Leitsatz (amtlich)
Wurden dem Käufer beim Privatverkauf eines Gebrauchtwagens gefälschte Zulassungsbescheinigungen Teil I und II vorgelegt, steht dies dem gutgläubigen Erwerb nicht entgegen, wenn er die Fälschungen nicht erkennen musste. Dem gutgläubigen Erwerb steht auch nicht entgegen, dass der Verkäufer den Zweitschlüssel nicht übergeben konnte, wenn er die kurzfristige Nachreichung in dem schriftlichen Kaufvertrag zugesichert hat.
Normenkette
BGB § 932 ff.
Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 10 O 448/18) |
Tenor
1. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 30.08.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn (10 O 448/18) gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
2. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
1. Die Berufung der Beklagten ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, ist eine Entscheidung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt.
2. Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger Eigentümer des streitgegenständlichen Kraftfahrzeuges der Marke Audi Typ A plus ist und die Beklagte verurteilt, die Zulassungsbescheinigung Teil II zu diesem Kraftfahrzeug binnen der im erstinstanzlichen Urteil bestimmten Frist an den Kläger herauszugeben. Auch hat das Landgericht die Widerklage zu Recht abgewiesen.
Auch der Senat geht davon aus, dass der Kläger der Eigentümer des streitgegenständlichen Kraftfahrzeuges geworden ist, so dass er von der Beklagten nach §§ 985, 952 analog BGB die Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II verlangen kann, während der Beklagten der widerklagend geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe des streitgegenständlichen Kraftfahrzeuges aus § 985 BGB gegen den Kläger mit Blick auf dessen Eigentümerstellung nicht zusteht.
a. Zwar steht zwischen den Parteien außer Streit, dass ursprünglich die Klägerin Eigentümerin des streitgegenständlichen Kraftfahrzeuges war. Auch hat die Klägerin Eigentum an diesem nicht bereits am 20.09.2018 mit der Übergabe an einen vermeintlichen Käufer desselben übergeben, da in dem zugrundliegenden Kaufvertrag ein Eigentumsvorbehalt vereinbart war, die Bedingung für den Eigentumsübergang auf den Käufer jedoch nicht eingetreten ist. Vor diesem Hintergrund ist der Kläger auch nicht etwa nach § 929 S. 1 BGB mit der Übergabe des Kraftfahrtzeuges aufgrund einer entsprechenden Einigung am 26.09.2018 Eigentümer desselben worden, da es der ihm gegenüber als "B" aufgetretenen Verkäuferin an der Berechtigung fehlte.
b. Der Kläger hat das Eigentum an dem streitgegenständlichen Kraftfahrzeug jedoch, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, nach § 932 Abs. 1 S. 1 BGB gutgläubig erworben, da er sich am 26.09.2018 mit der Verkäuferin über den Eigentumsübergang einig geworden ist und diese ihm den Besitz an dem streitgegenständlichen Kraftfahrzeug verschafft hat.
Das streitgegenständliche Kraftfahrzeug war auch nicht abhandengekommen im Sinne von § 935 Abs. 1 BGB, denn die Beklagte hat den Besitz an diesem am 20.09.2018 nicht etwa ohne ihren Willen verloren. Die Beklagte hat den Besitz an dem streitgegenständlichen Kraftfahrzeug vielmehr bewusst aufgegeben. Dass sie hierzu durch eine Täuschung veranlasst wurde, ist für die Frage des Abhandenkommens im Sinne von § 935 Abs. 1 BGB ohne Belang (vgl. nur RGZ 101, 224; Palandt - Herrler, a.a.O., Bürgerliches Gesetzbuch, 79. Auflage, § 935, Rdnr. 5).
Entgegen der Auffassung der Beklagten war der Kläger aber auch nicht etwa bösgläubig. Nach § 932 Abs. 2 BGB ist der Erwerber nämlich nur dann nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört. Davon kann vorliegend aber auch auf Grundlage des Vorbringens der insoweit darlegungspflichtigen Beklagten (vgl. nur Palandt - Herrler, a.a.O., § 932, Rdnr. 16) auch nicht ausgegangen werden.
Die Beklagte beruft sich nicht darauf, dass der Kläger Kenntnis davon gehabt hätte, dass die Verkäuferin nicht zum Verkauf des streitgegenständlichen Kraftfahrzeuges berechtigt war. Auch im Übrigen liegen hierfür keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte vor.
Der Kläger hat bei Erwerb des streitgegenständlichen Kraftfahrzeuges die fehlende Berechtigung der Verkäuferin aber auch nicht grob fahrlässig verkannt. Unter grober Fahrlässigkeit wird ein Handeln verstanden, bei dem die erforderliche Sorgfalt den gesamten Umständen nach in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden ist und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. nur BGH, Urteil vom 18.06.1980 - VIII ZR 119/79, BGHZ 77, 274 ff., Urteil vom 01.03.2013 - V ZR 92/12...