Leitsatz
Getrennt lebende Eltern eines minderjährigen Kindes hatten sich im September 2005 unter Mitwirkung des Familiengerichts und des Jugendamts über den Umfang des Umgangsrechts des Vaters geeinigt. Die zwischen ihnen herbeigeführte Umgangsrechtsregelung wurde durch Beschluss des FamG vom 10.7.2006 - mithin 10 Monate später - gebilligt. Zuvor hatte die Mutter die Abänderung der Umgangsregelung vom 13.9.2005 beantragt.
Gegen den familiengerichtlichen Genehmigungsbeschluss vom 10.7.2006 legte sie Beschwerde ein, die zur Aufhebung des Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das FamG führte.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG stellte der Genehmigungsbeschluss des FamG eine vollzugsfähige gerichtliche Entscheidung hinsichtlich der zwischen den Kindeseltern getroffenen einvernehmlichen Umgangsrechtsregelung vom 13.9.2005 dar. Allein der Umstand, dass diese Umgangsrechtsvereinbarung gerichtlich unter Mithilfe des FamG und des Jugendamtes protokolliert worden war, mache die Vereinbarung noch nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung. Erforderlich sei vielmehr eine gerichtliche Einigung über das Umgangsrecht oder eine Mitwirkung des Gerichts an der Umgangsrechtsvereinbarung in dem Sinne, dass die Vereinbarung vom Gericht gebilligt und zum Inhalt einer eigenen gerichtlichen Entscheidung gemacht werde (vgl. Beckscher Online-Kommentar (Bamberger/Roth)/Veit, BGB, § 1684 Rz. 53, m.w.N.).
Stets müsse das Gericht im Rahmen der zu treffenden Entscheidung über die Genehmigung die Absprachen zwischen den Eltern durch eine eigene Beschlussfassung unter Beachtung des Kindeswohls billigen. Daher betreffe der Genehmigungsbeschluss eine Entscheidung des FamG über das Umgangsrecht selbst mit der Folge, dass dieser Beschluss als Sachentscheidung gem. § 621e ZPO mit der befristeten Beschwerde anfechtbar sei.
Der Genehmigungsbeschluss des Gerichts litt nach Auffassung des OLG unter einem wesentlichen Verfahrensmangel, da er keine ausreichende Begründung enthielt, obgleich Beschlüsse im Umgangsrechtsverfahren einem Begründungszwang unterlägen. Der Begründungszwang sei Bestandteil einer geordneten Rechtspflege. Hieraus müssten die wesentlichen der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen ersichtlich sein. Die Parteien hätten einen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch darauf, über die den Spruch des Richters tragenden Gründe in einer Weise unterrichtet zu werden, die es ihnen ermögliche, die maßgebenden Erwägungen zu verstehen und nachvollziehen zu können (so auch OLG Saarbrücken v. 25.2.1993 - 6 UF 2/93 VAFamRZ 1993, 1098, m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 329 Rz. 24).
Fehle der Entscheidung zum Umgangsrecht jegliche Begründung, so stelle dies einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Die verfahrensfehlerhafte Entscheidung sei aufzuheben, ohne dass die Verfahrensbeteiligten in dem Beschwerdeverfahren den Verfahrensfehler gerügt oder gar einen Antrag auf Aufhebung und Zurückverweisung gestellt haben müssten.
Vorliegend sei eine Begründung des Genehmigungsbeschlusses auch nicht entbehrlich gewesen. Es treffe zwar zu, dass sich die beteiligten Eltern im September 2005 unter Mitwirkung des FamG und des Jugendamtes über den Umfang des Umgangsrechts des Vaters geeinigt hätten. Gleichwohl hätte das erstinstanzliche Gericht diese Umgangsrechtsregelung nicht ohne erneute Sachprüfung durch Beschluss vom 10.7.2006 - mithin 10 Monate später - billigen dürfen. Die seit dem Abschluss der in Frage stehenden elterlichen Vereinbarung zum Umgangsrecht maßgeblichen Verhältnisse hätten sich insoweit entscheidend geändert, als die Mutter mit ihrem Antrag von 9.6.2006 die Abänderung der Unterhaltsvereinbarung vom 13.9.2005 beantragt habe. Damit habe das FamG nicht mehr allein auf die bindende Wirkung der etwa 10 Monate vorher geschlossenen Unterhaltsvereinbarung verweisen dürfen.
Das erstinstanzliche Gericht habe die notwendige Sachaufklärung, ob die getroffene Umgangsrechtsvereinbarung auch heute noch mit dem Kindeswohl vereinbar sei, nicht getroffen.
Jedenfalls lasse die angegriffene Entscheidung nicht erkennen, dass das Gericht sich mit den in dem Abänderungsverfahren vorgebrachten Gründen auseinandergesetzt hat.
Daher könne die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Das FamG werde die von der Kindesmutter in dem Abänderungsverfahren vorgebrachten Tatsachen auf ihre Erheblichkeit hin zu überprüfen und ggf. aufzuklären haben. Sollten sich in der Vergangenheit die Umgangskontakte zu dem Vater in dem behaupteten Umfang verschlechtert haben, stelle sich tatsächlich die Frage einer Abänderung der Umgangsrechtsvereinbarung.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 06.09.2006, 4 UF 170/06