Entscheidungsstichwort (Thema)

Einschränkung des Umgangsrechts bei miterlebter schwerer häuslicher Gewalt

 

Leitsatz (amtlich)

In Fällen schwerer "häuslicher Gewalt" und hierdurch schwer traumatisierter die Gewalt miterlebender Kinder ist es gem. §§ 1666, 1666a BGB unter dem Gesichtspunkt der Kindeswohlgefährdung gerechtfertigt, das Umgangsrecht auf die brieflichen Kontakte und evt. Bildinformationen zu beschränken.

Für die psychische Gefährdung der traumatisierten Kinder im Falle der Konfrontation mit dem Kindesvater bedarf es keines gesonderten Sachverständigengutachtens, wenn sich das Gericht auf andere Weise sachkundig von der Kindeswohlgefährdung überzeugen kann.

 

Normenkette

BGB §§ 1666, 1666a

 

Verfahrensgang

AG Brühl (Beschluss vom 11.08.2010; Aktenzeichen 32 F 66/10)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Brühl vom 11.8.2010 - 32 F 66/10 - wird auf Kosten des Antragstellers mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Einschränkungen des Umgangsrechts auf Antrag des Antragstellers nach einem Jahr ab Rechtskraft dieser Entscheidung überprüft werden können.

II. Der Antrag des Antragstellers, ihm zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wird mangels Erfolgsaussicht der Beschwerde zurückgewiesen.

III. Der Antragsgegnerin wird zur Rechtsverteidigung in vorliegendem Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt I.T. in C. ratenfrei bewilligt.

 

Gründe

I. Die gem. §§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 2, 58, 59, 63, 64, 65 FamFG zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Zur Recht hat das Familiengericht in dem angefochtenen Beschluss das Umgangsrecht des Antragstellers mit seinen drei Kindern D., K. und H. darauf beschränkt, dass er diesen gelegentlich Briefe schreiben und zu ihren Geburtstagen, zu Weihnachten und anderen hohen Feiertagen Geschenkpakete schicken darf und der Antragsgegnerin aufgegeben, diese Postsendungen ihren Kindern jeweils unverzüglich auszuhändigen.

Bezüglich der weiteren Anträge zur Informationspflicht der Antragsgegnerin durch Übersendung aktueller Fotos der Kinder ggü. dem Antragsteller hat das Familiengericht das Verfahren abgetrennt und die Entscheidung hierüber dem Rechtspfleger zur Entscheidung vorgelegt. Dieser Teil des Umgangsrechtes ist somit nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Unter Kindeswohlgesichtspunkten konnte seinen weitergehenden Anträgen, ihm näher bezeichnete telefonische Umgangskontakte zu seinen Kindern zu gestatten und die Antragsgegnerin anzuweisen, sich ggü. den Kindern aller moralisch abwertenden Äußerungen über ihn zu enthalten. wie das Familiengericht zutreffend erkannt hat, nicht stattgegeben werden, da dies unter Kindeswohlgesichtspunkten nicht zu verantworten ist. Allerdings muss für den Antragsteller wegen des weit gehenden Ausschlusses des Umgangsrechts unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Möglichkeit bestehen, die Frage zum Umfang der fortbestehenden notwendigen Einschränkungen seines Umgangsrechts nach einem Jahr ab Rechtskraft dieser Entscheidung überprüfen zu lassen.

Unter dem Gesichtspunkt der Kindeswohlgefährdung ist gem. §§ 1666, 1666a BGB das Umgangsrecht auf die brieflichen Kontakte und evt. Bildinformationen - was das Familiengericht noch zu entscheiden hat - zu beschränken. Die Beschränkung des Umgangsrechts trägt dem Umstand Rechnung, dass die betroffenen Kinder durch die erfahrene Gewaltanwendung des Antragstellers ggü. der Antragsgegnerin, der Kindesmutter, stark traumatisiert sind und von daher unmittelbare persönliche Kontakte - hierzu zählen auch die Telefonkontakte - derzeit jedenfalls auf die seelisch-geistige Entwicklung negativen Einfluss haben können. Dies hat das Jugendamt im Einzelnen belegt. So ist in dem Jugendamtsbericht vom 2.10.2010 (Bl. 127, 128 GA) nochmals die psychische Gefährdung der Kinder für den Fall der Konfrontation mit dem Kindesvater anschaulich geschildert worden. Insbesondere die während der Ehe der Kindeseltern auch von den Kindern erfahrene Gewaltbereitschaft des Kindesvaters ggü. der Kindesmutter machen verständlich, dass die Kinder den Kindesvater derzeit ablehnen und Angst vor ihm haben. Von daher bedarf es schon gar keiner negativen Einflussnahme der Kindesmutter gegenüber ihren Kindern, um ein negatives Bild von dem Kindesvater bei den Kindern entstehen bzw. bestehen zu lassen. Da dem Senat keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Kindesmutter bewusst negativ auf die Kinder im Hinblick auf den Kindesvater einwirkt, bedurfte es auch insoweit keiner Auflage an die Kindesmutter, sich solcher negativen Kommentare zu enthalten.

Soweit der Kindesvater einwendet, dass er sich einer Therapie unterzogen hat und daher keine Gefahr mehr bestünde, gewalttätig zu werden und zudem anführt, dass er nie gegenüber seinen Kindern gewalttätig geworden sei, verkennt er die psychische Situation seiner Kinder. Die Traumatisierung der Kinder, v...

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