Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit für Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses gem. § 58 Abs. 6, 8 AufenthG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG statthafte Rechtswegbeschwerde gelten im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit die §§ 567 ff. ZPO entsprechend.

2. Für die Entscheidung über eine auf der Grundlage von § 58 Abs. 6, Abs. 8 AufenthaltG beantragte Durchsuchungsanordnung zur Durchführung einer Abschiebung sind seit der Neufassung von § 58 AufenthaltG nicht die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit sondern die Verwaltungsgerichte zuständig.

3. Landesrechtliche Rechtswegbestimmung gelten gem. § 58 Abs. 10 AufenthG nur fort, soweit diese über § 58 Abs. 5 ff. AufenthG hinausgehende Eingriffsbefugnisse vorsehen.

 

Normenkette

AufenthaltG § 58 Abs. 6, 8, 10; GVG § 17a Abs. 4 S. 3; PolGNW § 42 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Kerpen (Aktenzeichen 68 XIV (B) 8/20)

 

Tenor

1. Die Entscheidung wird durch den Rechtsunterzeichner als Einzelrichter auf den Senat in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschrieben Besetzung mit drei Richtern übertragen.

2. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten vom 27.07.2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kerpen vom 23.07.2020 - 68 XIV(B) 8/20 - wird zurückgewiesen.

Von einer Kostenerhebung wird abgesehen.

 

Gründe

1. Mit Schreiben vom 20.07.2020 hat der Beteiligte bei dem Amtsgericht Kerpen "gemäß § 58 Abs. 5 - 10 AufenthG" einen "Hausdurchsuchungsbeschluss sowie einen einstweiligen Betretensbeschluss" für Wohnräume einschließlich Nebenräumen unter den Anschriften M. Str. 6 und A. d. B. 41 in K. beantragt, bei denen es sich nach den Angaben des Beteiligten zum einen um die tatsächliche Wohnung und zum anderen um die Meldeanschrift der Betroffenen handelt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, mit Ordnungsverfügung vom 09.05.2020 sei der Antrag der Betroffenen, die bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige sei, auf Verlängerung des Aufenthaltstitels abgelehnt worden; seit Ablauf der Ausreisefrist halte sie sich illegal im Bundesgebiet auf. Daher sei beabsichtigt, sie am 11.08.2020 um 06.00 Uhr unter o.g. Anschrift in K. abzuholen und zur Abschiebung zum Flughafen zu bringen. Die Abschiebung sei mangels freiwilliger Ausreise erforderlich; Betreten und Durchsuchung der Räume seien zur Auffindung der Betroffenen notwendig.

Nach schriftlichem Hinweis an den Beteiligten hat das Amtsgericht Kerpen mit Beschluss vom 23.07.2020 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit von Amts wegen an das Verwaltungsgericht Köln verwiesen. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt, die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit folge aus § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Um eine öffentlich- rechtliche Streitigkeit auf dem Gebiet des Landesrechts im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO handele es sich nicht, da § 58 AufenthG in der seit dem 21.08.2019 geltenden Fassung und damit Bundesrecht zugrunde liege. Auch unter Berücksichtigung des § 58 Abs. 10 AufenthG bleibe kein Raum für eine ergänzende Heranziehung landesrechtlicher Regelungen, welche eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit begründen könnten.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte mit seiner am 27.07.2020 per Telefax bei dem Amtsgericht eingelegten sofortigen Beschwerde gemäß Schreiben vom selben Tage. Er macht geltend, es bestehe eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für den Erlass des nach § 58 Abs. 6, Abs. 9 AufenthG beantragten Durchsuchungsbeschlusses.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Landgericht Köln vorgelegt. Dieses hat sie zunächst nicht behandelt und dann mit Vermerk vom 04.08.2020 die Auffassung vertreten, das Landgericht sei für die Entscheidung nicht zuständig, und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zugeleitet, wo diese am 05.08.2020 einging.

2. Zur Entscheidung über das Rechtsmittel ist das Oberlandesgericht nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG berufen. Gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG ist die Beschwerde nach der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Dies ist die Verfahrensordnung, die gelten würde, wenn der vom Antragsteller beschrittene Rechtsweg eröffnet wäre. Bei einem Verfahren vor dem Amtsgericht, an welches der Antrag gerichtet ist, einschließlich eines Beschwerdeverfahrens in der Hauptsache würde es sich um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit handeln. Denn der Antragsteller beruft sich auf die Anwendbarkeit des § 42 Abs. 1 PolG NW, wobei gemäß § 42 Abs. 1 Satz 3 PolG NW für das gerichtliche Durchsuchungsverfahren die Bestimmungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend gelten. Um eine Freiheitsentziehungssache, in welcher als Beschwerdegericht das Landgericht als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit berufen wäre, handelt es sich hier nicht.

3. Für die § 17a Abs. 4 Abs. 3 GVG statthafte Rechtswegbeschwerde gelten im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit die §§ 567 ff. ZPO ents...

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