Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Verwirkung des Rechts zur Beschlussanfechtung durch Nichtzahlung des gerichtlichen Kostenvorschusses

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 8 T 142/96)

AG Bonn (Aktenzeichen 28 II 193/94 WEG)

 

Tenor

Dem Beteiligten zu 1. wird wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erteilt.

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. vom 14. Januar 1997 gegen den Beschluß der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 21. November 1996 – 8 T 142/96 – wird zurückgewiesen.

Die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten werden dem Beteiligten zu 1. auferlegt; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

Die – nach der gemäß § 22 Abs. 2 FGG zu gewährenden Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – zulässige sofortige weitere Beschwerde (§ 45 Abs. 1 WEG) hat in der Sache keinen Erfolg.

Amts- und Landgericht haben im Ergebnis zu Recht die Anträge abgewiesen, den Beschluß der Wohnungeigentümerversammlung vom 24.10.1994 zu TOP 7 für ungültig zu erklären und die Antragsgegner zu verpflichten, die aufgrund dieses Beschlusses durchgeführten baulichen Maßnahmen rückgängig zu machen. Denn der Antragsteller hat einen Anspruch auf Ungültigerklärung des Wohnungseigentümerbeschlusses vom 24.10.1994 zu TOP 7 verwirkt.

Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, daß dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (vgl. BGH NJW 1982, 1999).

Zwar hat der Antragsteller den Antrag auf eine Entscheidung gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG am 11.11.1994 und damit rechtzeitig binnen eines Monats seit der Beschlußfassung gestellt. Da er aber der Aufforderung des Amtsgerichts vom 14.11.1994 zur Einzahlung des Kostenvorschusses nicht nachgekommen ist, sind die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft und der Verwalter über die Anfechtung nicht in Kenntnis gesetzt und ist das Verfahren bis zur Beantragung einer einstweiligen Anordnung am 28.10.1995 nicht betrieben worden. Vielmehr haben die übrigen Wohnungseigentümer erst durch die Zustellung dieses Antrags an den Verwalter am 02.11.1995 von der Beschlußanfechtung durch den Antragsteller erfahren.

Die Wohnungseigentümer müssen – wenn sie über eine Beschlußanfechtung nicht informiert werden – alsbald nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG darauf vertrauen dürfen, daß ein von ihnen gefaßter Beschluß bestandskräftig ist und die beschlossenen Maßnahmen umgesetzt werden können, ohne eine Inanspruchnahme auf Folgenbeseitigung befürchten zu müssen. Wird das Anfechtungsverfahren aber ca. ein Jahr lang nicht betrieben und hatten die Wohnungseigentümer keine Kenntnis von der Anfechtung, so dürfen sie auf die Bestandskraft ihres Beschlusses vertrauen.

Der Antragsteller hat sich durch das Nichtbetreiben des Anfechtungsverfahrens über ca. ein Jahr so verhalten, daß die übrigen Wohnungseigentümer sich darauf einrichten durften, eine fristgemäße Anfechtung sei nicht erfolgt. Sie haben sich auch tatsächlich darauf eingerichtet und am 21.10.1995 mit der Ausführung der beschlossenen Baumaßnahmen begonnen. Damit ist die verspätete Geltendmachung der Anfechtung mit Treu und Glauben nicht vereinbar.

Ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn der Beschluß der Wohnungeigentümer vom 24.10.1994 zu TOP 7 nichtig wäre, kann dahinstehen. Denn von einer Nichtigkeit ist auch dann nicht auszugehen, wenn die beschlossenen Maßnahmen (Herstellung eines Plattenweges neben dem Mülltonnenplatz zur Straße hin, Anbringung eines Tores in der vorhandenen Einfriedigung an der Straßenfront, Schließung des vorhandenen Durchgangs zum Nachbargrundstück durch entsprechende Bepflanzung) eine bauliche Veränderung darstellen, die gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf.

Ist somit durch die Vorinstanzen der Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung zu Recht nicht für ungültig erklärt worden, so ist ein Anpruch auf Beseitigung der beschlossenen Maßnahmen nicht begründet, da auch das Gericht an diesen Beschluß gebunden ist.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 47 WEG. Es entspricht der Billigkeit, dem unterliegenden Antragsteller die Gerichtskosten aufzuerlegen. Hingegen bestand kein Anlaß, von dem im Wohnungseigentumsverfahren geltenden Grundsatz, wonach die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben, abzuweichen.

Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren: 2.000,00 DM

 

Unterschriften

Dr. S, Dr. S, S

 

Fundstellen

Haufe-Index 511379

ZMR 1998, 110

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