Leitsatz (amtlich)

Auch bei der Volljährigenadoption von Stiefkindern bedarf es der Feststellung von Amts wegen, dass zwischen dem Annehmenden und dem bisherigen Stiefvater ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht. Dies kann zweifelhaft sein, wenn das Kind mit dem Stiefvater bisher kaum zusammengelebt hat und als vorherrschendes Motiv für die Adoption nach den konkreten Umständen nahe liegt, dem Anzunehmenden, der bisher durchgängig im Ausland gelebt hat, ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zur Erlangung einer qualifizierten Berufsausbildung zu verschaffen.

 

Normenkette

BGB § 1767 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 6 T 360/02)

AG Gummersbach (Aktenzeichen 15 XVI 4/02)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 2).

 

Gründe

Die nach § 27 FGG statthafte und auch i.Ü. zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet.

I. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass im Hinblick auf die deutsche Staatsangehörigkeit des annehmenden Beteiligten zu 2) die deutschen Gerichte zur Entscheidung über die Annahme international zuständig sind (§ 43b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 FGG) und dass für diese Entscheidung gem. Art. 22 S. 1 EGBGB das deutsche Adoptionsrecht maßgebend ist (vgl. BayObLG v. 29.3. 1995 – 1Z BR 72/94, BayObLGReport 1995, 68 = FamRZ 1996, 183).

II. Das LG ist mit zutreffender, rechtlich nicht zu beanstandender Begründung zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen, unter denen nach § 1767 Abs. 1 BGB ein Volljähriger als Kind angenommen werden kann, nicht vorliegen.

Gemäß § 1767 Abs. 1 BGB kann ein Volljähriger nur dann als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Dies ist insb. der Fall, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden eine dem natürlichen Eltern-Kind-Verhältnis entsprechende Beziehung bereits entstanden oder doch objektiv zu erwarten ist (§ 1767 Abs. 2, § 1741 Abs. 1 BGB; vgl. BayObLG NJWE-FER 1998, 78 m.w.N.). Eine solche Beziehung zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern ist durch eine innere Verbundenheit und die Bereitschaft zu gegenseitigem Beistand (BayObLG v. 29.3. 1995 – 1Z BR 72/94, BayObLGReport 1995, 68 = FamRZ 1996, 183 [184] m.w.N.) gekennzeichnet.

Soweit neben diesen familienbezogenen Zwecken der Adoption auch andere nicht familienbezogene Motive von Bedeutung sind, dürfen diese lediglich Nebenfolge, nicht aber ausschlaggebender Hauptzweck der Adoption sein (BayObLG v. 31.7.1992 – 1Z BR 69/92, BayObLGReport 1992, 45 = FamRZ 1993, 236). Die Volljährigenadoption darf nicht dazu missbraucht werden, Ausländern unter Umgehung ausländerrechtlicher Bestimmungen den Verbleib in Deutschland zu ermöglichen (BayObLG v. 16.11.1999 – 1Z BR 115/99, BayObLGReport 2000, 54 = FamRZ 2001, 118).

Diese Voraussetzungen für die Volljährigenadoption müssen positiv festgestellt werden. Wenn nach der Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände begründete Zweifel verbleiben, ob ein dem Eltern-Kind-Verhältnis entsprechendes Familienband hergestellt ist oder hergestellt werden soll, muss der Antrag abgelehnt werden (BayObLG NJWE-FER 1998, 78).

Diese Grundsätze hat das LG zutreffend berücksichtigt. Nach seinen Feststellungen verbleiben Zweifel daran, dass die Merkmale der in § 1767 Abs. 1 BGB enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe erfüllt sind.

Die Tatsachenfeststellung und Würdigung ist Sache des Tatrichters (§ 27 S. 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO). An sie ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden. Es kann beide nur dahin überprüfen, ob der Tatrichter den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG), bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25 FGG) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln oder Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat, ferner, ob die Beweisanforderungen vernachlässigt oder überspannt worden sind (BayObLG v. 16.11.1999 – 1Z BR 115/99, BayObLGReport 2000, 54 = FamRZ 2001, 118).

Die in diesem Rahmen vorgenommene Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

Nach dem Ergebnis der vom LG durchgeführten Anhörung verbleiben Zweifel, ob nicht das vorherrschende Motiv der beabsichtigten Adoption darin liegt, dem Beteiligten zu 1) hierdurch ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu verschaffen.

Nach dem vorliegenden Sachverhalt lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass zwischen dem Beteiligten zu 1) und dem Beschwerdeführer bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist.

Zwar besteht zwischen dem Beschwerdeführer und der Mutter des Anzunehmenden eine langjährige Beziehung. Der Anzunehmende war noch ein Kind, als seine Mutter die Beziehung zum Beschwerdeführer aufgenommen hat. Diese Beziehung besteht noch heute, der Beschwerdeführer hat die Mutter des Anzunehmenden im August 2000 geheiratet. Dennoch bestehen nicht auszuräumende Zweifel daran, ob zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anzunehmenden eine Eltern-Kind-Beziehung bereits entstanden oder zu erwar...

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