Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit der Kosten von in verschiedenen Verfahren geltend gemachten gleichartigen Unterlassungsansprüchen

 

Leitsatz (amtlich)

Macht der Geschädigte gleichartige Unterlassungsansprüche (hier: die Veröffentlichung desselben, widerrechtlich aufgenommenen Fotos in mehreren Medien) in verschiedenen Verfahren geltend, obwohl diese gegen die Schädiger ohne Schwierigkeiten auch in einem Verfahren hätten verfolgt werden können, muss er sich bei der Kostenfestsetzung so behandeln lassen, als wären die Ansprüche in einem einzigen Verfahren geltend gemacht worden.

 

Normenkette

ZPO § 91; RVG §§ 15, 22

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 23.03.2011; Aktenzeichen 28 O 202/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des LG Köln vom 23.3.2011 (28 O 202/11) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des Beschlusses des LG Köln vom 11.3.2011 (28 O 202/11) sind von der Antragsgegnerin 609,30 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.3.2011 an den Antragsteller zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 263,50 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin hat auf ihrer Internetseite "www.C.de" am 3.3.2011 im Rahmen eines mit "L. Ex-Geliebte muss erneut aussagen" überschriebenen Artikels ein heimlich aufgenommenes, den Antragsteller darstellendes Foto veröffentlicht. Auf dessen Antrag vom 10.3.2011 hat das LG der Antragsgegnerin dies mit Beschluss vom 11.3.2011 untersagt.

Dasselbe Foto ist im Zusammenhang mit dem Artikel "Muss L. Ex noch mal vor Gericht?" am 4.3.2011 in der bundesweit vertriebenen "C.-Zeitung" erschienen. Der Antragsteller hat diesbezüglich im Parallelverfahren 28 O 201/11 LG Köln gegen die B.-AG eine weitere einstweilige Verfügung vom 11.3.2011 erwirkt.

Die Gegenstandswerte sind vom LG in beiden einstweiligen Verfügungsverfahren auf 20.000 EUR festgesetzt worden.

Der Antragsteller hat jeweils Kostenanträge gestellt. Darin setzt er auf der Grundlage von Gegenstandswerten von 20.000 EUR jeweils eine 1,3 Verfahrensgebühr (§ 13 RVG, VV 3100) i.H.v. 839,80 EUR, eine Pauschale gem. VV 7002 i.H.v. 20 EUR sowie Gerichtsvollzieherkosten für die Zustellung i.H.v. 13 EUR an.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.3.2011 hat der Rechtspfleger im vorliegenden Verfahren antragsgemäß Auslagen i.H.v. 872,80 EUR gegen die Antragsgegnerin festgesetzt. In dem Verfahren 28 O 201/11 LG Köln ist noch keine Kostenfestsetzung erfolgt.

Gegen den ihr am 25.3.2011 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 4.4.2011 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.

II. Die gem. § 11 RPflG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet, da der Antragsteller die Erstattung seiner Auslagen nur in der von der Antragsgegnerin zutreffend mit 609,03 EUR berechneten Höhe verlangen kann.

Der Senat teilt die Auffassung der Antragsgegnerin, dass der Antragsteller den vorliegend geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemeinsam mit dem im Parallelverfahren 28 O 201/11 LG Köln gegen die dortige Antragsgegnerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch in einem einzigen Verfahren hätte verfolgen können. In diesem Fall wären ihm infolge der nach § 22 Abs. 1 GKG vorzunehmenden Kumulation der Gegenstandswerte geringere Rechtsanwaltskosten entstanden. Nur diese können im Rahmen von § 91 ZPO als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung angesehen werden und sind im Rahmen der Kostenfestsetzung in beiden Verfahren anteilig zu berücksichtigen.

1. Die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten für in getrennten Verfahren geltend gemachte gleichartige Ansprüche hängt davon ab, ob die anwaltliche Tätigkeit aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf dessen spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war, und zwar unabhängig davon, ob dem Rechtsanwalt im Innenverhältnis ein entsprechender Gebührenanspruch gegen die von ihm vertretene Partei zusteht (BGH NJW 2010, 3035 [3037]; s. auch Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., Rz. 13 zu § 91 ZPO "Mehrheit von Prozessen" m.w.N.). Die Notwendigkeit der Kostenentstehung ist bei getrennt durchgeführten Prozessen, in denen jeweils eine eigene Kostengrundentscheidung getroffen worden ist, auch im Kostenfestsetzungsverfahren zu überprüfen (HansOLG, Beschl. v. 29.6.2010 - 4 W 147/10; Beschl. v. 3.2.2011 - 4 W 47/11).

Danach ist eine Erstattungsfähigkeit von Gebühren in der vom Antragsteller beanspruchten Höhe vorliegend schon deswegen zu verneinen, weil die geltend gemachten Unterlassungsansprüche für seinen Anwalt nur eine Angelegenheit gem. § 15 Abs. 1 RVG darstellten.

Auftragsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel ein und dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem...

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