Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Begriff der unbilligen Härte i.S.v. § 1361b Abs. 1 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Der Begriff der unbilligen Härte i.S.d. § 1361b Abs. 1 BGB ist gesetzlich nicht definiert und daher Einzelfall bezogen, auszufüllen. Das Richtmaß "unbillige Härte" weist über den Bereich der häuslichen Gewalt hinaus. Durch ausdrückliche Erwähnung herausgehoben sind als Tatbestände, die eine unbillige Härte begründen können, die Anwendung von Gewalt und die Beeinträchtigung des Kindeswohls.

So kann sich die Gewalt auch in indirekter Aggression gegen eine Person äußern, wobei es auf die objektive Ernsthaftigkeit z. B von Bedrohungen nicht entscheidend ankommen, sondern darauf, ob sich der betroffene Ehegatte subjektiv so belastet fühlt, dass ihm objektiv die Fortsetzung der häuslichen Gemeinschaft nicht mehr zumutbar ist.

 

Normenkette

BGB § 1361b Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Beschluss vom 11.03.2005; Aktenzeichen 41 F 57/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Bonn vom 11.3.2005 - 41 F 57/05 EAWH I -, mit dem das eheliche Haus I-Str. 11a in C. dem Antragsteller vorläufig zur alleinigen Nutzung zugewiesen und der Antragsgegnerin aufgegeben worden ist, das vorgenannte Haus sofort unter Mitnahme ihrer persönlichen Sachen zu verlassen und es ohne Einverständnis des Antragstellers nicht wieder zu betreten, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

 

Gründe

Die gem. § 620c S. 1 ZPO zulässige - insb. fristgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das AG im Wege der einstweiligen Anordnung das eheliche Haus dem Antragsteller zur alleinigen Nutzung zugewiesen und der Antragsgegnerin aufgegeben, dieses sofort zu verlassen und nicht wieder zu betreten (§ 1361b BGB).

Nach Abs. 1 dieser Vorschrift kann unter Anderem ein Ehegatte, der von seinem Ehepartner getrennt leben will, verlangen, dass ihm der Andere die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden.

Nach Auffassung des Senates ist auf Seiten des Antragstellers eine solche unbillige Härte gegeben. Der Begriff der unbilligen Härte ist gesetzlich nicht definiert und daher Einzelfall bezogen auszufüllen. Das Richtmaß "unbillige Härte" weist über den Bereich der häuslichen Gewalt hinaus. Durch ausdrückliche Erwähnung herausgehoben sind als Tatbestände, die eine unbillige Härte begründen können, die Anwendung von Gewalt (in § 1361b Abs. 2 BGB) und die Beeinträchtigung des Kindeswohles (§ 1361b Abs. 1 S. 1 BGB). Damit sind Härtefälle vor Allem durch häusliche Gewalt indiziert. Hierbei kann jede Gewaltform als Tatbestand in Betracht kommen. Sie kann sich auch in grob unbeherrschtem und unberechenbarem Verhalten sowie Sachbeschädigungen äußern. Insbesondere kann die Gewalt sich auch in indirekter Aggression gegen eine Person äußern, wobei es auf die objektive Ernsthaftigkeit z.B. von Bedrohungen nicht entscheidend ankommt, sondern darauf, ob sich der betroffene Ehegatte subjektiv so belastet fühlt, dass ihm objektiv die Fortsetzung der häuslichen Gemeinschaft nicht mehr zumutbar ist. In Abgrenzung hierzu stellen keine Härtefälle bloße Unannehmlichkeiten und Belästigungen, wie sie bei einer zerrütteten Ehe regelmäßig auftreten, dar. Auch wirtschaftliche Interessen sind in die Schutzfunktion der Norm, die auf die bei Gewalttaten betroffenen Rechtsgüter wie Körper, Gesundheit und Freiheit ausgerichtet ist, nicht zu berücksichtigen (Palandt/Brudermüller, BGB, 64. Aufl. 2005, § 1361b Rz. 9, 10 m.w.N.).

Ausgehend von diesen Vorgaben kann auch nach Auffassung des Senates nicht zweifelhaft sein, dass es für den Antragsteller eine unbillige Härte bedeuten würde, wenn die Antragsgegnerin weiterhin das ehemals eheliche, gemeinsam genutzte Haus mit nutzen könnte.

Der Antragsteller hat ausreichend glaubhaft gemacht (§ 620a Abs. 2 S. 2 ZPO), dass die Antragsgegnerin ihn in der Vergangenheit dermaßen beeinträchtigt hat, dass hierdurch seine persönliche Freiheit in nicht unerheblichem Umfang eingeschränkt war und das Verhalten der Antragsgegnerin ihm ggü. eine schwere psychische Belastung darstellte. So hat der Antragsteller an Eides statt versichert, dass er in der Vergangenheit zumindest zeitweilig daran gehindert bzw. jedenfalls behindert wurde, mit seinen Kindern Kontakt aufzunehmen und das auch im Übrigen seine persönliche Freiheit eingeschränkt war. Darüber hinaus hat die Schwiegertochter des Antragstellers, Frau W X, an Eides statt versichert, dass sie ebenfalls von solchen Einschränkungen der persönlichen Freiheit wisse und selbst telefonisch mitbekommen habe, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller in nicht unerheblicher Weise beschimpft habe.

Schließlich wird das Einwirken der Antragsgegnerin auf die Freizügigkeit des Antragstellers auch dadurch belegt, dass es eines weiteren einstweiligen Anordnungsver...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge