Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten bei vorheriger wirksamer Einigung der Kindeseltern über den Aufenthalt des Kindes
Leitsatz (amtlich)
Nach § 78 Abs. 2 FamFG ist für die Frage der Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten in Familiensachen auf die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage abzustellen. Ergänzend zu diesen Voraussetzungen ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH vom 23.6.2010, FamRZ 2010, 1427) auch die subjektive Situation des jeweiligen Beteiligten zu berücksichtigen, ferner kann der Grundsatz der Waffengleichheit nicht außer Acht gelassen werden.
Eine schwierige Sach- und Rechtslage ist aber auch in Sorgerechtsfragen zu verneinen, wenn sich die die beteiligten Kindeseltern über das verfahrensgegenständliche Aufenthaltsbestimmungsrecht bereits dahingehend geeinigt haben, dass der gemeinsame Sohn zum Antragsteller, dem Vater, zieht und diese Einigung durch die Ummeldebestätigung des minderjährigen Kindes bestätigt wird, die auch von der Antragsgegnerin, der Mutter, unterzeichnet wurde und Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind, die gegen eine Verbindlichkeit dieser Einigung sprechen.
Normenkette
FamFG § 78 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Eschweiler (Beschluss vom 01.10.2010; Aktenzeichen 12 F 124/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Eschweiler vom 1.10.2010 (12 F 124/10) wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Frage, ob bei Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe in einer Sorgerechtsstreitigkeit, wie sie hier vorliegt, dem Beteiligten ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, beurteilt sich nach § 78 Abs. 2 FamFG. Die gesetzliche Vorschrift sieht vor, dass hierzu auf die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage abzustellen ist. Ergänzend zu diesen Voraussetzungen ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH vom 23.6.2010, FamRZ 2010, 1427) auch die subjektive Situation des jeweiligen Beteiligten zu berücksichtigen, ferner kann der Grundsatz der Waffengleichheit nicht außer Acht gelassen werden.
Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen ist die angefochtene Entscheidung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Familiengericht darauf abgestellt, dass die Sachlage nach derzeitigem Stand nicht als schwierig gesehen werden kann. Zwar ist die Entscheidung eines Elternteils zur Frage, ob das Aufenthaltsbestimmungsrecht dem anderen Elternteil übertragen werden soll, grundsätzlich von erheblicher Bedeutung. Sofern diese Frage strittig zwischen den Beteiligten ist und im Übrigen auch verschiedene Umstände noch abzuklären sind bzw. für die ein oder andere Entscheidung sprechen würden, ist eine schwierige Sachlage auch nicht zu verneinen. Im vorliegenden Fall ist indes eine andere Situation gegeben. Wie das Jugendamt bestätigt, haben sich die Parteien bereits im Juli dieses Jahres dahingehend geeinigt, dass der gemeinsame Sohn zum Antragsteller, dem Vater zieht. Dies wird auch bestätigt durch die Ummeldebestätigung des minderjährigen Kindes, die auch von der Antragsgegnerin, der Mutter unterzeichnet wurde. Hinzu kommt, dass das Familiengericht die Antragsgegnerin mehrfach aufgefordert hatte, zu dem Vorbringen des Vaters, es sei einvernehmlich geregelt worden, dass der Sohn nunmehr beim Vater wohnen solle und diesem das Aufenthaltsbestimmungsrecht zustehen solle, nicht Stellung genommen hat. Weder hat sie auf die ursprüngliche Aufforderung zur Stellungnahme vom 22.6.2010 reagiert, noch hat sie sich nach einer ausdrücklichen Aufforderung vom 5.7.2010 zur Sache geäußert. Auch nachdem das Familiengericht Termin angesetzt hat, ist keine Stellungnahme der Antragsgegnerin erfolgt. Nach derzeitigem Sachstand kann damit - wie bereits das Familiengericht zugrunde gelegt hat - davon ausgegangen werden, dass eine einvernehmliche Regelung in dem oben dargelegten Sinne erfolgt ist. Wenn die Eltern sich jedoch schon über den Aufenthalt des Kindes einig sind, besteht keine schwierige Sach- oder Rechtslage. Darüber hinaus kann auch nicht festgestellt werden, dass die Antragsgegnerin aus anderen Gründen der Beiordnung eines Rechtsanwaltes bedarf. Wie aus den Akten ersichtlich, ist sie zwar ausländischer Herkunft, lebt jedoch bereits seit 1995, somit seit 15 Jahren in Deutschland. Auch aus der Stellungnahme des Jugendamtes bzw. dem Umstand, dass sie selbständig einen Rechtsanwalt beauftragt hat, ist erkennbar, dass sie fähig ist, ihre Belange auszudrücken und mit deutschen Behörden bzw. einem Rechtsanwalt Kontakt aufzunehmen. Im Übrigen hat ihr Verfahrensbevollmächtigter auch nichts dazu dargetan, dass sie nicht in der Lage wäre, ihre Rechte und Interessen im Verfahren durchzusetzen und mündlich auszudrücken.
Allein der Grundsatz der Waffengleichheit kann nicht als einziger entscheidender Gesichtspunkt für die Beiordnung eines Rechtsanwaltes herangezog...