unanfechtbar

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Miet- & Raumrecht. Berücksichtigung verspäteter Schriftsätze

 

Leitsatz (amtlich)

Auch im WEG-Verfahren müssen Schriftsätze, die nach Unterzeichnung des Entscheidungsentwurfs durch alle Richter und nach Fertigung der Reinschriften durch die Kanzlei, aber vor Absendung der Entscheidung an die Beteiligten noch eingehen, bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Das Gericht muß sicherstellen, daß ihm alle bis zur Versendung der Entscheidung eingehenden Schriftsätze sogleich vorgelegt werden, damit es den noch im gerichtlichen Geschäftsgang befindlichen Entscheidungsentwurf sogleich zurückhalten kann.

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 1; WEG § 43 ff.

 

Verfahrensgang

AG Köln (Aktenzeichen 204 II 295/99)

LG Köln (Aktenzeichen 29 T 124/00)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3.) wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 09. November 2000 – 29 T 124/00 – aufgehoben.

Die Sache wird zur weiteren Sachbehandlung und erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3.) ist zulässig und hat in der Sache insoweit Erfolg, als das Rechtsmittel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht führt.

Die Beschwerdeentscheidung leidet an einem schweren Verfahrensfehler, weil der Kammer der Schriftsatz der Beteiligten zu 3.) vom 10. November 2000 nicht vorgelegt worden ist und sie deshalbobjektiv gegen das aus Artikel 103 Abs. 1 GG folgende Gebot, Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und sich hiermit auseinanderzusetzen, verstoßen hat. Da sowohl im Zivilprozess wie auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht verkündete Beschlüsse erst mit der Herausgabe aus dem inneren Geschäftsbetrieb wirksam werden, muss das Gericht, auch wenn die Entscheidung bereits von allen Richtern unterschrieben wurde und gegebenenfalls schon alle Reinschrift-Ausfertigungen für die Beteiligten von der Kanzlei gefertigt worden sind, vor der Herausgabe eingehende Schriftsätze noch berücksichtigen und eventuell die Entscheidung nochmals überdenken und überarbeiten (vgl. BGH MDR 1999, 1528; BayObLG NZM 1999, 908).

Vorliegend ist der Schriftsatz der Beteiligten zu 3.) vom 10. November 2000, in dem sie ergänzend zur ihrer Beschwer durch die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts vorgetragen hat, am 13. November 2000 beim Landgericht eingegangen. Bereits zuvor, am 09. November 2000, hatte die Kammer über die sofortige Beschwerde entschieden, wobei der Beschluss jedenfalls am 13. November 2000 von allen Mitgliedern der Kammer unterschrieben war, wie der Tatsache zu entnehmen ist, dass die Geschäftsstelle unter dem 13. November 2000 die Abschlussverfügung getroffen hat. Obwohl sich die Akte in der Folgezeit bis zum 16. November 2000 im Gerichtslauf befand und erst an diesem Tage an die Empfänger zwecks Zustellung bzw. formloser Zusendung aus dem inneren Geschäftsbetrieb herausgegeben wurde, erfolgte keine aktenkundige Vorlage des inzwischen eingegangenen Schriftsatzes der Beteiligten zu 3.) vom 10. November 2000 an die Kammer. Vielmehr hat die Kammer hiervon erst nach Versendung des Beschlusses an die Beteiligten Kenntnis nehmen können.

Der aufgezeigte Verfahrensverstoß führt zur Zurückverweisung an das Landgericht, weil die Sache nicht entscheidungsreif ist. Die Beteiligten zu 2.) haben von dem Schriftsatz der Beteiligten zu 1.) vom 10. November 2000 bisher keine Kenntnis erlangt; im übrigen ist auch zur Sache im Rechtsbeschwerdeverfahren bislang nicht vorgetragen worden.

 

Unterschriften

Dr. Schuschke, Jennissen, Appel-Hamm, ROLG Reinemund

 

Fundstellen

Haufe-Index 557560

NJW-RR 2002, 521

NZM 2001, 863

ZMR 2001, 571

WE 2001, 226

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