Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 7 O 97/19) |
Tenor
I. Die Parteien werden auf Folgendes hingewiesen:
1. Die Berufung der Beklagten dürfte, soweit sie sich gegen die Mithaftung der Beklagtenseite in Höhe von 1/4 wendet, keine Aussicht auf Erfolg haben.
a) Die tatsächlichen Umstände des Verkehrsunfalls sind zwischen den Parteien, die jeweils auf die umfänglichen polizeilichen Ermittlungen im Strafverfahren 781 Js 385/18 StA Bonn Bezug nehmen, im Wesentlichen unstreitig:
Insbesondere ist unstreitig, dass sich der mit jedenfalls 1,47 Promille BAK alkoholisierte Kläger am 13.02.2018 um 0:20 Uhr auf der Fahrbahn der Bundesstraße A in Fahrtrichtung B befand, als es zur Kollision mit dem Beklagtenfahrzeug kam. Es war nachtdunkel und -2 Grad Celsius kalt. Die mehrspurig ausgebaute Straße ohne Straßenbeleuchtung führte durch ein bewaldetes unbebautes Gelände, war zum Unfallzeitpunkt sehr schwach frequentiert, ihre Fahrbahn feucht, aber griffig. Ferner steht fest, dass der Kläger sich bei der nächtlichen Kollision nicht etwa in unmittelbarer Nähe des Fahrbahnrands, sondern in der linken Hälfte der Fahrspur des Beklagten zu 1) befand, und zwar quer zur Fahrbahn stehend, so dass seine linke Körperhälfte von der linken Front des Beklagtenfahrzeug erfasst wurde.
Unstreitig können sichere Feststellungen zu der Frage nicht mehr getroffen werden, wann und wie der Kläger die Fahrbahn betreten hat, ob er die Fahrbahn überqueren oder ein Auto anhalten und "trampen" wollte.
Entgegen der Ansicht der Berufung war die von ihr beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht veranlasst. Das Landgericht hat keinen Geschwindigkeitsverstoß des Beklagten zu 1) angenommen und ist davon ausgegangen, er habe die an der Unfallstelle geltende Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h nicht überschritten. Damit hat das Landgericht zwar den seinerseits unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers, es sei auch eine höhere Annäherungsgeschwindigkeit möglich und der Beklagte zu 1) sei jedenfalls nicht auf Sicht gefahren (Bl. 107 f. GA), übergangen. Diese ihr günstigen Annahmen beschweren die Beklagten aber nicht; eine geringere Annäherungsgeschwindigkeit als 70 km/h haben sie selbst nicht vorgetragen. Sachverständigenbeweis haben sie lediglich dafür angeboten, dass der Beklagten zu 1) den Unfall angesichts des im letzten Moment vor das Auto tretenden Klägers nicht habe verhindern können (Bl. 59 f. GA). Insoweit war das Beweisangebot untauglich. Zwar ist es richtig, dass, wenn auch ein Idealfahrer bei weit vorausschauender und überobligatorisch vorsichtiger Fahrweise den Unfall nicht verhindern können, dies dafür spricht, die Haftung aus § 7 StVG gänzlich in den Hintergrund treten zu lassen (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2018, 925, 927). Hierzu müsste der Kläger die Fahrbahn aber jedenfalls erst unmittelbar vor der Kollision betreten haben, wobei selbst dies nicht stets ausreichen soll (vgl. BGH, NJW-RR 1989, 531 f. - Weinfest). Da sich vorliegend nicht feststellen lässt, wann der Kläger die Fahrbahn betreten hat, fehlt es an notwendigen Anknüpfungstatsachen für einen Sachverständigen bei der Beurteilung, dass der Beklagten zu 1) den Unfall in keinem Fall hätte verhindern können.
b) Auf dieser tatsächlichen Grundlage hat das Landgericht zutreffend eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten in Höhe von 1/4 angenommen.
Bei einem schuldhaften Fehlverhalten des Fußgängers ist nach §§ 9 StVG, 254 BGB eine Quotenbildung zwischen der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung aus § 7 Abs. 1 StVG und der Verschuldenshaftung des Fußgängers aus § 823 Abs. 1 BGB vorzunehmen. Die für die Abwägung maßgebenden Umstände müssen - wie auch im Rahmen der Abwägung nach § 17 StVG - feststehen, d.h. unstreitig, zugestanden oder nach § 286 ZPO bewiesen und für die Entstehung des Schadens ursächlich geworden sein; nur vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung aufgrund geschaffener Gefährdungslage haben außer Betracht zu bleiben (BGH, NJW 1995, 1029, 1030). Die Gefährdungshaftung kann dabei ganz zurücktreten, wenn die im Vordergrund stehende Schadensursache ein grob verkehrswidriges Verhalten des Geschädigten ist (BGH, NJW 2014, 217).
Auf Seiten der Beklagten ist die Betriebsgefahr des Fahrzeugs anzusetzen.
Dem Kläger fällt ein ganz erheblicher Sorgfaltspflichtverstoß zur Last. Zu seinen Lasten steht fest, dass er sich nachts mitten auf der Fahrbahn befand, obwohl sich dort ein Fahrzeug näherte. Damit hat er entweder die Fahrbahn zu dem Zeitpunkt betreten, als sich der Beklagte zu 1) näherte, oder er hat die Fahrbahn betreten, als noch kein Fahrzeug in Sicht war, dann aber den Fahrstreifen nicht zügig überquert, sondern sich noch bis zum Unfall dort aufgehalten. In beiden Alternativen hat er sich verkehrswidrig verhalten und gegen § 25 Abs. 3 StVO verstoßen. Danach hat ein Fußgänger vor dem Betreten und beim Überschreiten der Fahrbahn besondere Vorsicht walten zu lassen. Er muss dementsprechend auf den fließenden Fahrzeugverkehr achten und au...