Leitsatz (amtlich)
Angesichts der Konturlosigkeit des Straftatbetsands der Untreue ( § 266 StGB) bedarf es zur Feststellung eines Vermögensnachteils einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung von normativen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten.
Im Rahmen einer solchen Gesamtbetrachtung kann auch bei satzungswidriger Vergütung eines Vereinsvorsitzenden die Annahme eines Vermögensschadens entfallen.
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Staatskasse, die auch die im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen des Angeschuldigten trägt, verworfen.
Gründe
I.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat den Sachstand in ihrer Vorlageverfügung vom 24.04.2013 wie folgt zusammengefasst:
"Die Staatsanwaltschaft B. hat unter dem 18.10.2012 gegen den Angeschuldigten wegen des Vorwurfs der Untreue im Zeitraum vom 01.09.2010 bis zum 18.07.2011 Anklage zum Amtsgericht - Strafrichter - in B. erhoben.
Der Anklagesatz lautet:
Im Zeitraum vom 01.09.2010 bis zum 18.07.2011 bezog der Angeschuldigte als erster Vorstandsvorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) zu Unrecht monatliche Zahlungen in Höhe von 2.511,- Euro zuzüglich 19 % Umsatzsteuer (3.100,- Euro) vom DJV und minderte insoweit das Vermögen des DJV. Den Zahlungen, die als Kompensation für seine Arbeitszeit und Arbeitskraft galten, lag bis zur am 19.07.2011 im Vereinsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragenen und damit erst ab diesem Zeitpunkt wirksamen Änderung der Satzung keine nach der vereinsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderliche satzungsgemäße Rechtsgrundlage zugrunde. Nach dieser Rechtsprechung sind die an ein Vorstandsmitglied als Entschädigung für Arbeitszeit und Arbeitskraft geleisteten Zahlungen satzungswidrig, wenn nach der Satzung des gemeinnützigen Vereins die Vorstandsmitglieder ihre Vorstandstätigkeit (wie im DJV) ehrenamtlich auszuüben haben und die Satzung die Möglichkeit einer Vergütung nicht ausdrücklich vorsieht. Dies war dem Angeschuldigten spätestens nach Kenntnis der Begründung des Einstellungsbescheids vom 16.06.2010, welcher seinem Verteidiger am 26.08.2010 übersandt wurde, bewusst. Dennoch nahm der Angeschuldigte weitere Zahlungen entgegen und verursachte damit einen Schaden in Höhe von rund 34.000,- Euro."
Aufgrund der herausgehobenen Position des Angeschuldigten in der Öffentlichkeit sowie des zu erwartenden Medieninteresses ist durch den Strafrichter die besondere Bedeutung des Falls i.S.d. § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG angenommen und die Akten sind sodann über die Staatsanwaltschaft gemäß § 209 Abs. 2 StPO dem Landgericht B. vorgelegt worden .
Nach Übernahme des Verfahrens hat das Landgericht B. mit Beschluss vom 20.03.2013 die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, ein hinreichender Tatverdacht bestehe nicht, da ein Vermögensnachteil nicht ersichtlich sei. Ein wirtschaftlicher Nachteil sei in der Anklageschrift weder dargelegt noch ansonsten ersichtlich. Denn die abfließenden Mittel seien kompensiert worden durch die unbestritten geleisteten Dienste des Angeschuldigten für den DJV. Wie den - nach der Anklage nicht in Zweifel zu ziehenden - Darlegungen des Verteidigers zu entnehmen sei, habe der Angeschuldigte in erheblichem Umfang verantwortliche Tätigkeiten für den DJV wahrgenommen, die "von einem reinem Ehrenamtler so nicht erwartet" werden könnten. So habe dieser im angeklagten Zeitraum insgesamt 1.022,25 Zeitstunden auf seine Tätigkeit als Vorsitzender aufgewendet, das bedeute "im Mittel 102 Stunden im Monat". Es sei daher nach der Aktenlage davon auszugehen, dass die pflichtwidrigen Zahlungen an den Angeschuldigten durch die im Verhältnis zur Vergütung angemessenen Tätigkeiten des Angeschuldigten kompensiert worden seien (hierzu BGH vom 18.05.1999 - 5 StR 72/99 -). Darüber hinaus dürfte "den größeren Teilen der gewährten Zuwendungen auch ein gesetzlicher Anspruch des Angeschuldigten gemäß § 27 Abs. 3 i.V.m. § 670 BGB entgegen stehen". Denn mit den satzungsrechtlich nicht rechtmäßigen Zahlungen sollten auch in Bezug auf seine Vorstandstätigkeit entstandene Aufwendungen des Angeschuldigten pauschal mit abgegolten werden.
Gegen diesen ihr am 26.03.2013 zugestellten Beschluss hat die Staatsanwaltschaft per Telefax vom 02.04.2013, eingegangen bei dem Landgericht am selben Tag , sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, ein Vermögensschaden sei - entgegen der Ansicht der Kammer - eingetreten, da der DVJ einen Anspruch auf ehrenamtlichen Einsatz der Arbeitskraft des Angeschuldigten gehabt habe . Dem Anspruch des DJV bezüglich der eingesetzten Arbeitskraft des Angeschuldigten habe daher keine Verpflichtung des DJV zur Zahlung von Arbeitsentgelt gegenüber gestanden. Nach den satzungswidrigen Zuwendungen an den Angeschuldigten sei dadurch das Vermögen des DJV jeweils um den Betrag dieser nicht geschuldeten Zuwendung verringert worden. Zudem habe der Angeschuldigte auch vorsätzlich gehandelt, da die Vorlage de...