Leitsatz (amtlich)

Kommt es im Anschluss an eine offene Reposition und Fixierung des Schultergelenks zu einem Schulterhochstand, so führt nicht die Tatsache, dass im Operationsbericht Angaben zur Größe des verwendeten Ankers, zur Art der verwendeten Fixierungsmaterialien und zur genauen Lage der Bohrlöcher fehlen, für sich genommen schon zu Beweiserleichterungen oder zur Vermutung einer fehlerhaften Vorgehensweise.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 611, 823

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 22.08.2017; Aktenzeichen 25 O 169/15)

 

Tenor

Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 22.08.2017 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 O 169/15 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

 

Gründe

I. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO). Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld und Ersatz materieller Schäden, denn er hat den Beweis schadensursächlicher Behandlungsfehler nicht erbracht.

1.) Der Kläger hat nicht bewiesen, dass den Beklagten im Zusammenhang mit der am 28.12.2012 durchgeführten Operation am rechten Schultergelenk Fehler unterlaufen sind.

a) Die Indikation der Operation ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Soweit der Kläger die Durchführung der Operation als verspätet bezeichnet, hat das Landgericht einen Behandlungsfehler auf Grundlage des Gutachtens von Dr. O zutreffend verneint. Dr. O hat erklärt, dass eine Verletzung, wie sie der Kläger erlitten habe, innerhalb von 14 Tagen einer operativen Revision zugeführt werden solle. Da die Operation acht Tage nach dem Sturzereignis erfolgte, lag sie in dem von Dr. O genannten Zeitfenster. Auch Prof. Dr. L und Prof. Dr. S haben den Zeitpunkt der Operation nicht beanstandet (vgl. Seite 9 des schriftlichen Gutachtens von Prof. Dr. L vom 29.07.2016, Bl. 118 d.A.; Seite 8 des Bescheides der Gutachterkommission vom 21.10.2013, Anlage K 17 zur Klageschrift). Mit den Ausführungen der Sachverständigen und der darauf beruhenden Feststellungen des Landgerichts setzt sich der Kläger in keiner Weise auseinander.

b) Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme sind auch bei Durchführung der Operation vom 28.12.2012 begangene Behandlungsfehler nicht erwiesen. Der Kläger trägt hinsichtlich der von ihm behaupteten Behandlungsfehler die Beweislast. Beweiserleichterungen kommen ihm entgegen seiner Annahme nicht zugute. Beweiserleichterungen zugunsten eines Patienten kommen dann in Betracht, wenn eine aus medizinischen - und nicht aus juristischen - Gründen erforderliche ärztliche Dokumentation der wesentlichen medizinischen Fakten lückenhaft bzw. unzulänglich ist und deshalb für den Patienten im Falle einer Schädigung die Aufklärung des Sachverhaltes unzumutbar erschwert wird. Die Dokumentationspflicht erstreckt sich dabei nur auf solche Umstände, die für die weitere Behandlung des Patienten medizinisch geboten sind (Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 5. Auflage 2018, Rn. B 493 m.w.N. zur Rechtsprechung).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind zu einer Beweiserleichterung führende Dokumentationsmängel nicht ersichtlich. Der Operationsbericht vom 28.12.2012 enthält Angaben zum wesentlichen Ablauf des Operationsgeschehens. Soweit sowohl die Gerichtssachverständigen Prof. Dr. L und Dr. O als auch die vorgerichtlich tätig gewordenen Sachverständigen Prof. Dr. S und Dr. G in dem Operationsbericht Angaben dazu vermissen, an welcher Stelle Bohrkanäle gesetzt wurden, welche Größe der eingebrachte FASTak-Anker hatte und welche Stärke das verwandte Fixierungsmaterial hatte, folgt aus den Ausführungen der Sachverständigen nicht, dass eine Dokumentation dieser Details aus medizinschen Gründen geboten gewesen wäre. Vielmehr hat Dr. O ausgeführt, dass die Frage der Größe des verwendeten FASTak-Ankers, die Position der Bohrkanäle und die zur Fixierung verwendeten Materialien nicht so relevant gewesen wären, wenn eine Dokumentation des Repositionsergebnisses erfolgt wäre. Gerade weil bildgebende Befunde nicht vorhanden seien, seien die genannten Details zur Beantwortung der Beweisfragen wichtig und erforderlich gewesen. Damit hat der Sachverständige deutlich gemacht, dass er eine Dokumentation zur sachverständigen Bewertung des Operationsablaufs, nicht aber aus medizinischen Gründen vermisst hat. Die medizinische Dokumentation dient aber nicht dazu, die sachverständige Bewertung in späteren Schadensersatzklagen des Patienten zu ermöglichen oder Beweise zu sichern.

Selbst wenn ein Dokumentationsmangel an...

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