vermächtnisses gesehen werden. Vielmehr sind stets die Umstände des Einzelfalls maßgebend (OLG Köln, Beschl. v. 12.7.2002, 2 Wx 2/02; OLG Colmar, OLGE 4, 442 [443]; Erman/Schlüter, BGB, 11. Aufl. 2004, § 2307 Rz. 1; Soergel/Dieckmann, BGB, 13. Aufl. 2002, § 2307 Rz. 6). So kann beispielsweise von Bedeutung sein, ob der Berechtigte weiß, dass er wählen kann, ob er gem. § 2307 Abs. 1 Satz 1 BGB das Vermächtnis ausschlägt und den vollen Pflichtteil beansprucht oder ob er gem. § 2307 Abs. 1 Satz 2 BGB neben dem Anspruch auf das Vermächtnis den Pflichtteilsrestanspruch geltend macht (vgl. Soergel/Dieckmann, BGB, 13. Aufl. 2002, § 2307 Rz. 6).
Indes kommt es auf die Frage, ob in der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs eine konkludente Ausschlagung des Vermächtnisses zu sehen ist, dann nicht an, wenn diese Ausschlagung nicht wirksam geworden ist, weil es an einer hierfür erforderlichen Genehmigung fehlt (OLG Köln, Beschl. v. 12.7.2002, 2 Wx 2/02). Dies ist hier der Fall. Nach § 1643 Abs. 1 BGB bedürfen die Eltern zu bestimmten Rechtsgeschäften für das Kind, die auch ein Vormund nur mit vormundschaftlicher Genehmigung vornehmen kann, der Genehmigung des FamG. § 1643 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BGB bestimmt, dass die Ausschlagung eines Vermächtnisses (§ 2180 BGB), das einem Minderjährigen zugewandt ist, der familiengerichtlichen Genehmigung unterliegt (vgl. dazu AnwK/Rakete/Dombek, BGB 2004, § 1643 Rz. 9 ff.; Huber in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. 2002, § 1643 Rz. 13; Ivo, ZEV 2002, 309 [310]). Diese Notwendigkeit besteht auch bei einer Ausschlagung durch schlüssiges (konkludentes) Verhalten. Die materiell-rechtlichen Wirkungen eines einseitigen Rechtsgeschäfts, wozu auch die Ausschlagung nach § 2180 BGB gehört, können nur dann eintreten, wenn die erforderliche Genehmigung des FamG vorliegt (OLG Köln, Beschl. v. 12.7.2002, 2 Wx 2/02). Eine entsprechende Genehmigung ist hier weder eingeholt noch erteilt worden.
Ebenso wenig kann sich die Berufung darauf stützen, das Vermächtnis gelte gem. § 2307 Abs. 2 Satz 2 BGB als ausgeschlagen, weil in dem Schriftsatz der damaligen Bevollmächtigten des Beklagten vom 22.12.1992 eine Aufforderung an die Klägerin als Pflichtteilsberechtigte unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung über die Annahme zu sehen sei. Eine solche Wirkung ist dem von der Berufung herangezogenen Schreiben nicht beizumessen. Daher kann es dahinstehen, ob und in welcher Form gegenüber einem Minderjährigen überhaupt eine entsprechende Frist mit der Folge der gesetzlich fingierten Ausschlagung gesetzt werden kann. Ebenso wenig bedarf es einer Erörterung, ob wegen des in § 1643 BGB gesetzlich bestimmten Minderjährigenschutzes nicht auch im Falle einer Fristsetzung nach § 2307 Abs. 2 Satz 1 B...