Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
1. Im Umgangsvermittlungsverfahren erfordert die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage in der Regel nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
2. Mit Blick auf die über den Wortlaut des § 78 Abs. 2 FamFG hinaus zu berücksichtigenden subjektiven Umstände kann eine davon abweichende Entscheidung wegen psychischer Erkrankung des Antragstellers, aufgrund der zu besorgen ist, dass er sich zur gebotenen objektiven Distanz und Sachlichkeit nicht in der Lage sieht, geboten sein.
Normenkette
FamFG § 78 II, § 165
Verfahrensgang
AG Rheinbach (Beschluss vom 19.09.2014; Aktenzeichen 18 F 206/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Rheinbach vom 19.9.2014 - 18 F 206/14 - abgeändert und ihm für die Durchführung des Umgangsvermittlungsverfahrens mit Wirkung ab Antragstellung am 11.7.2014 Verfahrenskostenhilfe bewilligt, und zwar auf der Grundlage seiner Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vom 18.12.2014 ohne Auferlegung von Ratenzahlungen. Ferner wird ihm Rechtsanwalt G in S zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte beigeordnet.
Gründe
Die gem. § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und im Übrigen gem. §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Kindesvaters hat auch in der Sache Erfolg.
Der im Tenor näher bezeichnete Beschluss des AG, mit dem dieses den Antrag des Kindesvaters vom 11.7.2014, ihm im Anschluss an den zum Verfahren 18 F 147/14 des AG Rheinbach am 16.6.2014 geschlossenen, gerichtlich gebilligten Vergleich zur Regelung seines Umgangs mit dem betroffenen Kind für ein Vermittlungsverfahren gem. § 165 FamFG Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und ihm Rechtsanwalt G in S zur unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte beizuordnen, zurückgewiesen hat, hat keinen Bestand.
(1) Das gilt zunächst, soweit das AG den Antrag des Kindesvaters ohne Differenzierung zwischen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und der anhand anderer gesetzlicher Grundlage zu beurteilenden Beiordnung eines Rechtsanwalts insgesamt zurückgewiesen hat. Dem Kindesvater ist Verfahrenskostenhilfe ohne Rücksicht darauf zu bewilligen, ob auch die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts gegeben sind. Selbst wenn eine Beiordnung nicht erfolgt und damit das die Vergütung des eigenen Verfahrensbevollmächtigten betreffende Risiko bleibt, besteht für den Hilfesuchenden im Hinblick auf den Rest der außergerichtlichen Kosten und auf die Gerichtskosten ein Interesse an der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Die Voraussetzungen der insoweit einschlägigen Vorschriften (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO) liegen vor. Die hinreichende Erfolgsaussicht des Antrages auf Durchführung eines Umgangsvermittlungsverfahrens nach § 165 FamFG ist gegeben gewesen und auch vom AG gesehen worden, wie dieses mit der Bestimmung eines Verhandlungstermins unter Ladung der Kindeseltern und des betroffenen Kindes zum Ausdruck gebracht hat. Aus der von dem Kindesvater zur Akte eingereichten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 18.12.2014 folgt auch seine Bedürftigkeit.
(2) Darüber hinaus ist dem Kindesvater für die Durchführung des Umgangsvermittlungsverfahrens auf seinen Antrag ein Rechtsanwalt beizuordnen:
(2.1) Die Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen einer bewilligten Verfahrenskostenhilfe sind in § 78 FamFG geregelt. Für Verfahren, in denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, wird dem Beteiligten nach Abs. 2 dieser Vorschrift auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Bei dem vorliegenden Verfahren über das Umgangsrecht handelt es sich um eine selbständige Kindschaftssache i.S.v. § 151 Nr. 2 FamFG, für die ein Anwaltszwang - anders als gem. § 114 Abs. 1 FamFG für Ehe- und Folgesachen - nicht besteht.
(2.2) Zwar erfordert die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage für ein Umgangsvermittlungsverfahren, in dem es um die Frage der weiteren Ausgestaltung des bereits durch gerichtliche Entscheidung oder gerichtlich gebilligten Vergleich geregelten Umgangs zwischen einem minderjährigen Kind und dem nicht betreuenden Elternteil geht, in der Regel die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht. Insoweit schließt sich der Senat der in der obergerichtlichen Rechtsprechung wohl allgemein vertretenen Meinung (OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.3.2013 - 5 WF 52/13; OLG Hamm, Beschl. v. 28.12.2011 - 8 WF 299/11; OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.12.2010 - 11 WF 325/10; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.7.2010 - 2 WF 77/10; OLG Celle, Beschl. v. 15.2.2010 - 10 WF 59/10; jeweils zitiert nach juris) an. Der Zweck des Vermittlungsverfahrens besteht darin, Einvernehmen zwischen den Eltern über die Ausübung des Umgangs herbeizuführen, um eine das Kind ...