Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 25.06.2015; Aktenzeichen 1 O 365/14) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 25.6.2015 verkündete Urteil des LG Aachen (1 O 365/14) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, ist eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt. Im Einzelnen gilt:
1. Das LG, auf dessen Ausführungen in diesem Zusammenhang zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen Bezug genommen werden kann, hat zutreffend entschieden, dass die Widerrufsbelehrung, was die Angaben zum Beginn des Fristablaufs angeht, den Anforderungen, die der BGH in der Entscheidung vom 28.6.2011 (XI ZR 349/10) aufgestellt hat, nicht entspricht.
2. Auch die Angriffe der Berufung gegen die Auffassung der Kammer zur "Gesetzlichkeitsfiktion", also der Frage des Vertrauensschutzes bei Abweichungen von der Musterbelehrung, sind unbegründet.
a. Die Rechtsmeinung des LG entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senates, der daran auch nach erneuter Überprüfung festhält, und des BGH (etwa III ZR 83/11 sowie das von der Beklagten angeführte Urteil vom 28.6.2011 - XI ZR 349/10). Danach kann ein Unternehmer sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Entscheidend ist allein, ob der Unternehmer den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift er aber in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst sein, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderung, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll. Auch aus der weiteren Entscheidung des BGH 20.11.2012 (II ZR 264/10), auf die sich die Beklagte beruft, ergibt sich nichts anderes.
b. Letztlich kommt es auf die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage nicht einmal an, denn im vorliegenden Fall enthalten beide streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen nicht nur eine redaktionelle, sondern eine klare inhaltliche Abweichung von der Musterbelehrung, soweit es um den Fußnotenzusatz zu der angegebenen Widerrufsfrist geht. Diese Fristangabe ("zwei Wochen") wird durch den Zusatz ("Bitte Frist im Einzelfall prüfen.") inhaltlich relativiert, was eine inhaltliche Bearbeitung darstellt. Soweit die Beklagte dagegen anführt, dass es sich um einen nur an ihre Mitarbeiter gerichteten Ausfüllhinweis handele, ist das nicht nachvollziehbar. Die Formulierung legt - weil sich die Widerrufsbelehrung ersichtlich nicht an die Mitarbeiter der Beklagten, sondern an den Darlehensnehmer wendet - eine Deutung in dem Sinne, dass es der Darlehensnehmer sei, der die Prüfung vorzunehmen habe, mindestens nahe. Dem vorgedruckten Text lässt sich auch nicht entnehmen, ob die angegebene Frist (zwei Wochen) das Ergebnis der Einzelfallprüfung ist oder nur die Angabe der (noch) nicht überprüften Regelfrist.
3. Das Widerrufsrecht ist nicht verwirkt, wie das LG zutreffend entschieden hat, weil die Darlehensverträge noch nicht vollständig erfüllt waren. Die dem entsprechenden Ausführungen des LG folgen der Rechtsprechung des Senats zu dieser Frage, an der er uneingeschränkt festhält. Damit fehlt es an dem für die Annahme einer Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment. Auch für eine unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung möglicherweise relevante treuwidrige Motivation der Kläger zum Widerruf ergeben sich aus dem von der Beklagten in diesem Zusammenhang angeführten vorgerichtlichen "Schriftwechsel" (der nur aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 25.8.2014 = GA 20 ff besteht) keine Anhaltspunkte.
4. Hinsichtlich der Höhe des Rückzahlungsanspruchs der Beklagten im Zuge der ausgesprochenen Zug-um-Zug-Verurteilung ist die Entscheidung des LG ebenfalls nicht zu beanstanden. Mangels Vortrags konkreter Tatsachen zu einem dem Ansatz des LG nicht erreichenden Verzugszinssatz - dazu hat die Beklagte weder erstinstanzlich noch im Rahmen der Berufungsbegründung Ausführungen gemacht - ist die vom der Kammer zugrun...