Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruflichkeit einer Umgangsrechtsvereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Genehmigungsbeschluss des Gerichts stellt eine vollzugsfähige gerichtliche Entscheidung dar und ist als solche mit der befristeten Beschwerde anfechtbar.
2. Beschlüsse im Umgangsrechtsverfahren unterliegen einem Begründungszwang. Fehlt der Entscheidung jegliche Begründung, ist sie wegen schweren Verfahrensmangels aufzuheben und zurückzuverweisen, ohne dass es eines entsprechenden Antrages bedarf.
3. Stellt eine Partei einen Antrag auf Abänderung einer Umgangsvereinbarung, hat das Gericht nicht ohne Sachprüfung die Vereinbarung zu genehmigen.
4. Für die Genehmigung einer Umgangsvereinbarung ist der Sachstand zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich.
Normenkette
ZPO § 621e; BGB § 1684
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 10.07.2006; Aktenzeichen 47 F 190/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der familiengerichtliche Genehmigungsbeschluss des AG - FamG - Bonn vom 10.7.2006 - 47 F 190/05 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG - FamG - Bonn zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung auch bezüglich des Beschwerdeverfahren bleibt der familiengerichtlichen Endentscheidung vorbehalten.
Gründe
Die gem. § 621e ZPO zulässige - insb. fristgerecht eingelegte - als befristete Beschwerde zu wertende "Beschwerde" der Antragsgegnerin hat auch in der Sache zumindest vorläufigen Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung jedenfalls auf der Grundlage des derzeitigen Sachstandes keinen Bestand haben kann.
Das statthafte Rechtsmittel gegen den Genehmigungsbeschluss des FamG Bonn ist die befristete Beschwerde nach § 621e ZPO. Der Genehmigungsbeschluss des FamG stellt nämlich die vollzugsfähige gerichtliche Entscheidung bezüglich der zwischen den Kindeseltern getroffenen einvernehmlichen Umgangsrechtsregelung vom 13.9.2005 (Bl. 40, 40 Rück, 41 GA) dar. Allein der Umstand, dass diese Umgangsrechtsvereinbarung gerichtlich unter Mithilfe des FamG und des Jugendamtes protokolliert worden ist, macht die Vereinbarung noch nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung. Zwar ist nach Auffassung des Sena-
tes der Meinung zu folgen, wonach eine Elternvereinbarung über die Ausübung des Umgangsrechts durch den nicht sorgeberechtigten Elternteil grundsätzlich für die die Regelung abschließenden Elternteile verbindlich ist mit der Folge, dass sich ein Elternteil nicht einseitig davon lösen kann (vgl. KG v. 29.8.1980 - 17 UF 2814/80, FamRZ 1980, 1156 [1157], OLG Köln v. 17.2.1998 - 14 WF 27/98, OLGReport Köln 1998, 394 = FamRZ 1998, 961 [963]; Beckscher Online-Kommentar (Bamberger/Roth)/Veit, BGB, § 1684 Rz. 16, m.w.N.; Johansen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl., § 52a FGG Rz. 11). Eine solche inhaltlich zulässige Einigung über das Umgangsrecht bedarf zu ihrer Wirksamkeit auch keiner gerichtlichen Genehmigung. Die Einigung ist aber ohne diese nicht vollstreckbar. Erforderlich hierfür ist vielmehr eine gerichtliche Einigung über das Umgangsrecht oder eine Mitwirkung des Gerichts an der Umgangsrechtsvereinbarung in dem Sinne, dass die Vereinbarung vom Gericht gebilligt und zum Inhalt seiner eigenen gerichtlichen Entscheidung gemacht wird (vgl. Beckscher Online-Kommentar (Bamberger/Roth)/Veit, BGB, § 1684 Rz. 53, m.w.N.). Stets muss das Gericht im Rahmen der zu treffenden Entscheidung über die Genehmigung die Absprachen zwischen den Eltern durch eine eigene Beschlussfassung unter Beachtung des Kindeswohls billigen. Daher betrifft der Genehmigungsbeschluss eine Entscheidung des FamG über das Umgangsrecht selbst mit der Folge, dass dieser Beschluss als Sachentscheidung gem. § 621e ZPO mit der befristeten Beschwerde anfechtbar ist.
Die befristete Beschwerde der Antragsgegner führt auch zumindest vorläufig zum Erfolg. Denn der Beschluss des FamG leidet unter einem wesentlichen Verfahrensmangel, der zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das FamG nötigt.
Der angefochtene Beschluss des FamG enthält nämlich keine (ausreichende) Begründung. Er führt lediglich aus, dass die Umgangsregelung der beteiligten Kindeseltern vom 13.9.2005 "mit ausdrücklicher Unterstützung und Zustimmung durch das Jugendamt der Stadt C" getroffen worden sei. Dies reicht als Begründung nicht aus.
Beschlüsse im Umgangsrechtsverfahren unterliegen einem Begründungszwang. Zwar ist eine Begründung für gerichtliche Beschlüsse nicht allgemein vorgeschrieben. Doch müssen nach allgemeiner Meinung Beschlüsse, die einem Rechtsmittel unterliegen, begründet werden. Der Begründungszwang ist Bestandteil einer geordneten Rechtspflege. In der Begründung müssen die wesentlichen der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen verarbeitet werden. Die Parteien haben einen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch darauf, über die den Spruch des Richters tragenden Gründe in einer Weise unterrichtet zu werden, die es ihnen ermöglicht, die maßgebenden Erwägungen zu verstehen und nachvollziehen zu können (so auch OLG Saa...